Burgtheater für Kinder: „Des Kaisers neue Kleider“ – Spiel um Fake

Probe einer Szene – rechts der Regisseur.
Gereimte, veränderte Fassung nach Hans Christian Andersens Märchenklassiker dreht sich um Sein und Schein. Probenbesuch von KiKu und schauTV. Jetzt mit schauTV-Beitrag.

Ein Schloss wie eine Krone, wobei die einzelnen „Zacken“ – oben fast in Blütenform – voll verschiebbar sind. So präsentiert sich ein Großteil der Bühne im Kasino am Wiener Schwarzenbergplatz ab 10. Oktober 2020. In dieser Spielstätte des Burgtheaters läuft ab dann „Des Kaisers neue Kleider“. Hans Christian Andersen hat sein Märchen über einen Herrscher geschrieben, der einem Schneider glaubt, dass dessen Gewänder unsicht- und unspürbar sind. Hofstaat und Volk reden dem Kaiser, der von diesen Gewändern schwärmt, nach dem Mund um ja nicht in Ungnade zu fallen. Bis bei der Parade ein Kind die Wahrheit ruft – dass der Kaiser einfach nackt ist.

Der Kinder-KURIER – und schauTV – durften eine Szenenprobe besuchen. Noch sind manche der Kostüme der sechs Schauspieler_innen nur angedeutet. Auch die Kammer, in der die neuartigen Stoffe lagern und genäht werden, ist noch recht roh. Aber erste Eindrücke davon, dass die Inszenierung lustig zu werden scheint, sind auszumachen. Ebenso wie Hoppalas. So hält der Kaiser (Arthur Klemt) bei seinem ersten Versuch, den unsichtbaren Stoff zu schneiden, die Schere verdreht.

Ein Mann in Alltagskleidung gibt Anweisungen an eine Person in einem Kostüm für „Des Kaisers neue Kleider“.

Probe

Hin und wieder unterbricht der Regisseur, bittet das Ensemble das eine oder andere ein bisschen anders zu spielen, - mitunter geht’s auch „nur“ um Blicke beispielsweise zueinander – oder in Richtung des zuvor Geschehenen. Und so jongliert Lukas Haas als Paul einen der unsichtbaren Stoffballen beim zweiten Mal noch viel verwegener, nachdem er den ersten Packen schon glaubhaft bis ans andere Ende der Bühne „geschleppt“ hat.

Eine Theaterszene mit Darstellern in Kostümen und Bühnenbild vor Publikum.

Screenshot aus Aufnahmen für schauTV

So viel Stoff

Er und Marie (Annina Hunziker) breiten den Stoff vor dem Kaiser aus, bis dieser an ihn zu glauben scheint. Beim Auseinanderziehen der Stoffbahn wird der Lakai (Diener, gespielt von Felix Kammerer) über den Boden geschleift. Scheint also wirklich da zu sein das Rosarot, Himmelblau, Quetschgel und Mittelgrau“, wobei dem Kaiser noch das Grün fehlt, das er so gern mag ;)

Ein Mann mit Brille und grauem Haar inmitten einer Gruppe von Menschen bei einer Theaterprobe für „Des Kaisers neue Kleider“.

Geänderte Fassung

Das Burgtheater hat die vor 36 Jahren erschienene gereimte Bühnenfassung von Wolf-Dietrich Sprenger hergenommen. Regisseur (Rüdiger Pape) und Dramaturgin (Sabrina Zwach) haben sie aktualisiert. Und in dieser wird aus dem betrügerischen Schneider das charmante ganz junge Duo, das starke Züge jenes Kindes aus dem Original hat, das den Schwindel aufdeckt. Auch das Ende ist – das haben wir versprochen nicht zu verraten. Nur so viel: Es ist überraschend ;)

Eine junge Frau und ein junger Mann werden von SchouTV interviewt.

Die jungen Schneider_innen: Annina Hunziker als Marie und ...

