Her mit Öl und Butter: Fett doch nicht so schlecht wie gedacht

Butter curl or roll, clipping paths
Fettreiche Ernährung kann gesundheitliche Vorteile bringen. Oder doch nicht? Experten sind sich uneinig.

Gesund ernähren und gleichzeitig fett essen? Für Figurbewusste, die bisher sparsam mit Öl und Butter umgegangen sind, dürfte das zum Tag der gesunden Ernährung am 7. März sehr ungewohnt klingen. Das ideale Verhältnis von Fetten und Kohlenhydraten auf dem Speiseplan wird nämlich in der Fachwelt seit einiger Zeit diskutiert.

Öl und Butter rehabilitiert?

Tatsächlich hätte man beim Befolgen von manchen Experten-Tipps mengenmäßig schnell die Orientierungswerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zur täglichen Aufnahme von Fetten überschritten. Das Beispiel ist eines von vielen, das zeigt, wie die Auffassungen beim Thema Ernährung auseinandergehen. Auch, weil vor etwa eineinhalb Jahren eine große Studie in der Fachzeitschrift "The Lancet" eine fettreiche Ernährung mit gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung brachte - für manche Grund genug, bisherige Empfehlungen infrage zu stellen und den Ruf von Butter und Co. zu rehabilitieren. Experten der DGE bezeichneten die Aussagekraft der Studie jedoch wegen methodischer Mängel als stark eingeschränkt.

"Fettarm": schwache Datenlage

Nun schwärmt dennoch auch die deutsche Ärztin Anne Fleck auf mehr als 400 Seiten ihres Buches "Ran an das Fett" von gesunden Fetten - Snacks aus der Fritteuse etwa gehören nicht dazu, selbst zwischen Pflanzenölen sieht sie enorme Unterschiede. In jedem Fall aber stehe das generelle "Fettarm-Dogma" auf einer äußerst dünnen Datengrundlage, meint Fleck.

Zum Heilsbringer wurde die Fettreduktion allein bekanntlich auch nicht: Obwohl der Fettanteil in der Nahrung von US-Amerikanern im Schnitt seit den 1970er-Jahren von 42 auf 34 Prozent gesunken sei, verbreiten sich bei ihnen Übergewicht und Diabetes, wie US-Ernährungsforscher kürzlich im Journal "Science" berichteten. Bei dieser Entwicklung spielen weitere Faktoren, die sich seitdem geändert haben, eine Rolle wie etwa Portionsgrößen, Essverhalten, Lebensstil. David Ludwig (Boston Children"s Hospital) und Kollegen weisen in ihrer Studie unter dem Titel "Nahrungsfett: vom Feind zum Freund?" auf die Problematik vieler Untersuchungen ihrer Fachrichtung hin: Oft seien sie zu kurz und zu klein gewesen, um aussagekräftig zu sein.

Abnehmtipps nicht immer belegt

Sogenannte Beobachtungsstudien etwa weisen das Problem auf, dass man aus ihnen keine Schlussfolgerungen wie "Dieses Lebensmittel macht schlank" ziehen kann. Anhand von Protokollen über die Ernährung und gesundheitliche Entwicklung von Probanden können Forscher lediglich vielleicht zufällige Wechselwirkungen erkennen, nicht aber Ursache und Wirkung. Trotzdem werden aus solchen Studien manchmal Tipps abgeleitet, etwa zum Abnehmen.

Wer nach solchen allgemeingültigen Ratschlägen sucht, für den muss das Fazit der "Science"-Autoren einer Bankrotterklärung gleichen: Aktuelle Belege deuteten darauf hin, "dass kein spezifisches Kohlenhydrat-Fett-Verhältnis in der Ernährung für die allgemeine Bevölkerung am besten ist", heißt es. Auch hätten nicht alle Diäten und Kalorienquellen ähnliche Stoffwechsel-Wirkungen bei allen Menschen. Um den Einfluss von Nahrungsmitteln auf die Gesundheit zu bewerten, sei mehr nötig als nur ein Blick auf die Mengenverhältnisse von Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett, schreiben die Forscher. Und nennen unter anderem Faktoren wie die Qualität der Lebensmittel, ihre Kombination und die Gene.

Qualität der Lebensmittel

"Wichtiger als die Diskussion über die richtigen Anteile von Fett und Kohlenhydraten sind die Aspekte hohe Energiezufuhr insgesamt und Qualität der Fette und Kohlenhydrate", sagt auch DGE-Referentin Silke Restemeyer. Verzehrt würden oftmals zu wenig ballaststoffreiche Nahrungsmittel wie Vollkorn, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst - aber zu viele einfache Kohlenhydrate in Form von zugesetzten Zuckern (etwa in Fruchtjoghurt und Erfrischungsgetränken) und raffinierter Stärke (etwa in Weißbrot, Kartoffelchips und Kuchen). Es sei sinnvoll, außerdem auf das gesamte Ernährungsmuster zu achten, sagt die Ernährungswissenschafterin.

Extreme Formen, wie sehr kohlenhydratreiche oder sehr kohlenhydratarme Ernährung, schienen ungünstig zu sein in Hinblick auf die Sterblichkeit, sagt der Epidemiologe Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam. Was bleibt also? Versteckte Fette aus Produkten wie Wurst, Süßwaren, Fertigprodukten und Fast Food seien zu vermeiden, betont Restemeyer. Die empfohlenen pflanzlichen Öle lieferten lebensnotwendige Fettsäuren und Vitamin E, hätten aber wie alle Fette eine hohe Kalorienanzahl. Wer sich insgesamt ausgewogen ernähre und viel bewege, müsse sich um die tägliche Kalorienaufnahme aber keine großen Gedanken machen, so Restemeyer.

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