"13 Reasons Why": Netflix-Serie führt zu Suizid-Anstieg in den USA

Eine Szene aus der Netflix-Serie "13 Reasons Why" zeigt Figur "Hannah Baker", gespielt von Katherine Langford.
International wird das Format seit dessen Erstausstrahlung massiv kritisiert. Eine neue Studie zeigt, dass die Serie zu steigenden Suizidraten führt.

Im März 2017 wurde "13 Reasons Why" ("Tote Mädchen lügen nicht") zum ersten Mal auf Netflix ausgestrahlt. Darin begeht eine junge Frau Suizid und gibt in Form von Kassetten ihrem Umfeld die Schuld dafür. Bei Fans des gleichnamigen Bestsellers war die Freude groß.

Ebenso groß war allerdings auch die Skepsis bei Psychologen nach den ersten Folgen – diese wandelte sich später in massive Kritik. Die Sendung stellt eine nicht kontrollierbare Projektionsfläche für Jugendliche dar, die Verherrlichung des Suizids ist unverantwortlich, so der Tenor.

Suizid-Anstieg in den USA

Den Bedenken folgen nun Zahlen: Einer neuen Studie zufolge zog die Veröffentlichung in den USA einen markanten Anstieg von Suiziden nach sich.

Zu diesem Ergebnis kamen Thomas Niederkrotenthaler und Benedikt Till von der Unit Suizidforschung & Mental Health-Promotion am Zentrum für Public Health der MedUni Wien in der im Fachblatt JAMA Psychiatry publizierten Studie.

In der Erhebung heißt es dazu: "Binnen drei Monaten ist bei der Gruppe der 10- bis 19-Jährigen ein Anstieg von 13 Prozent nachzuweisen, das sind 94 Suizide mehr in diesem Zeitraum." Statt üblicherweise rund 720 Suiziden in drei Monaten US-weit in dieser Altersgruppe gebe es assoziiert mit der TV-Serie daher insgesamt mehr als 800. Interessant ist, dass der Anstieg der Suizide ausschließlich in der Gruppe der 10- bis 19-Jährigen vorhanden war. In allen anderen Gruppen ist keine Veränderung zu erkennen. Betrachtet und verglichen wurden die Suizidzahlen in den USA von 1999 bis 2017.

Die Ergebnisse untermauern eine frühere US-Studie – und zeigen darüber hinaus auf, dass proportional mehr weibliche Jugendliche betroffen sind. Die Forscher führen dies darauf zurück, dass die Hauptprotagonistin in der TV-Serie eine junge Frau ist.

"Die Darstellung der Suizid-Problematik im Fernsehen ist wichtig für die Entstigmatisierung. Aber es kommt auf das 'Wie' an", betonten die Wissenschafter. Wichtig sei, zu zeigen, "dass es immer eine andere Lösung, dass es immer einen anderen Ausweg aus einer schwierigen Lebenssituation gibt". Das sei bei dieser Serie nicht gegeben, zu sehr würden soziale Alltagsprobleme von Jugendlichen als aussichtslos dargestellt und immer wieder mit der Möglichkeit eines Suizids verknüpft.

Auch bemängeln die Forscher, die die Studie zusammen mit kanadischen und US-amerikanischen Wissenschaftern erarbeitet haben, dass Hilfsmöglichkeiten entweder gar nicht – oder als völlig nutzlos dargestellt werden.

Auswege aufzeigen, Hilfe anbieten

Die internationale Forschergruppe betont, dass es besonders wichtig ist, in der Kommunikation mit den Jugendlichen auch über Medienkonsum zu sprechen und die vielfältigen Hilfsangebote aufzuzeigen – egal ob durch Eltern, Lehrer, Ärzte oder andere Einrichtungen. "Es ist äußerst wichtig, zu zeigen, dass es möglich ist, sein Leben in den Griff zu kriegen und dass es immer einen Ausweg gibt."

Die Forscher der Medizinischen Universität haben zu diesem Zweck mit Kollegen unter dem Dach der Österreichischen Gesellschaft für Suizidprävention (ÖGS) eine Broschüre "Zum Umgang mit der Netflix-Serie '13 Reasons Why' in der Schule" veröffentlicht, die auch als Vorlage für die Thematisierung anderer Suiziddarstellungen für Lehrer, Ärzte, aber auch in der Familie geeignet ist.

Sie können die Broschüre hier abrufen.

Hilfe finden Sie bei der Telefonseelsorge (142) sowie bei Rat auf Draht (147) und online: www.kriseninterventionszentrum.at & www.bittelebe.at.

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