Zuletzt haben sich die Theaterdirektoren darüber beklagt, dass sich ein avisierter Eröffnungstermin zerschlagen hat. Nun wird die Lage noch verwirrender: Wann die Bühnen – und die Kinos – wieder aufsperren werden, ist derzeit völlig unklar.
Am Dienstag ab 16 Uhr gab es eine Videokonferenz der Kulturpolitiker mit knapp zwei Dutzend hochrangigen Kulturchefs. Mit dabei war neben Staatssekretärin Andrea Mayer (parteifrei) auch der eigentliche Kulturminister Werner Kogler (Grüne).
Das Ergebnis laut einem KURIER-Rundruf, bei dem niemand offiziell antworten wollte (weil alle Vertraulichkeit zugesichert haben): Es gibt kein Ergebnis. Und daher auch keine Perspektive. Die Infektionszahlen sind noch immer, trotz Lockdown, sehr hoch; zudem müsse man abwarten, wie sich das Geschehen durch die zunächst in England entdeckte Virusmutation entwickelt. Erst wenn das klar ist, können neue Pläne erstellt werden. Bloß die Museen und Bibliotheken dürfen hoffen; man nimmt an, dass sie zeitgleich mit dem Handel wieder öffnen dürfen – wann auch immer.
„Wer mit einem Aufsperren am 24. Jänner rechnet, geht an der Realität vorbei. Auch, wer jetzt überhaupt an einem Spielplan arbeitet, macht etwas falsch. Jetzt können wir leider nur abwarten“, sagte der Direktor des Theaters in der Josefstadt, Herbert Föttinger, zur APA.
Auch für die Kinos gab es wohl eine bittere Nachricht: Diese setzten Hoffnungen in den April-Start des James-Bond-Filmes „Keine Zeit zu sterben“. Mit ihm sollten sich die großen Kinos wieder füllen und die kleinen – dank des im Windschatten von Bond anlaufenden Vertriebs – wieder andere Filme zeigen können. Doch nun scheint daraus nichts zu werden: Der gut informierte US-Branchendienst Deadline berichtet, dass sich der Start von 007 (und weiterer Filme) in den Herbst verschieben dürfte; eine Bestätigung stand vorerst aus. Die Folgen für die Kinos auch in Österreich wären existenzielle. Wie es ohne Bond weiter geht, wollte die Cineplexx-Kette auf KURIER-Anfrage nicht beantworten.
Dass sich Kogler in die Gesprächsrunde mit den Theater-Direktoren involvierte, wurde wohlwollend bemerkt – zeigt aber wohl auch, dass die Lage für die Bühnen zunehmend komplexer wird. Unter der Hand wird von einer Wiedereröffnung Ende Februar oder im März ausgegangen – und auch dann nur mit Freitesten und weiteren Maßnahmen. Für diese müssen jetzt Vorgaben und Infrastrukturen geschaffen werden.
Strukturwandel
Die Situation ist für die Staatsbühnen problematisch, aber mehr nicht. Denn der Bund ist gesetzlich für die Erhaltung von Burgtheater, Staats- und Volksoper zuständig. Viele kleine Bühnen jedoch geraten trotz Stützungsmaßnahmen in eine existenzgefährdende Situation. Noch schlimmer wirkt sich der anhaltende Lockdown auf die freie Szene aus: Die Schauspieler, Musiker, Kabarettisten und die Menschen hinter den Kulissen bleiben weitere Wochen ohne die Möglichkeit auf Einnahmen. Längst muss davon ausgegangen werden, dass einige Kinos und Bühnen die Unwägbarkeiten durch die Mutation nicht überstehen werden. Von neoliberalen Zynikern wird mitunter das Wort „Flurbereinigung“ verwendet; tatsächlich könnte es vor Ausbruch der Pandemie da und dort zu einer Überproduktion gekommen sein.
Eine Folge der Pandemie dürfte damit ein nachhaltiger Strukturwandel sein. Netflix hat angekündigt, 2021 gleich 70 Filme mit zahlreichen großen Namen von Kirsten Dunst über Jennifer Lawrence bis Jay-Z zu veröffentlichen. Der Streamingdienst erweist sich so zunehmend nicht nur als Konkurrent für die Kinos, sondern auch als Retter vieler Schauspieler-Jobs. Derartige Retter fehlen anderswo: In der Opernbranche wird bereits diskutiert, ob außerhalb Österreichs überhaupt wieder zu einem Betrieb wie vor Corona zurückgefunden werden kann.
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