John Irving: "Die USA entwickeln sich zurück"

John Irving: "Die USA entwickeln sich zurück"
Er schreibt seit 50 Jahren Bestseller über Ringer, abwesende Väter und sexuelle Emanzipation. Dass er die Welt verändern kann, glaubt John Irving nicht.

Das Gespräch beginnt wie immer auf Deutsch. John Irving, ein Profi im Umgang mit Medien, erinnert sich noch an ein paar Brocken, die er aus seiner Zeit in Wien kennt. Für das Interview selbst wechselt er zu Englisch, wirft aber immer wieder ein deutsches Wort ein. Es wird via Zoom geführt, Irving sitzt in seinem Arbeitszimmer in Toronto, im Hintergrund ist sein Hometrainer zu sehen. Sport gehört für den ehemaligen Ringer zur täglichen Routine. Vor einigen Jahren hat Irving dem KURIER sogar ein Interview im Fitnesscenter gegeben.

Zuletzt traf der KURIER ihn 2016 in München, mittlerweile reist der Bestsellerautor, der am 2. März 81 Jahre alt wurde, nicht mehr besonders gern. Er vermisst seine europäischen Verleger, aber er bleibt gerne in Toronto, denn so hat er mehr Zeit zum Schreiben. Der nächste Roman, sagt er, ist deshalb schon weit fortgeschritten.

KURIER: Herr Irving, gestatten Sie eingangs eine etwas triviale Feststellung: Ihr neues Buch hat auf Deutsch beachtliche 1.088 Seiten. Einer Ihrer bisher längsten Romane, die ja meistens recht opulent sind. Haben Sie diese Dimension gebraucht, um die Geschichten aller Protagonisten von Anfang bis zum Ende zu erzählen?

John Irving: Ja. Mein Hauptdarsteller Adam hat eben viele Menschen um sich herum, die er liebt. Seine Mutter, ihre Lebensgefährtin, ihren Mann, der dann später zur Frau wird, seine Cousine Nora und ihre Lebensgefährtin, die Großmutter: All diesen Leben bin ich über eine Zeitspanne von 80 Jahren gefolgt. Ich wusste immer, dass dies ein sehr langer Roman sein würde. Zugleich aber auch ein einfacher, denn es steht nichts drinnen, über das ich nicht Bescheid wüsste, nichts, das ich nicht selbst erlebt habe. Ich musste also nichts recherchieren, wie etwa für „Gottes Werk und Teufels Beitrag“, ein Buch, für das ich zwei Jahre allein mit medizinischen Recherchen verbracht habe.

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