Eine Situation aus mehreren Perspektiven beschreiben
Mit „Vor den Türen“ hat der 17-jährige Severin Weh bereits zum dritten Mal beim Bewerb für junge Literatur mitgemacht, ist aber zum ersten Mal ins Finale vorgestoßen – als einer der wenigen Burschen, wie sich überhaupt bei diesem und ähnlichen Berben viel mehr Mädchen mitzumachen trauen.
Im Gegensatz zu den anderen drei Interviewten hat der Schüler einer Maturaklasse und Schulsprecher (Rainergymnasium) nicht schon von ganz jung an, sondern erst vor ungefähr drei Jahren begonnen, mehr zu schreiben als schulische Texte. Damals hatte ihn eine Freundin animiert, auch an diesem Bewerb teilzunehmen. Er meint im Interview sich erinnern zu können, dass die Struktur des Textes ähnlich gewesen wäre – eine Situation aus den Perspektiven mehrerer Charaktere zu schildern – im aktuellen Text Vater, Mutter, Kind, damals mehrere Jugendliche, die sich mit den auf sie projizierten Stereotypen auseinandergesetzt haben.
Kästner und Kafka
Seinem Text voran stellt er einige Zeilen aus Erich Kästners bitterbösem Wiegenlied. Das hat ihn, so berichtet er im Telefoninterview mit dem Kinder-KURIER angesprochen, „weil es so einen Widerspruch in sich birgt – einerseits die sanfte Form eines Wiegenliedes und dann aber so gar nicht liebevoller Inhalt. Das hat gut zu meinem Text gepasst.“
Dieser Text schildert eine kalte Beziehung zwischen Mann, Frau und Kind. Dazu inspiriert habe ihn Franz Kafkas Brief an den Vater. Den hatte der Autor nie abgeschickt, er wurde überhaupt erst nach Kafkas Tod veröffentlicht. Neben der Lieblosigkeit bis Hass der Eltern aufeinander lässt Weh das 9-jährige Kind davon träumen, „jetzt schon groß sein … dann kann ich helfen“.
Generell schreibe er nicht so oft, sondern „manchmal, wenn ich eine Idee hab oder dann auch wieder, wenn ich das Gefühl hab, es wäre jetzt wieder einmal Zeit, mein Schreiben ein bisschen zu üben“. Es seien fast immer eher kürzere Texte, keine seitenlangen fast Romane, aber er arbeite immer intensiv an den Texten, verändere sie, streiche was weg …
Schulzeitung
Auf einer anderen Ebene ist Severin Weh jetzt intensiver mit Schreiben befasst, indem er als Schulsprecher auch eine Schulzeitung ins Leben gerufen hat. Seinen Hobbys, vor allem Sport mit Freunden, könne er erstens aufgrund von Corona-Maßnahmen und andererseits nicht so viel nachgehen, weil in den vergangenen beiden Jahren die Schule schon sehr fordernd geworden wäre. Was er schon weiter betreibe: Trompete spielen, seit sieben Jahren, „aber nur als Hobby, auch wenn ich manchmal in einem Orchester spiele, habe ich keine Ambitionen das professioneller fortzuführen“.
Als Schüler im Maturajahr und obendrein als Schulsprecher – die gesamten Oberstufenjahre hindurch war er bereits Klassensprecher – „ist die Ungewissheit, was auf uns zukommt definitiv ein großer Stressfaktor, der uns alle ziemlich belastet. Keine und keiner weiß, wie die Matura ablaufen wird, was wir doch brauchen und was nicht – und das kombiniert mit den vielen Arbeitsaufträgen in allen Gegenständen. Das ist nicht optimal, auch wenn ich weiß, dass das praktisch für alle Menschengruppen zutrifft, aber diese schon so lange Trennung von normalen sozialen Kontakten kommt zur großen Ungewissheit dazu.“
Kommuniaktion
Als Schulsprecher lege er vor allem sehr viel Wert darauf, die Kommunikation zwischen allen Beteiligten wesentlich zu verbessern. „Wir Schülerinnen und Schüler sind oft das letzte Rädchen am Wagen, nur Empfänger von Aufträgen. Mir geht es darum, mehr den Diskurs zwischen Schüler_innen, Lehrer_innen und der Direktion zu fördern und zwischen allen beteiligten Gruppen zu vermitteln.“
Dafür sei in der Schule selbst eine Kummerbox eingerichtet worden, wo Schüler_innen auch anonym Sorgen und Probleme, die sie nicht direkt mit den betroffenen Lehrer_innen besprechen können, schriftlich einwerfen können. Außerdem kommuniziere die Schüler_innen-Vertretung über Social Media, womit mehr Schüler_innen erreicht werden.
Die Frage, was die Beweggründe waren, selbst zu kandidieren, meinte Severin Weh: „Ich hab mir überlegt, was könnte ich aus meiner Schulzeit mehr mitnehmen als den Schulstoff und wie könnte ich etwas Positives beitragen, was nicht nur einen Wert für mich, sondern auch für andere hat.“
Zum ganzen Text von Severin Weh geht es hier
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