Verbindung zum Publikum

„Wir sind ja die Verbindung zwischen Publikum und dem Stück“, sagen die beiden ganz jungen Schauspieler_innen dem Kinder-KURIER – und schauTV. Annina Hunziker absolviert gerade ihr viertes und letztes Jahr der Schauspielausbildung. Auch für ihren Kollegen Lukas Haas, der die Ausbildung eben erst abgeschlossen hat, ist es sein erstes Engagement. Beide haben schon als Kinder in Theaterklubs gespielt, sie in Graubünden (Schweiz), er in Feldkirch (Vorarlberg).

Eine lächelnde Frau und ein lächelnder Mann werden von einem Fernsehteam interviewt.

Lukas Haas als Paul

„Ich bin ganz aufgeregt, wie die Kinder auf uns reagieren werden“, freut sich Annina Hunziker – mit einem Schuss nervöser Ehrfurcht vor diesen Momenten. „Kinder sind total ehrlich, die sehen alles. Es wird spannend sein, Reaktionen zu bekommen – damit wird’s eine Interaktion mit dem Publikum“, ergänzt Lukas Haas.

Ein Mann mit grauem Haar wird von einem Mikrofon interviewt.

Kaiser-Darsteller Arthur Klemt

Nie ein König oder Kaiser

Märchen habe er geliebt, je nach Stimmung immer andere, vertraut Arthur Klemt, der Kaiser-Darsteller dem Reporter an. Theater habe ihn schon sehr früh fasziniert. Lebhaft schildert er im Interview seinen ersten Besuch mit der Großmutter beim Stück „Der Räuber Hotzenplotz“. „Sie musste mich fast auf dem Sitz halten, so hat mich das vom Hocker gehauen. Ich war so geflasht, dass mich das noch Wochen beschäftigt hat.“

Eine Theaterszene mit mehreren Darstellern in Kostümen auf einer Bühne.

Screenshot aus Aufnahmen für schauTV

Live-Erleben

König oder Kaiser hätte er aber als Kind nie spielen wollen. „Die sind ja fast immer die Blöden und gar nicht cool. Ist ja hier auch lustig. In Wien hat’s ja nur so von Kaisern gewimmelt und ich glaub, keiner von denen war die hellste Kerze auf der Torte. Außerdem denkt man immer, so ein Kaiser kann machen, was er will. Kann er aber überhaupt nicht. Die sind gefangen wie in einer Pralinenschachtel. Haben zwar alles, aber können nicht raus.“

Sein erstmaliges Theatererlebnis führt er nicht zuletzt auf das Live-Erlebnis zurück. Ein Live-Event – ob Theater, Konzert usw. sei einfach nicht zu toppen.

Ein älterer Mann mit Brille wird interviewt; im Hintergrund ein Bühnenbild.

Regisseur Rüdiger Pape

Sagen, was erwartet wird

Regisseur Rüdiger Pape, der an verschiedensten Bühnen, vor allem in Deutschland (Köln, Hamburg, Mannheim, Saarbrücken) aber auch Österreich, namentlich in Bregenz bis jetzt aber noch nie in Wien inszeniert, gilt als Spezialist für Kinder- und Jugendstücke. Er war mitverantwortlich für die Auswahl des jetzigen Stücks. „Es behandelt ein sehr aktuelles Thema, das von Sein und Schein. Es geht auch um Fake und Menschen, die nicht die Wahrheit sagen, sondern das, was von ihnen erwartet wird. Das steht für hierarchische Systeme.“ Die Ministerin und der Minister wissen zwar, dass da kein Stoff ist, aber weil der Kaiser von ihnen erwartet, dass sie den Stoff sehen, stimmen sie in die Bewunderung des Unsichtbaren ein.

Als größte Herausforderung sieht Pape, „wie immer, Text, Musik, Kostüme, Schauspiel – alles zu einem großen stimmigen Ganzen zusammenzuführen, das dann seinen Zauber entfalten kann. Hier ist im Besonderen fordernd, dass der Text gereimt ist – was nicht (mehr) so oft vorkommt. den Reimen umzugehen, auch und vor allem mit jenen, die nicht ganz passen, was aber bewusst ist, das macht Lust und viel Spaß.“

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Hier der Beitrag von schauTV

gedreht von Wolfgang Semlitsch

schau LEBEN - Burgtheater Kinder - Des Kaisers neue Kleider

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