Christina Fiebers Flaschenpost: Geiz ist gar nicht geil

Im Land der passionierten Schnäppchenjäger ist man oft nicht bereit, für Qualität beim Wein zu zahlen.
Christina  Fieber

Christina Fieber

Fällt die renommierte britische Weinkritikerin Jancis Robinson in ihrer wöchentlichen Kolumne in der Financial Times ein Urteil, horcht die Weinwelt auf. Als sie kürzlich über die Klasse einiger österreichischer Rotweine berichtete und befand, diese seien zu preisgünstig, ging ein Raunen durch die heimische Weinbranche: Winzer und Händler fühlten sich endlich verstanden – Konsumenten hingegen fiel wohl die Kinnlade runter: Für hochwertige Lebensmittel oder Wein Geld auszugeben ist für das Gros der Österreicher unvorstellbar.

Im Land der passionierten Schnäppchenjäger ist man oft nicht bereit für Qualität zu zahlen. Dafür nimmt man in Kauf, mit minderwertigen Waren aus Massenproduktion abgespeist und eingetrankelt zu werden. Und das ist oft keine Frage des Einkommens – es ist die grassierende Geiz-ist-geil-Gesinnung. Für überdimensionierte Autos legt man gerne ab – bei Wein hört sich die Spendierlust auf. Da greifen viele lieber ins Supermarktregal oder fahren hunderte Kilometer durchs Land, um einen „echten Winzer-Geheimtipp“ in Unterhinterkleintupfing zu entdecken – der die Bouteille noch zum Preis eines Fruchtriegels abgibt. So schmeckt sie dann vermutlich auch. Freilich gibt es auch Weinsnobs, die im perfekt temperierten Keller überteuerte Gewächse aus aller Welt hegen und pflegen, für hiesige Rotweine aber keinen Cent ausgeben.

 Am Reifepotenzial kann es nicht liegen – Blaufränkisch und Co haben längst bewiesen, dass sie mit den Jahren noch zulegen. Und zwar nicht die grell aufgeputzten, sondern die unverschandelten. 

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.
flaschenpost@kurier.at

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