Egal ob Bandscheibenprobleme oder hoher Blutdruck: „Viele glauben, dass die Vernachlässigung ihres Körpers keinerlei Folgen haben wird – man könne ja dann schließlich eh zum Arzt gehen.“ Dass aber viele vorzeitige Todesfälle mit dem Lebensstil zu tun haben, werde nicht gesehen.
Die Fehlentwicklungen beginnen bei den Kindern: „Viele werden beim kleinsten Firlefanz vom Sportunterricht befreit“, weiß Schweizer aus Erfahrung: „Die Eltern glauben, sie tun ihnen damit etwas Gutes, wenn sie es als etwas Positives vermitteln, nicht in den Sportunterricht gehen zu müssen. Oder wenn sie ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen und abholen – dabei erreichen sie damit gar nichts Gutes.“ In seiner Praxis werden regelmäßig bereits Vorschulkinder mit massiven Haltungsschäden, muskulären Verkürzungen und Bewegungseinschränkungen betreut.
Er gebe aber den Eltern keine Schuld: „Es fehlt einfach an Wissen. Und vielen ist die Freude an Bewegung verloren gegangen – sie spüren ihren Körper nicht mehr, leben nur mehr in einer Hülle, die gefüttert wird wie ein Auto mit Benzin.“
Der Physiotherapeut setzt sich dafür ein, dass Kinder mindestens vier Sportstunden pro Woche haben: „Und zusätzlich brauchen wir bewegten Unterricht – einmal in einer Stunde aufstehen dürfen, vielleicht einmal ein kleine Slackline aufbauen, einmal eine Stunde im Freien im Gehen abhalten – da gibt es unzählige Möglichkeiten.“ Zusätzlich hätten die Sportverbände bereits fertige Konzepte für Sportprogramme in den Schulen.
Spitzensportler wie Marcel Hirscher können ein „Vorbild für Bewegungsfreude“ sein, für Motivation. Aber Spitzensport an sich sei aufgrund der hohen und einseitigen Belastung für Breitensportler nichts zum Nachmachen: „Wir Top-Trainer müssen daran arbeiten, dass diese Sportler überhaupt gesund bleiben können – und trotzdem werden sie immer mit einem erhöhten Verschleiß aus dem Spitzensport herauskommen.“
Schweizer kennt auch unzählige Beispiele über die positiven Effekte von Bewegung, die er vermitteln will. Wer dreimal täglich körperlich aktiv war, schnitt in einer finnischen Studie in allen psychologischen Tests besser ab: „Die Sportler konnten besser mit Stress umgehen, fühlten sich gesünder und glücklicher, besser sozial integriert und fitter als diejenigen, die wenig bis keinen Sport betrieben.“ Wobei er betont: „Mir geht es in erster Linie um Bewegung – etwa das Zufußgehen oder das Radfahren. Wer das mehr und mehr macht, bei dem erwacht generell die Freude an Bewegung – kommt dann Hobbysport dazu, ist das umso besser.“
BUCHTIPP:
Gernot Schweizer: „Bewegung! Plädoyer für eine gesunde Gesellschaft“, Verlag Ecowin, 218 Seiten, 24 Euro
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