Endlich "Nägel mit Köpfen" machen
Am Schluss ist von der Wurst nichts mehr da. Scheibe für Scheibe wird runter geschnitten vom Herrn Doringer.“ Das sagt der Regisseur Marko Doringer in seinem neuen Film "Nägel mit Köpfen" (derzeit in den Kinos). Der 1974 in Salzburg geborene Regisseur macht sehr persönliche Filme, in die er sein eigenes Leben stark einbringt.
2009 erzielte er mit seinem ersten Film "Mein halbes Leben" (am 14.3., 22:35, in ORF III), der mit dem Großen Diagonale Preis für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, einen beachtlichen Kinoerfolg. Die unterhaltsame Doku, in der er seine eigene Krise nach dem Überschreiten des 30. Lebensjahres sezierte, lockte mehr als 26.000 Österreicher in die Kinos. Nun ist eine Art Fortsetzung entstanden.
Am Ende von "Mein halbes Leben" lernte er Marlene kennen. In "Nägel mit Köpfen" haben Marko und Marlene erste Beziehungsaufgaben zu bewältigen: Zusammenziehen in Berlin, Diskussionen, Alltagsprobleme. Und wie geht das Leben weiter?
Neo-Biedermeier?
Aber es sind nicht nur gesellschaftspolitische Probleme, die in "Nägel mit Köpfen" thematisiert werden. Die Diskussionen mit Marlene entzünden sich vor allem am Erstellen des Putzplans. "Statistisch gesehen ist das Thema Putzen der häufigste Trennungsgrund," meint Doringer. "Es klingt sehr oberflächlich, aber genau solche Alltagsthemen prägen eine Beziehung sehr stark".
Eine mobile Generation
Ausgehend davon, ortet Doringer "in unserer Generation wieder eine größere Sehnsucht nach einer gewissen Beständigkeit in der Partnerbeziehung, als noch vor zehn oder zwanzig Jahren, sei es mit oder ohne Kinder. Es ist wieder eine andere Frage, ob uns das gelingt".
Krise der Mittdreißiger
Die Probleme und Träume der "Thirtysomethings" wurden gerade in den letzten Jahren sowohl in Filmen als auch in Büchern intensiv behandelt. Woran das liegen könnte? Doringer: "Wir sind eine Generation, die sehr viele Möglichkeiten hat, das Leben so zu gestalten, wie wir es wollen, im Vergleich zu unseren Eltern, die vielleicht nur einen fix vorgegebenen Weg gehabt haben, und diesen dann runterlatschen mussten. Egal, ob der ihnen Spaß gemacht hat oder nicht. Wir haben zehn mögliche Wege. Das ist natürlich einerseits toll, ist aber auch mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Wir müssen uns für irgendwas entscheiden. Und wenn wir uns entscheiden, heißt das, dass wir auf neun andere Optionen verzichten müssen".
Tauschen mit früheren Generationen will der Regisseur aber nicht. "Ich finde es ja super, wie mein Leben ist. Aber trotzdem ist man irgendwie unzufrieden. Es ist ja nicht das eine oder das andere, sondern immer beides".
Dokumentarfilm im Aufwind
Doringer kann sich auch vorstellen, noch einen dritten Film an die bisherigen anzuschließen. "Wenn ich ein Thema finde, das mich interessiert, und das von Bedeutung für meine Generation sein kann, warum nicht?" Auch wenn er das dokumentarische Material seiner Filme durchaus spielfilmartig in Szene setzt - in einer Szene bleiben er und seine Freundin Marlene mit dem Auto im Schlamm stecken -, so möchte Doringer dennoch vorerst beim Dokumentarfilm bleiben.
Dort befindet er sich auch in guter Gesellschaft, denn immer mehr Dokus schaffen es in die Kinos. Worin Doringer diesen Erfolg begründet sieht? "Vielleicht weil der Dokumentarfilm auch persönlicher geworden ist. Dass man sich heute auch mit kleineren Themen beschäftigen kann, die aber für die Personen, die es betrifft, einen sehr großen Wert haben. Das liegt auch daran, dass die technischen Möglichkeiten andere sind als noch vor 10-15 Jahren. Du brauchst heute kein großes Team mehr, kannst viel persönlicher arbeiten, weil die Technik einfach kleiner geworden ist".
Österreichs Filmlandschaft
INFO: "Nägel mit Köpfen" (Ö/D 2013), Regie: Marko Doringer; derzeit in den Kinos; Österreich-Premiere war am 27. Februar im Rahmen eines Diagonale Kick-Off in Graz
Doringers Vorläuferfilm "Mein halbes Leben" (Ö 2008) wird am 14. März, 22:35, in ORF III als "Diagonale Spezial" gezeigt.
Kommentare