Bomben in Diyarbakir: Leute leben seit Jahren mit Gefahr

Trotz Bomben, Tränengas und Wasserwerfern blieben die Massen friedlich
Augenzeugin der Bombe bei der Wahlveranstaltung der HDP im Gespräch mit dem KURIER.

Am Morgen nach zwei Bombenattentaten mit vier Toten und 350 Verletzten auf die große Kundgebung in Diyarbakır/Amed (auf Kurdisch), DIE Metrole im Kurdengebiet in der Türkei, traf der KURIER eine Augenzeugin der zweiten, heftigeren Bombe.

Augenzeugin

Bomben in Diyarbakir: Leute leben seit Jahren mit Gefahr

„Wir sind schon zwei, drei Stunden in der prallen Sonne gestanden und ein bisschen vom Zentrum der Kundgebung weg an den Rand gegangen. Wir standen in der Nähe einer Trafostation. Plötzlich gab es einen lauten Knall, alles hat zu Beben begonnen“, schildert die 33-jährigen Gurbet Toprakli dem KURIER, die eigentlich Xurbet heißt, aber das X war lange wie das Q und das W in der Türkei verboten, weil es aus dem kurdischen Alphabet stammt. Die kurdischen Sprachen waren bis vor wenigen Jahren auch verboten. „Bevor ich noch realisiert habe, was passiert ist, habe ich ungefähr 15, höchstens 20 Meter vor mir Verletzte gesehen, Menschen voller Blut, einen Jungen, dem ein halbes Bein fehlte.“ Obwohl das ganze Gelände voller Menschen war, „ist überhaupt keine Panik ausgebrochen, die Masse hat sich geteilt, eine breite Gasse offen gelassen, immer drei, vier Leute haben die Verletzten raus getragen. Auf einmal gab es Rauch, Tränengas.“

Und trotzdem keine Panik?

Bomben in Diyarbakir: Leute leben seit Jahren mit Gefahr

„Nein, wissen Sie, das ist für die Leute hier Alltag, die leben damit.“ Natürlich Rufe, Schreie, Tränen, Menschen, die mit den Verletzten rauslaufen, aber besonnenes Reagieren. „Und mitten da drinnen saß an einem Randstein ein Junge, höchstens 15 Jahre alt und der spielte seelenruhig mit seinen Händen. Wir sind dann aus dem Gelände raus. Aus den Geschäften kamen Verkäufer und brachten Wasser und Zitronen. Die helfen gegen die mit Tränengas gefüllten Augen.“. Auch das sei normal, so die in Urfa geborene, in Deutschland aufgewachsene Frau, die am Sonntag wie viele andere Internationale als Wahlbeobachterin im Einsatz ist.

Wir sind alle Geschwister

Der Inhaber jenes Geschäftes, „in dem wir Zuflucht gesucht haben, um endlich normale Luft zu atmen“ hätte erzählt, dass er das seit 38 Jahren erlebe. Durch Gewalt von Polizei und Militär gegen die Kurdinnen und Kurden habe er selbst fünf Familienmitglieder verloren. „Als wir uns für das Wasser und die Zitronen bedankt haben, hat er gesagt: „Selbstverständlich, wir sind doch alle eins, alle Geschwister!“

Bomben in Diyarbakir: Leute leben seit Jahren mit Gefahr

Vier Tote, mehr als 350 Verletzte, davon 20 schwer forderten die Doppelbomben-Attacke. Gerade als der Co-Vorsitzende des linksdemokratischen Bündnisses HDP sich anschickt, auf der Bühne zu reden, explodierten zwei mit Stahlsplittern gefüllte Bomben per Fernzündung innerhalb einer Sekunde, eine in einer Trafostation, die anderen in einem oder bei einem Mistkübel.

Obwohl die Menge sofort Korridore für den Abtransport der Verletzten bildete, eröffneten Polizeikräfte aus gepanzerten Wagen Trängengas-Angriffe und setzten Wasserwerfer ein.

Unter den Toten, deren Zahl sich noch erhöhen könnte, befindet sich ein erst 16-Jähriger. Ramazan Yıldız starb trotz Sofortoperation in der Dicle Universitätsklinik, wie die Nachrichtenagentur Diha berichtet.

Antwort mit dem Stimmzettel

Bomben in Diyarbakir: Leute leben seit Jahren mit Gefahr

Der Co-Vorsitzende der Partei, die auf allen Ebene eine Frau/Mann-Doppelspitze hat, die rund um die einstige Kurdenpartei ein breites Bündnisses schaffte, bedankte sich bei den Massen dafür, nicht panisch reagiert zu haben, was wohl auch das Ziel der Bombenattentate gewesen sein dürfte. Die Antwort werde bei den Wahlen am Sonntag gegeben. Selbst durch solle Angriffe dürfe man sich nicht zu Gewalt provozieren lassen. Diese Bewegung will und werde Frieden für die Türkei bringen, rief er den Anhängern zu, von denen viele immer wieder „Mörder Erdoğan!“ riefen.

Proteste

Kleine spontane Protestkundgebungen gab es bis in die späten Abendstunden an vielen Orten Diyarbakırs, insbesondere auch vor den Spitälern. In Hakkari protestierten Hunderte die ganze Nacht hindurch und blockierten Straßen. In Diyarbakır gab es am Samstag Vormittag auch eine Trauerkundgebung am Platz der zweiten Bombe, bei der Trafostation.

Seid vorbereitet

Bomben in Diyarbakir: Leute leben seit Jahren mit Gefahr

Die Nachrichtenagentur DIHA veröffentlichte ein Faksimile eines Briefes des stellvertretenden Gouverneurs (von der türkischen Zentralregierung eingesetzt) der Provinz Diyarbakır vom 2. Juni. In dem werden Krankenhäuser aufgefordert, Vorsorge für Verletzte und Tote am 5. Juni (dem Tag der großen HDP-Wahlkundgebung auf dem Platz İstasyon) zu treffen und alle möglichen Kapazitäten und Ressourcen bereit zu halten.

Bomben in Diyarbakir: Leute leben seit Jahren mit Gefahr

Wahlkundgebung der HDP in Diyarbakir
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Wahlkundgebung der HDP in Diyarbakir
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Wahlkundgebung der HDP in Diyarbakir
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