Die wichtigsten Fragen zur Wiener Küche beantwortet Gabi Weiss in ihrem Sachbuch "Wie kam der Vanillerostbraten zu seinem Namen?" – hier kuriose Fakten zum Nachlesen.
Die Wiener Küche hat so ihre Eigenheiten, denn die Bundeshauptstadt war immer schon ein kulinarischer Hotspot, in dem die Zugewanderten den Geschmack aus der Heimat im Gepäck hatten. Die Rezepte verleibten sich die Wiener laut Buchautorin
Gabi Weiss ein und wurden verfeinert oder es entstanden neue Gerichte. So wie wir sie heute kennen entstand die Wiener Küche im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts.
Woher die Kaisersemmel ihren Namen hat?
Wegen der aufwendigen Herstellungsart galt die Semmel bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts als Luxusartikel: Denn je ärmer die Bevölkerung, desto dunkler das Brot. Das Gebäck wurde als Festtagsschmaus oder am Wochenende verzehrt und wurde oft als Belohnung überreicht. Woher die Bezeichnung Kaisersemmel kommt, ist nicht eindeutig geklärt: Das Wort Semmel hat seine sprachlichen Wurzeln im Assyrischen – "samidu" bedeutet weißes Mehl, im Lateinischen verstand man unter "simila" Weizenmehl. Im Mittelhochdeutschen wurde die Bezeichnung vom Mehl auf das darauf hergestellte Produkt übertragen. Der Begriff Kaisersemmel geht wahrscheinlich auf die erlesene Qualität zurück, denn in der Zeit von Kaiser
Franz Joseph sollte die Bezeichnung "Kaiser-" in Verbindung mit Speisen und Getränke als Garant für Qualität gelten.
Warum haben die Wiener den lauwarmen Tafelspitz erfunden?
Der traditionelle Tafelspitz ist sogar im "Radetzkymarsch" von Joseph Roth verewigt. Der Legende nach wurde der Tafelspitz im Hotel Sacher erfunden. Wenn Dienende des K.-u.-k.-Militärs mit dem Kaiser zu Abend aßen, nahm Seine Majestät den Platz an der Spitze der Tafel ein. Er wurde als Erster bedient und war als Erster mit dem Essen fertig – zum Leidwesen aller, die noch nicht einmal das Essen serviert bekommen hatten. Anna Sacher soll Mitleid mit den Männern gehabt haben und ließ ein Gericht vorbereiten, das stundenlang vor sich hin köchelte und dabei noch besser wurde. Kaiser Franz Joseph liebte die einfache Kost: Gekochtes Rindfleisch, Kohl, Kohlrabi, geriebener Kren und altbackenes Brot zum Auftunken des Saftes.
Ist das Gabelfrühstück mehr Frühstück oder Mittagessen?
Frankfurter und Gulasch waren früher ein beliebtes Gabelfrühstück: In den gehobenen Gesellschaftsschichten war es üblich, mehrere Mahlzeiten am Tag einzunehmen. Den Beamten kam die Tradition entgegen, da diese bereits gegen 6 Uhr früh die Arbeit aufnahmen. Das Gabelfrühstück geriet oft zum eigentlichen Mittagessen, beliebt waren Salonbeuschel, Bruckfleisch, Gulasch oder Faschiertes.
Woher kommt die Formulierung: "Jemandem eine Extrawurst braten"?
Die Beliebtheit der Extrawurst geht bis in das Mittelalter zurück, damals galt sie als Delikatesse für arme Leute. Die Gewährung einer zusätzlichen Portion Extrawurst kam einer Bevorzugung gleich. Anfang des 19. Jahrhunderts war die Extrawurst wahrscheinlich etwas grober als heute, 100 Jahre später gabe es dann die Unterscheidung zwischen "fein" und "ordinär".
Wie viel Vanille steckt im Vanillerostbraten?
Keine, bekanntlich wird der
Vanillerostbraten nicht mit Vanilleschoten, sondern mit Knoblauch zubereitet. Teure Gewürze wie Vanille konnten sich nur wohlhabende Haushalte leisten. Knoblauch war hingegen besonders günstig und auch arme Haushalte konnten sich ihn zum Verfeinern von Speisen leisten – scherzhaft wurde dieser "Vanille des kleinen Mannes" genannt und gab dem Rostbraten seinen Namen.
Warum sagen wir Frankfurter und der Rest der Welt Wiener Würstchen?
Am 15. Mai 1805 wurden die
Würstel erstmals in
Wien verkauft und daran ist eine Liebesgeschichte schuld: Der in der Schweiz geborene Fleischer JohannGeorg Lahner kam von
Frankfurt nach Wien und lernte eine ältere Baronin kennen, die ihm mit ihrer finanziellen Unterstützung die Gründung einer Fleischhauerei ermöglichte. In Frankfurt wurden zur damaligen Zeit die Würstel ausschließlich aus Schweinefleisch hergestellt, da damals die Schweine- und Rinderfleischhauer streng getrennt waren. Letzteres war in Wien nicht üblich, daher mischte Lahner die Wurstmasse für seine Würstel aus Schweine- und Rindfleisch mit neuen Gewürzen. Als Kaiser Franz I. nach einer Verkostung die Würstel zu seiner Lieblingsspeise erklärte, gelang Lahner endgültig der Durchbruch. Johann Lahner starb 1845 als berühmter Mann, erst 1967 schlossen seine Nachfahren die Fleischerei in der Neustiftgasse 111. Nachdem die Würstel in Wien erfunden wurden, sind sie international als Wiener Würstchen bekannt – die Österreicher haben aber bis heute nicht vergessen, dass sie von einem Frankfurter erfunden wurden.
Buchtipp: Wie kam der Vanillerostbraten zu seinem Namen?, Gabi Weiss, Metroverlag, 19,90 Euro
Kommentare