B-Boy Sigma im Interview: "Ich liebe es, meine Ängste zu überwinden"

B-Boy Sigma im Interview: "Ich liebe es, meine Ängste zu überwinden"
Im Vorjahr überraschte der Wiener B-Boy Sigma das Publikum und die Konkurrenz. Heuer will er beim wichtigsten Breaking-Event Österreichs nachlegen. Ein Gespräch über Vorbilder, das Training und seine Stärken.

Ben aus Wien ist seit Jahren als B-Boy Sigma unterwegs  – er ist einer der Tänzer der neuen Generation, die sich gerade richtig schnell weiterentwickeln und Olympia auch als große Triebfeder sehen. Er war im Vorjahr schon beim Red Bull Cypher in Wien dabei. Damals war er 16 Jahre - und schaffte es bis ins Halbfinale. 

Bei der diesjährigen Ausscheidung, die am 27. April in Wien über die Bühne gehen wird, der KURIER hat berichtet, will er einen Schritt nach vorne machen - und gewinnen, wie er dem KURIER im Interview* sagt. 

KURIER: Du warst 2023 der jüngste Breaker, der in der Geschichte des Red Bull BC One Cypher Austria ins Halbfinale einzogen ist. Das Ziel für heuer kann also nur heißen: Finale, oder?

B-Boy Sigma : Also ich bin generell jemand der sich immer sehr hohe Ziele setzt und träumt, aber auch wirklich alles dafür gibt diese zu erreichen. Deshalb ist mein Ziel nicht nur das Finale, sondern zu Gewinnen und vor allem die beste Version von mir zu sein und über meine Grenzen hinauszugehen. Dabei ist mein Ziel aber nicht nur, dass ich meine eigenen Ziele erreiche, sondern, dass meine ganze Crew „The Unpredictables (T.U.C.)“ ihre Ziele erreicht und wir uns gemeinsam beim diesjährigen Red Bull BC One Cypher Austria repräsentieren können. Dieses Jahr wird es generell schwieriger als letztes Jahr, weil die Konkurrenz stärker sein wird. Noch dazu habe ich auch seit 5 Monaten eine Handgelenksverletzung und konnte dieses daher nicht belasten und musste deshalb neue Bewegungen und Wege finden, was natürlich alles erschwert. Aber da ich Schwierigkeiten und Hindernisse liebe wird dies auch kein Problem sein. Außerdem gebe ich alles, damit ich bis Red Bull BC One mein Handgelenk schon wieder belasten kann.

Du gehörst der gerne zitierten „neue Generation der heimischen Breaking-Szene“ an. Was genau unterscheidet diese Generation von der alten, was macht die neue Generation anders, was macht sie aus?

Ich würde sagen, dass ich sehr dankbar für die ältere Generation bin, da sie den Weg neu aus dem Nichts erschaffen mussten und uns, der neuen Generation, einen Weg und viele Möglichkeiten geschaffen haben, welche die ältere Generation nicht hatte. Ich glaube die neue Generation hat daher viel mehr Möglichkeiten, Trainer und auch Inspirationen und Vorbilder. Ein weiterer Punkt ist, dass viele der neuen Generation durch Olympia im Training einen größeren Fokus auf die sportlichen und gesundheitlichen Aspekte legen, als in den früheren Generationen. 

B-Boy Sigma im Interview: "Ich liebe es, meine Ängste zu überwinden"

Wie bist du überhaupt zum Breaking gekommen?

Ich bin vor sieben Jahren durch Capoeira zum Breaking gekommen. Ich war auf der Suche nach einer zweiten Sportart neben Capoeira. Mit meinem Cousin habe ich damals dann ein YouTube-Video von einem Kids Breaking Battle gesehen und war sofort fasziniert. Ich begann zu Hause YouTube-Videos anzuschauen und habe mich dann bei dem Tanzstudio Mamborama, wo ich auch meinen jetzigen Trainer Fabio Rosas Rondinelli und meine zukünftigen Crewmates Bboy Koda und B-Girl Casc8 kennengelernt habe. In den ersten Jahren habe ich nur nebenbei gebreakt aber während des zweiten Lockdowns habe ich angefangen ernsthaft, jeden Tag mehrere Stunden zu Hause zu trainieren und habe mich in Breaking verliebt. Später bin ich dann Teil von unserer Crew T.U.C. geworden und habe es dann noch einmal ernster genommen und mit das Ziel, einer der Besten auf der Welt zu werden, gesetzt. Meine Crew ist mittlerweile wie eine zweite Familie für mich geworden und Breaking ist einer der wichtigsten Teile meines Lebens und ich habe unglaublich viel durch das Breaking für mein ganzes Leben gelernt.

Hast du Vorbilder?

Ja also natürlich habe ich Vorbilder, viele davon sind B-Boys und B-Girls, da gibt es so unglaublich viele die mich auf unterschiedliche Weisen Inspiriert haben, das das den Rahmen von diesem Interview sprengen würde wenn ich anfange sie aufzulisten. Aber natürlich hat mich mein Trainer Fabio Rosas Rondinelli inspiriert und er, sowie B-Boy Koda waren vor allem am Anfang meiner Breaking Karriere große Vorbilder für mich und sind es auch jetzt noch immer. Generell bin ich der Meinung das jeder Mensch in gewissen Aspekten ein Vorbild für sich selbst sein kann. Außerhalb von Breaking wurde ich vor allem von einem Charakter namens Zoro in dem Anime One Piece, mit dem wir uns als Crew vergleichen, inspiriert. Vor allem seine Disziplin und Einstellung resoniert in vielen Hinsichten mit meinen und seine Art und Weise durch Schmerzen durchzukämpfen ist wirklich vorbildlich für mich. 

