Organtransplantation: Wie sie vielen Menschen das Leben rettet

Das Durchspülen von Organen mit speziellen Lösungen oder Blut soll ihre Qualität verbessern.
Viele Patienten hätten ohne ein neues Organ nur mehr eine kurze Lebenszeit. Neue Technologie soll helfen, Engpässe zu überwinden.

„Daran, dass wir alle leben, sieht man, dass die Organtransplantation eine Erfolgsgeschichte ist.“ Knapp 480 Mitglieder hat der Verband der Herz- und Lungentransplantierten, dessen Vorstand Thomas Tost ist (siehe unten). Ihm wurden 2004 beide Lungenflügel transplantiert: „Mein Leben vorher und nachher ist unvergleichlich.“

Doch trotz der großen Fortschritte „sterben immer noch Menschen, die nicht die Chance auf eine Organtransplantation erhalten, obwohl sie in den Organwartelisten eingetragen sind“, heißt es im jüngsten „Transplant-Jahresbericht“ im Auftrag des Gesundheitsministeriums. „Das Potenzial an postmortalen Organspendern ist vermutlich höher als der derzeitige Ausschöpfungsgrad.“

„Es gibt noch viel Potenzial beim Bewusstmachen der Bedeutung von Organspenden“, sagt Stefan Schneeberger, Leiter der Innsbrucker Transplantationschirurgie. Dies liege an der Wahrnehmung im Spital – dass immer an potenzielle Organspender gedacht werde –, und am Verständnis der Verwandten: „Sie werden immer miteinbezogen, aber nicht immer gibt es ein ausreichendes Verständnis für Organspenden.“

Ähnlich sieht das auch Gabriela Berlakovich, Leiterin der Klinischen Abteilung für Transplantationen am AKH/MedUni Wien. „In der allgemeinen Bevölkerung und beim medizinischen Personal Bewusstsein zu schaffen, ist der wichtigste Punkt.“

Neue Technologie

Aber auch der medizinische Fortschritt wird die Zahl der verfügbaren Organe erhöhen, etwa die sogenannten Perfusionsgeräte: Dabei werden die Organe – anstatt sie nur in einer Eisbox zu lagern – vor der Implantation durchgespült. Dies geschieht entweder mit einer kalten, mit Sauerstoff angereicherten Lösung oder bei Körpertemperatur mit Blut aus Blutkonserven bzw. (noch im Forschungsstadium) mit Blutersatzprodukten.

„Davon erwarten wir uns, dass wir mehr Organe verwenden können“, sagt Berlakovich. Ein gutes Beispiel sei etwa die Leber: Einerseits könne man den Zustand der Organe vorab überprüfen, andererseits die Qualität des Organs über längere Zeit erhalten – und verbessern. „Es ist erwiesen, dass bei Lebertransplantationen durch diese kontinuierliche Spülung die Gallengänge besser erhalten werden.“

Das sagt auch Schneeberger : „Der Anschluss an solche Maschinen bringt die Möglichkeit, Organe zu verbessern und die Zeitgrenzen für die Konservierung von Organen außerhalb des Körpers zu verlängern.“ Sehr gute Ergebnisse mit einer solche Methode hat auch Walter Klepetko, Leiter des Lungentransplantationsprogramms von AKH/MedUni Wien, bei der Verbesserung der Funktion von Spenderlungen erzielt.

Herztransporte

Für entnommene Herzen gibt es das „Organ Care System“, eine Herz-Lungen-Maschine im Kleinformat: Das schlagende Herz wird beim Transport mit sauerstoffreichem Blut und Nährstoffen durchspült. „Wir wollen damit längere Transportzeiten ermöglichen und die Zeit ohne Durchblutung drastisch reduzieren“, sagt Andreas Zuckermann, Leiter des Herztransplantationsprogramms von AKH/MedUni Wien. „Diese Ischämiezeit (ohne Durchblutung, Anm.) sollte unter vier, am besten bei nur drei Stunden liegen.“ Aber bei einer Transportzeit von zwei bis drei Stunden komme man zumeist auf viereinhalb bis fünf Stunden ohne Durchblutung. „Mit dem neuen System konnten wir sie auf unter zwei Stunden drücken.“

Einig sind sich die Mediziner, dass alle anderen Ansätze – biologische Kunstorgane, Tierorgane, Organe aus dem 3-D-Drucker – noch in weiterer Ferne liegen. So ist das kürzlich von israelischen Forschern präsentierte Mini-Herz aus menschlichem Gewebe, das sie im 3-D-Drucker hergestellt haben, zwar „ein Meilenstein“. Zuckermann: „Aber bis man überhaupt erst einmal an Tierexperimente denken kann, sind noch einige weitere Meilensteine notwendig.“

Die Zahlen

789 Organe wurden 2017 in Österreich transplantiert (Niere: 428; Leber: 161; Lunge: 116; Herz: 64; Bauchspeicheldrüse: 20). 72 stammten von Lebendspendern
(69 Nieren- und drei Leber-Lebendspenden).780 Personen waren Ende 2017 auf den Wartelisten für eine Organtransplantation (Rückgang um 1 % gegenüber 2016).

Platz vier in Europa Im Vergleich von 23 europäischen Staaten lag Österreich 2016 bei den oft lebensrettenden Eingriffen nach Spanien, Belgien und Frankreich auf Platz vier.

TV-Dokumentation am Dienstag

„Ein Stück Leben“ heißt die Dokumentation von Zoran Dobrić zum Thema Organspende in Österreich (kreuz und quer,  Dienstag, 21.5., 22:35 Uhr, ORF2). Vier Monate lang hat er  in Österreich, in der Schweiz, in Deutschland und Holland gedreht, mit Lebendspendern, Familienangehörigen von Verstorbenen, Transplantierten, Ärzten und Ethikern  gesprochen.

Organtransplantation: Wie sie vielen Menschen das Leben rettet

Zoran Dobrić: „Bin an meine Grenzen gestoßen.“

Bei den Dreharbeiten sei er das erste Mal an seine Grenzen gestoßen – etwa beim Anblick eines hirntoten Spenders, dessen Blutkreislauf nur noch maschinell aufrecht erhalten wurde: „Aber dann laufen Sie mit dem OP-Team und einem Herz in einen anderen Operationssaal und sehen, wie  einem Menschen das Leben gerettet wird.“

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