Willkommen bei den Wiener Festwochen, die in Kooperation mit der Kunsthalle Wien eine Gruppenschau präsentieren, die in exakt diese Kerbe schlägt: „And If I devoted my life to one of its feathers“ – zum Titel später mehr – versammelt mehr als 30 Künstler, Künstlerinnen und Kollektive, viele aus dem globalen Süden, um – ja, was? – Anliegen vorzutragen.
„Ich brauche eine europäische Kulturinstitution, der ich die universelle Geschichte der Philosophie, der Kunst, der Menschheit zurückgeben kann“, heißt es gleich im Stiegenaufgang bei María Galindo und Danitza Luna. „Denn diese (Geschichten) sind nicht universell, sondern speziell, menschenzentriert, eurozentrisch und kolonial.“ Im Bild dazu wird cartoonhaft ein Buch an einen weißen Kahlkopf genagelt.
Ist die Idee soweit klar? Es ist Protestkunst, und da ist die Schau dort am besten, wo sie so richtig wütend und angefressen ist. Das Problem ist, dass sie in alle Richtungen zerfranst. Im Kern, so schreibt der aus Mexiko stammende Kurator Miguel A. Lopéz, soll es nämlich um eine „Vorstellung wechselseitiger Verbundenheit“ gehen, die auch im titelgebenden Gedicht der chilenischen Künstlerin Cecila Vicuña Thema ist: Die Autorin versenkt sich darin meditativ so intensiv in eine Vogelfeder, bis sie mit dem filigranen Objekt gewissermaßen eins ist.
Für Kunsthalle hat Vicuña auch die hängenden Stoffbahnen beigesteuert, die das Zentrum des Saals dominieren und sich auf ein Aufzeichnungssystem der Inka sowie die Waldbrände im Amazonas berufen sollen.
Der Weg von der Vogelfeder hierher ist weit. Aber das ist er auch zum Video von Bartolina Xixa mit der tanzenden Drag-Queen, dem es tatsächlich gelingt, in der Tonspur sowohl die Reizworte „Patriarchat“ wie auch „Glyphosat“ unterzubringen, oder zu den Gemälden von Amoako Boafo: Die Bilder selbstbewusster Schwarzer, die der einstige Student der Wiener Akademie malt, sind längst vom Kunstmarkt als Spekulationsobjekte vereinnahmt.
Im Affirmationssprech der Ausstellungstexte ist natürlich nur von „nichtstereotyper Männlichkeit“ und dergleichen die Rede und nicht davon, dass der postkoloniale Diskurs genauso seine Gewinner, Verlierer und Nutznießer kennt. Der weiße Kritiker, der sowieso schon verloren hat, macht also Stricherllisten bei jedem sattsam bekannten Anklagebegriff – und verlässt den Wald der Protestschilder mit Erinnerungen an ein paar einprägsame Kunstwerke. Bis 26. 9.
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