Darf mein Ex-Mann den Kindesunterhalt einfach reduzieren?
Mein Ex-Mann zahlt den Kindesunterhalt für unsere 13-jährige Tochter immer nur sehr schleppend. Im Frühjahr war er offenbar in Kurzarbeit, im Herbst wurde er dann gekündigt. Ich verstehe, dass mein Ex-Mann nun selbst deutlich weniger Geld hat und daher auch weniger Unterhalt zahlen kann. Seit Oktober überweist er mir aber nur noch € 60,-- für unsere Tochter, statt der gerichtlich festgelegten € 340,--. Von € 60,-- kann unsere Tochter nicht leben. Darf mein Ex-Mann den Kindesunterhalt einfach auf € 60,-- reduzieren?
Veronika L., Linz
Liebe Frau L., leider sind aufgrund der Covid-19-Pandemie immer noch sehr viele Menschen in Kurzarbeit. Viele Personen wurden auch gekündigt und sind nun arbeitslos. Das bereitet vor allem auch einer Vielzahl an AlleinerzieherInnen, die auf den Kindesunterhalt für ihre Kinder natürlich angewiesen sind, große Probleme.
Als Unterhaltsbemessungsgrundlage dient in der Regel das tatsächliche Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen. Ändert sich das Nettoeinkommen um etwa 8 – 10 %, so kann es zu einer Erhöhung oder Herabsetzung der Unterhaltspflicht kommen.
Einkommen im Unterhaltsrecht ist aber natürlich nicht nur das Arbeitseinkommen. So können auch Vermögenserträge, also etwa Zinsen oder Dividenden, ein Einkommen darstellen. In die Bemessungsgrundlage für den Kindesunterhalt fallen aber auch Arbeitslosengeld, Mindestsicherung, Sozialhilfe und Notstandhilfe samt Familienzuschlägen.
Ebenso stellen eine Erwerbsunfähigkeitspension samt Zurechnungszuschlag und Krankengeld ein Einkommen dar, welches als Bemessungsgrundlage für den Kindesunterhalt herangezogen werden kann. Nur weil der Vater Ihrer Tochter daher derzeit arbeitslos ist, berechtigt ihn das nicht, den Kindesunterhalt eigenmächtig auf € 60,-- zu reduzieren. Vielmehr ist er grundsätzlich verpflichtet, weiter jenen Unterhalt zu bezahlen, der vom Gericht für Ihre Tochter festgesetzt wurde.
Falls sich sein Einkommen allerdings dauerhaft deutlich reduziert, kann er bei Gericht einen Herabsetzungsantrag stellen. Das Gericht hat dann zunächst das tatsächliche neue Einkommen des Unterhaltspflichtigen festzustellen. Hat sich das Einkommen deutlich verringert, prüft das Gericht darüber hinaus auch, ob der Vater alles in seiner Macht stehende unternommen hat, um möglichst bald wieder ein Einkommen wie zuvor zu erzielen.
Ein Unterhaltsberechtigter ist nämlich aufgrund des Anspannungsgrundsatzes dazu verpflichtet, alle seine Kräfte anzuspannen, um ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Ein arbeitsloser Unterhaltsschuldner hat sich daher ernsthaft und intensiv zu bemühen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Dazu reicht es nicht, dass sich der Unterhaltspflichtige beim Arbeitsmarktservice arbeitslos meldet, sondern er muss auch Eigeninitiativen setzen. Er ist auch verpflichtet, zumutbare Arbeitsstellen anzunehmen.
Für die Anspannung nach Verlust des Arbeitsplatzes ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige selbst gekündigt hat, oder gekündigt wurde. Ausschlaggebend ist nur, ob der Arbeitslose danach alle zumutbaren und sinnvollen Anstrengungen unternommen hat, einen neuen Arbeitsplatz zu erlangen. Eine eigenmächtige Reduktion des gerichtlich festgesetzten Kindesunterhalts ist daher nicht zulässig.
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