Diagonale: Die besten Geschichten schreibt das Leben

Diagonale: Die besten Geschichten schreibt das Leben
Dokus, die man gesehen haben muss: "Der Blick in den Abgrund" und "Eine Große Reise".

Es ist eine heikle Sache als Intendantin, Empfehlungen für das eigene Festival abzugeben. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht, das Publikumsinteresse betreffend, ein Hype wird losgetreten. Vor allem, wenn es sich um ein derart hochwertiges Programm wie das der Diagonale handelt, wo die Auswahl an empfehlenswerten Filmen immens ist. Gehypt wurde in diesem Fall "Soldate Jeanette". Die Warteschlange für Restkarten schier endlos.

Diagonale: Die besten Geschichten schreibt das Leben
Fürs beste Sounddesign in der Kategorie Spielfilm wurden Gerhard Daurer, Peter Kutin und Andreas Pils für "Soldate Jeannette" ausgezeichnet.
Ja, der Film wurde in Rotterdam mit dem Tiger Award ausgezeichnet und lief sogar am Sundance Festival, ist aber im Vergleich zu dem, was in Graz sonst so gerade gezeigt wird, langatmig, unästhetisch, von der Geschichte ganz zu schweigen. Kein Wunder, wenn Regisseur Daniel Hoesl die Biographien seiner Schauspieler zu einem Film verwebt und sie beim Publikumgsgespräch nicht einmal zu Wort kommen lässt.

"Der Blick in den Abgrund"

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Aber auch "Der Blick in den Abgrund" gibt Einblicke in eine unbekannte Berufssparte. Regisseurin Barbara Eder hat sechs internationale Profile bei ihrer Arbeit begleitet und zeigt Menschen, die tagtäglich dem Bösen mitten ins Gesicht blicken, auch ganz privat. Spannender als CSI - weil echt!
Wahre Geschichten hat auch Barbara Eder für ihren mehr als gelungenen Film "Der Blick in den Abgrund", eine Dokumentation über das Leben von sechs internationalen Profilern verwoben. Die Möglichkeit diese Menschen privat kennenzulernen, im Kreise ihrer Familien, war hier nur aufgrund eines intensiven Vertrauensverhältnisses möglich. Geschnitten wurde "Der Blick in den Abgrund" eher wie ein Spielfilm, als eine Doku. Man kann Eder zu ihrer Erzählweise nur gratulieren. Ob die furchtbaren Bilder von Mord und Totschlag nötig waren, um die Geschichte zu erzählen, fragt ein Zuschauer im anschließenden Publikumsgespräch. "Im Vergleich zu dem, was ich während der Dreharbeiten gesehen habe, ist das wirklich harmlos", antwortet Eder, die mit ihren Darstellern auch einige Tatorte besucht hat.

"Die Große Reise"

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Ohne Vertrauen wäre auch "Die Große Reise" von Helmut Manninger nie zustande gekommen. In einem Artikel liest er zum ersten Mal davon, dass das Annunziatakloster in Eichgraben aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden soll. Die Schwestern, viele von ihnen lebten schon seit Jahrzehnten dort, müssen umziehen. Zu Beginn war man im Kloster skeptisch, was den Film betrifft. Doch schnell war klar, dass Manninger und sein Team nicht nur ein publikumstaugliches Thema suchten, sondern einen "Liebesfilm über das Loslassen" drehen wollten.

Die wunderschönen Bilder, die Manninger hier in dem dreimonatigen Dreh einfangen konnte, sprechen für diese Vertrauensbasis. Die Schwestern, die Gott selbst als ihren "Bräutigam" bezeichnen, reagieren unterschiedlich auf den bevorstehendem Umzug. Wut und Traurigkeit über das vermeintliche Ende dieser jahrelangen Gemeischaft sind eine harte Prüfung. "Die Große Reise" ist ein Film über die hingebungsvolle Liebe zu Gott, das Loslassen und sich Zurücknehmen, aber auch über eine temporäre Widerständigkeit gegen die Obrigkeit.

Diagonale 2013

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