Newroz: Mehr als Neujahr feiern

Die Jugend-Gesangs- und Tanzgruppe "Kama Sara" eröffnete dias Fest mit einem Newroz-Lied
Kurdische Neujahrsfeiern – immer auch als Akt des Widerstands; Fest im Wiener Rathauskeller. Fotogalerie und ein Video. Plus: Bericht und Fotos von der "Na/Hayır/Nê/Nein/No/votsh"-Kundgebung.

Update 23. März 2017, 01.43 Uhr: Video hinzugefügt Update 25. März 18.45 Uhr: Beitrag über Kundgebung gegen diktatorischen Verfassungsentwurf samt Fotos hinzugefügt.

Der Jugend-Chor „Kama Sara“ - benannt nach der kurdischen Freiheitskämpferin Sakine Cansız, genannt Sara - eröffnet Mittwoch Abend mit einem Newroz-Lied das Fest im Wiener Rathauskeller, musikalisch klang es auch mit einer Trommelgruppe aus.

Newroz: Mehr als Neujahr feiern
Mit Musik wurde auch das offizielle Programm beendet

Dazwischen sprach im offiziellen Teil des Neujahrsfestes Şîlan stellvertretend für Özgür Tas, die Vorsitzende der FEYKOM, des Rat der Kurdischen Gesellschaft in Österreich, über die Bedeutung der Newroz-Feiern für Kurdinnen und Kurden und viele andere Völker des mittleren Ostens – ausgehend vom Widerstandsakt des Schmiedes Kava gegen den Tyrannen Dehok im Jahr 612 v.u.Z. Adem Uzun, Gast vom kurdischen Nationalkongress, wies darauf hin, dass heute, rund 2600 Jahre später, diese Völker wieder ähnlich unterdrückt sind und werden und es viel mehr gegenseitige Solidarität brauche. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky bedankte sich für den Beitrag der sehr aktiven kurdischen Community - wie der vieler anderer – zur Vielfalt Wiens und freute sich, dass hier im Rathauskeller gemeinsam laut gefeiert werden könne. Die Vielfalt zeigte sich auch optisch: Gesang, Musik und die Reden fanden vor einem riesigen, 70.000 Liter fassenden, Weinfass statt. Und auf den Stufen des Kultur- und Rede-Podiums lagen kurdische Teppiche mit Metall-Geschirr aus der Region.

Der Frühling lässt sich nicht aufhalten

Newroz, wie es bei den Kurd_innen heißt (Nouruz oder Nowruz in anderen verwandten Sprachen und Kulturen wie etwa im Iran), ist immer auch eine politische Manifestation – und dennoch eine Zeit des Feierns – Neujahr zu Frühlingsbeginn gibt immer die Hoffnung auf Neubeginn. In diesem Sinne zitierte die junge Moderatorin des Abends, Gina Ahmadi den chilenischen Dichter Pablo Neruda: „Sie können alle Blumen abschneiden, aber nie werden sie den Frühling aufhalten können.“ (aus dem Canto General, 1950).

Malalai

Newroz: Mehr als Neujahr feiern
Jüngster Gast bei den Newrozfeiern: Malalai (10) aus Afghanistan, die seit eineinhalb Jahren mit ihrer Mutter in Wien lebt.

Insbesondere Frauen kamen in verschiedenen regionalen kurdischen wunderschönen, bunten, oft reich verzierten Kleidern, unter anderem die 10-jährige Malalai – benannt nach einer berühmten afghanischen Widerstandskämpferin gegen die englische Besatzung - in einem wunderschönen Kleid mit kleinen, runden Spiegeln. Im afghanischen Kabul aufgewachsen, kam sie mit ihrer Mutter Latifa, der ersten Kampfhubschrauberpilotin des Landes, nach Wien. „In Kabul bin ich schon mit vier Jahren in die Schule gekommen, weil mir zu Hause zu langweilig war. Ich musste eine Prüfung machen, ob ich schon Buchstaben und Zahlen kann. Gelernt hab ich das von meiner Mutter. In der Schule hab ich auch schon Englisch gelernt. Deutsch aber erst in Österreich. Da bin ich erst seit einem Jahr und drei Monaten“, erzählt sie dem Kinder-KURIER. Hier besucht sie mittlerweile die ersten Klasse des Gymnasiums Vereinsgasse – im Ausweichquartier Schellinggasse.Was ihr in der Schule am meisten gefällt?Dass wir viel gemeinsam machen, lernen, aber auch spielen und dass sich alle Klassenkolleginnen und -kollegen gegenseitig viel helfen. Meine Lieblingsgegenstände sind Englisch, Turnen und BE (Bildnerische Erziehung).. und ich will Astronautin werden.“

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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller
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Kurdisches Neujahrsfest im Wiener Rathauskeller

Mit Na/Hayır/Nê/Nein/No/votsh – für Demokratie, Menschenrechte, Freiheit

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Kundgebung gegen Erdoğans Verfassungsentwurf auf dem Platz der Menschenrechte

Eine bunte, kleine Kundgebung vor dem MuseumsQuartier auf dem „Platz der Menschenrechte“ demonstrierte Samstag Nachmittag zwar mit einem vielsprachigen Nein –gesprochen, gesungen und auf gut sichtbaren Tafeln. Aber alle waren FÜR wichtige Dinge: für Demokratie, für Menschenrechte, für Meinungsfreiheit. Das Nein (Türkisch: Hayır, Kurmandschi: Na, Zaza(ki): Nê, Armenisch: votsh) bezieht sich auf den beim Referendum 1m 16. April vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zur Abstimmung vorgelegten Verfassungsentwurf. Der sieht eine Aushebelung der Demokratie und eine Alleinherrschaft des – wie er (nicht) nur bei der Kundgebung genannt wurde – Sultans vor. Die Kundgebung wurde von einer breiten ethnischen, religiösen und politischen Plattform organisiert: Türken, Kurden, Armenier, Aleviten, liberale und linke Gruppen.

„Weil Erdoğans Leute auch in Österreich Druck machen und politische Gegner denunzieren, haben viele Angst, darum sind leider nicht so viele da bei der Kundgebung wie eigentlich gegen diese Verfassung sind. Das würde dann eine Diktatur“, meint eine Demonstrantin, die nicht genannt werden will. Andere verdeckten ihre Gesichter mit den „Hayır/Nein“-Tafeln aus denselben Gründen.

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Kundgebung gegen Erdoğans Verfassungsentwurf auf dem Platz der Menschenrechte

Ausgelassene Stimmung kam erst mit auftretenden Musikern auf – da begannen erste einige wenige Halay zu tanzen was sich innerhalb weniger Minuten zu einem großen tanzenden Kreis ausweitete.

„Wir sind auch nicht in erster Linie gegen den Herrn Erdoğan, wir – und das sind sowohl Türken als auch Kurden, Armenier und all die anderen Völker in Mesopotamien – sind für Demokratie, für Menschen- und Frauenrechte, für Freiheit, vor allem auch Meinungsfreiheit“, sagte Richard Berger zum KiKu. Berger, der mit den beiden kurdischen Sprachen Kurmandschi und Zaza(ki) sowie Türkisch und Armenisch in der Trükei aufwuchs, kam Anfang der 90er-Jahre als in der Türkei politisch Verfolgter als Flüchtling nach Österreich. Er ist Vorsitzender der vielsprachigen „Nein“-Plattform und Co-Vorsitzender des Rates der kurdischen Gesellschaft in Österreich FEYKOM.

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