Geheimsprache gepaart mit Universalsprachen
Eine „Geheimsprache“ verband sie mit einer der wohl internationalsten Sprachen überhaupt, der Musik. Das Konzert „ich habe in einer Geheimsprache gesungen“ auf dem Ottakringer Nietzscheplatz beim Sandleitenhof gegenüber dem Kongreßpark von Sakina Teyna und Mahan Mirarab ließ das Publikum über weite Strecken den Schmerz des kurdischen Volkes nicht nur hören, sondern spüren – durch die Musik und vor allem den Gesang des Duos. Leid von Verfolgung, Unterdrückung, die so weit geht, dass die eigene Sprache – eigentlich Sprachen, weil es mehrere kurdische gibt – jahrzehntelang gar nicht verwendet werden durfte. Darum auch der Titel von „Geheimsprache“.
Davon erzählte die Sängerin zwischen den Liedern immer wieder ein bisschen – auch von frühen Vorkämpferinnen, etwa Meryem Xan, die wunderbar sang, als Frauen vor mehr als 100 Jahren in der Türkei das noch komplett verboten war. Im irakischen Bagdad war sie dafür die erste Frau, deren Gesang in einem Tonstudio aufgenommen wurde.
Teyna, als Sakina unter Kurd_innen in der Türkei ein Star, wie Tina Leisch vom Kurator_innen-Board berichtete, hatte schon früh begonnen zu singen, musizieren und Lieder zu schreiben. „Unsere“ Sprache, so bedeuteten ihr die Eltern früh, dürfe öffentlich nicht gesungen, ja nicht einmal gesprochen werden. 2006 nach Österreich geflüchtet, scharte sie rund um sich verschiedene musikalische Formationen: Trio Mara, Anadolu Quartett, „Sakina & Friends“ mit Musiker_innen aus dem Iran, Spanien, der Türkei und Österreich und seit rund fünf Jahren auch noch das Duo mit Mahan Mirarab, einem Musiker aus dem Iran.
Der musikalische Bogen begann bei einem Wiegenlied einer flüchtenden Mutter in der kurdischen Sprache Sorani. Es folgte eine gesungene Anklage von Zwangsheirat, eine Erinnerung an Sakine Cansız – bekannt unter ihrem Kampfnamen Sara. Sie war gemeinsam mit zwei weiteren kurdischen Kämpferinnen, Leyla Söylemez und Fidan Dogan, am 9. Jänner 2013 im Pariser kurdischen Informationszentrum vom türkischen Geheimdienst ermordet worden. Weil „Sara“ aber immer so voller Hoffnung war und diese auch vermittelte, durchzog diese Stimmung auch das entsprechende Lied. Ein anderer Beitrag war ein Lied von Ayse Şan, den diese als Schrei gegen mehrfache Unterdrückung geschrieben hatte – die kulturelle und die als Frau unter patriarchale Strukturen.
Trotz der über dem Platz hängenden Corona-Bestimmungen gelang es dem begeisterten Publikum (darunter die Kulturstadträtin) – Sängerin und Musiker zu einem abschließenden fröhlichen, mitreißenden – alle versprachen nur im Sitzen zu tanzen und ja nicht zu singen – Tanzlied als Zugabe zu bewegen. Übrigens war nicht nur Publikum im abgesperrten Bereich dabei, sondern wie oft in diesen kleineren Kultursommer-Locations in den Außenbezirken auch viele „Zaungäste“ am Rande. Bei dieser Zugabe filmte einer von drei jungen Buben hinter dem Zaun mit während er und seine beiden Kumpels im Stehen im Rhythmus der Melodie mitschwangen und verklärt lächelten.
Ich habe in einer Geheimsprache gesungen – Sakina Teyna & Mahan Mirarab
Eine musikalische Entdeckungsreise durch eine verbotene Kultur.
Idee und Konzept: Karl Baratta und Lucia Czernin
Im Herbst – so ist geplant – wird aus diesem ca ¾-stündigen Konzert mit Geschichtsstunde ein abendfüllendes Programm im Theater Hamakom/Nestroyhof.
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