Freude bei den Clubs über Lockerungen - aber viele sperren am 1. Juli nicht auf
Alles hat irgendwann ein Ende. Das gilt auch für die hierzulande seit über einem Jahr dauernde Schließzeit für die Nachtgastronomie. Fast 500 Tage war nun bereits das Tanzen in geschlossenen Räumen verboten. Die Betonung liegt auf war, denn ab 1. Juli sollen unter Berücksichtigung der 3-G-Regel (geimpft, getestet, genesen) Club- und Bar-Besuche wieder möglich sein. Und das auch ganz ohne Maske.
In Clubs und Diskotheken gilt vorerst aber noch eine Kapazitätsbeschränkung (max. 75 Prozent Auslastung) und Registrierungspflicht, die ab 22. Juli dann fallen soll. Danach ist (fast) alles wieder so wie vor dem Ausbruch von Covid-19. Und dennoch werden manche Clubs und Discos mit 1. Juli noch nicht aufsperren.
Über die Lockerungen zeigt man sich bei der Vienna Club Commisson erleichtert. Man könne den Satz „Sie waren die Ersten die zusperren mussten, sie werden die Letzten sein die wieder aufsperren“ auch längst nicht mehr hören, sagt Martina Brunner von der Vienna Club Commission. „Stattdessen wollen wir nach vorne blicken und freuen uns darüber, dass sich die Diskokugel nun wieder langsam zu drehen beginnt. Es geht dabei aber nicht nur ums Feiern: Dass vor allem junge Menschen Räume brauchen, an denen Sie sich ausleben und austoben können, die geschützte Räume bieten und Katharsis. Das hat man zuletzt an vielen Plätzen in Wien gesehen“, sagt Brunner.
Dort wurde und wird bis in die frühen Morgenstunden getrunken, gefeiert und getanzt. Unter freiem Himmel und ohne Sicherheits- und Lärmkonzept.
Genau diese Präventionskonzepte für coronafreie Partys bieten die Clubs aber bereits seit Monaten an. Gehör fanden sie bei den Entscheidungsträgern aber nicht. „Ich habe von Anfang an gesagt, wir sind nicht das Problem, sondern wir sind die Lösung. Bei uns gibt's keine 14-Jährigen, die um 3 Uhr morgens mit einer Flasche Wodka im Club herumlaufen. Nicht so wie aktuell am Donaukanal“, sagt Stefan Ratzenberger.
Clubs sind aber nicht nur wichtige und sichere Orte für gemeinsam erlebte Nächte, sondern auch Räume außerhalb der Realität. Räume in denen man Experimente machen kann. Räume in denen Subkultur stattfindet, man sich fallen lassen kann. Unter der Discokugel ist auch jeder gleich. Clubs sind Orte, die unserer Gesellschaft einen Zufluchtsort aus dem Alltag bieten. „Besonders für marginalisierte Gruppen, für die LGBTQIA+ Community und junge Menschen schaffen Clubs einen psychosozialen Ausgleich“, wie Martina Brunner betont. Um ein risikofreies Hochfahren zu garantieren, hat sich die Bundesregierung in den vergangenen Tagen dazu entschlossen, die finanziellen Hilfen bis September zu verlängern. Soll heißen: Fixkostenzuschüsse für z. B. Mietkosten werden nicht mit 1. Juli eingestellt.
Trotz dieser positiven Stimmungslage werden viele Club-Betreiber aber nicht gleich mit 1. Juli aufsperren, weil „es wenig Sinn macht“, sagt Stefan Ratzenberger. Die Clubs und Diskotheken werden erst mit 22. Juli und nach dem Ende der Kapazitätsbeschränkung aufmachen.
Ratzenberger verweist dann auch auf den Ausfall der partyhungrigen Städtetouristen, die abends in die Clubs und Discos gehen. „Die fehlen natürlich heuer. Und im ländlichen Raum haben die Großraumdiscos traditionell im Juli und August geschlossen, weil es ja in jedem Dorf ein Feuerwehrfest und so weiter gibt.
"Es braucht Personal, Inventar, Programm"
Dass viele Clubs nicht gleich mit 1. Juli aufsperren werden, hat laut Stefan Niederwieser von der Vienna Club Commission auch noch andere Gründe, nämlich damit zu tun, dass ein so schnelles Hochfahren alleine organisatorisch schwierig sei. „Es braucht Personal, Inventar, Programm, selbst die Anmelde-Modalitäten der Veranstaltung müssen noch geklärt werden“, sagt er. Hinzu kommt noch, dass einige Clubs in den Sommermonaten zusperren, sofern sie keinen Außenbereich haben. Diese Monate sind mitunter schwache Monate. Aber die Stimmung in der Szene ist vorsichtig euphorisch. Man wolle das tun, was man richtig gut könne. Euphorie ist auch Handwerk.
"Wird viele Clubs nicht mehr geben"
Zwar wollen viele die Räume für ihre Communities öffnen, Programm machen, für Euphorie sorgen. Wesentlich sei dabei aber die Planungssicherheit über den Sommer hinaus, wie Stefan Stürzer vom Wiener Club Das Werk sagt. Die Pandemie ist nämlich noch nicht vorbei. Und der Großteil der Jugendlichen noch immer nicht geimpft. Deshalb ist auch wichtig, dass wir lückenlos die 3-G-Regelung einhalten. Die ganze Arbeit, das ganze Warten soll ja nicht wieder um sonst sein. Wenn wir im Herbst wegen ein paar schwarzen Schafen wieder zuzusperren müssen, wird es viele Clubs nicht mehr geben“, sagt Stürzer.
Hacker fordert Impfungen für Zutritt
Als „gewagt“ und zu früh bezeichnet Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker die von der Bundesregierung angekündigte Öffnung der Nachtgastronomie. Er verweist auf die noch sehr geringe Durchimpfungsrate der Unter-30-Jährigen, die ja den Hauptanteil der Besucher dieser Lokale ausmacht. Deswegen werde die Stadt Wien ab Anfang Juli einen Impfschwerpunkt für diese Altersgruppe sowie für Studenten starten. Gleichzeitig plädiert Hacker dafür, dass nur Geimpfte Zutritt zur Nachtgastronomie bekommen.
Kommentare