Wie sieht die Unterstützung in Österreich aus? Wo wäre noch mehr Unterstützung erforderlich?

Generell fördert der UDVÖ viele österreichische Breaker, doch kann nur die Mittel die ihm vom Staat zur Verfügung gestellt werden verwenden und diese sind leider nicht besonders viel. Es gibt zwar schon ein paar Sponsoren die Breaker gut unterstützen, aber im Großen und Ganzen gibt es noch viel zu wenig Unterstützung. Im Vergleich zu anderen Sportarten, wo Sportler die vielleicht nur 4 Mal in der Woche trainieren schon gut verdienen können, ist es für Breaker, wie mich zum Beispiel, die sechs Mal in der Woche hart trainieren, sehr schwer alleine durch den Sport Geld zu verdienen und Sponsoren zu finden. Ich glaube das viel mehr Sponsoren diese Arbeit und auch die Reichweite die man mit Breaking haben kann, schätzen und ausnützen könnten. Weil Breaking schaut für jeden cool aus und kann gut zum Vermarkten benützt werden und andererseits können Breaker nur ihr Potential ausschöpfen, wenn sie so viel Zeit wie möglich hineinstecken können und dafür wäre Unterstützung dringend notwendig. 

Heuer finden in Paris die Olympischen Spiele statt. Breakdance ist dann zum ersten Mal Teil der Spiele. Wie stehen die Chancen, sich dafür zu qualifizieren?

Ganz so einfach ist es leider nicht. Dieses Mal können nur 16 B-Boys und 16 B-Girls von der ganzen Welt bei Olympia teilnehmen und die Qualifikation ist sogar für die besten Breaker der Welt sehr hart. Das ist wieder ein ganz anderes Level, wo ich zwar eines Tages hinkommen möchte aber jetzt, mit 17 Jahren noch weit davon entfernt bin.

Du bist amtierender österreichische Staatsmeister, der Titel wurde 2023 in Linz vergeben. Was erwartest du dir für die Zukunft, welche Titel strebst du an?

Ich habe sehr große Ziele und davon ist das Wichtigste mich selbst zu repräsentieren und mich immer weiter zu steigern und zu wachsen. Mein Ziel ist es eines Tages, sowohl bei den Red Bull BC One World Finals als auch bei den Olympischen Spielen anzutreten und dort erfolgreich zu sein. Ich will generell, einer der besten Tänzer der Welt werden und vor allem, dass meine Crew T.U.C. eine der besten Crews weltweit wird und auch internationale Crew- und 2vs2 Battles gewinnt.

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Wo trainierst du? Und wie oft in der Woche?

Ich trainiere Breaking eigentlich jeden Tag bis auf Sonntag. Zusätzlich mache ich jeden Tag eine Mischung aus Yoga und Dehnen und ich fahre 5 Tage in der Woche Rad um meine Grundlagenausdauer auszubauen. Dazu gehe ich zwei bis drei Mal in der Woche noch ins Fitnessstudio um spezifisches Krafttraining zu machen.

Was zeichnet deinen Tanz-Stil aus?

Mein Tanzstil zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit und stetige Weiterentwicklung aus. Ich habe noch keinen fest definierten Stil, da ich mich ständig weiterentwickle und noch nicht lange genug tanze. Meine Runden beinhalten viele verschiedene Bewegungen, darunter auch viele technisch schwierige „Powermoves“, jedoch liegt mein Fokus darauf, ein breites Repertoire zu haben und „all-rounded“ zu sein. Ich integriere oft auch von überall Elemente und Geschichten in meine Bewegungen und verwende natürlich auch Elemente aus Capoeira.

Wo liegen deine Stärken, deine Schwächen?

Meine Stärken liegen darin, dass ich über eine gute Körperkontrolle verfüge und mein kleiner Körperbau mir dabei hilft, akrobatische Bewegungen auszuführen. Ich habe schon seit meiner Kindheit damit begonnen und konnte meine Fähigkeiten stetig verbessern. Meine größte Stärke ist aber, dass ich sehr diszipliniert sein kann und eine innere Motivation habe Sachen durchzuziehen und mich durchzukämpfen. Ich liebe es auch meine Ängste zu überwinden und mich dauerhaft aus meiner Komfortzone zu pushen, was mir auch bei Tanzen sehr viel geholfen hat. Eine Schwäche von mir ist, dass ich nicht von Natur aus ein Künstler oder talentiert im tänzerischen und künstlerischen Sinn bin, aber ich habe es eben durch harte Arbeit und Disziplin geschafft auch das zu erlernen und bin gerade dabei weiter auch in diesen Aspekten zu wachsen. Dabei hat mir auch natürlich meine Crew sehr viel geholfen.

Red Bull BC One Cypher Wien: Am 27. April ist es wieder so weit: Die besten B-Girls und B-Boys Österreichs werden diesmal in der Wiener Ballonhalle um den Sieg beim wichtigsten Breaking-Event Österreichs breaken. Die Gewinnerin und der Gewinner fliegen dann im Herbst nach Brasielien, um beim Red Bull BC One World Final in Rio de Janeiro für Österreich an den Start zu gehen. Es geht also um weit mehr als nur Ruhm und Ehre in der heimischen Breaking-Szene.

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