Warum in Pisa nicht der Schiefe Turm die größte Attraktion ist

Wenn Caroline Kaltenreiner auf dem Platz der Wunder in Pisa steht, kommt sie ins Staunen, der Schiefe Turm ist aber nicht der Grund.
Caroline Kaltenreiner

Caroline Kaltenreiner

Pisa ist zum Schießen. Auch zum Fotoschießen. Die meisten zielen ganz klassisch auf den Turm in Schräglage. Das ist aber schon fast langweilig, denn die anderen fotografieren ihre Liebsten dabei, wie sie im Spiel mit Perspektive und dem entsprechenden Abstand den 56 Meter hohen Glockenturm aus weißem Marmor geraderücken, stützen, stürzen oder umarmen. Das originelle Urlaubsfoto eben. Ist man als unbeteiligter Betrachter dieser Szene aber nicht auf Ideallinie, schaut das alles nur zum Schreien aus.

Köstlich, wie die Touristen reihenweise in verrenkten Posen auf der Piazza dei Miracoli, also Platz der Wunder, stehen und sich „einweisen“ lassen. Ich wunder mich auch. Und wenn ich mir das so anschaue, muss ich sagen: Danke, auf dieses Foto verzichte ich.

Apropos Verzicht: Viele Touristen kommen ja mit dem Reisebus nach Pisa und pilgern dann vom Parkplatz gen historischen Stadtkern zum autofreien Platz der Wunder und wieder retour. Verzichten darauf, weiter zu gehen. Sie glauben mit dem Schiefen Turm und im besten Fall noch dem Baptisterium, die größte Taufkirche der Welt, und dem kreuzförmigen Dom Santa Maria Assunta alles gesehen zu haben. Ein großer Fehler für sie. Aber ein Glück für mich. In der anschließenden Fußgängerzone der Via Santa Maria ist schon deutlich weniger los als am unpackbar überfüllten Domplatz. Kleine Läden, Cafés und Eissalons mit himmlisch cremigem Gelato. Und spaziert man dann noch weiter, durch die verwinkelten kleinen Gassen um die Hochschulen, trifft man überhaupt nur wenige Touristen. Lohnt sich.

Auf dem Rückweg fotografier’ ich all die Touristen in verrenkten Posen, das ist dann meine liebste Urlaubserinnerung.

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