In dieser Greißlerei kommt nichts in die Tüte
"Es war schon immer mein Traum, mich selbstständig zu machen", sagt Stephanie Wanits, die zusammen mit ihrer Schwester Christiane Wenighofer gerade ihre eigene Greißlerei eröffnet hat. Dass in dem Geschäft mit Bäckerei und angeschlossenem Café viel Herzblut steckt, sieht man sofort.
Familienprojekt mit Sinn
Die Warenhandlung Wenighofer & Wanits in der Marxergasse im 3. Wiener Gemeindebezirk ist ein Gemeinschaftsprojekt – durch und durch. Die Gründerinnen, die beide berufliche Erfahrung aus dem Gastro- und Cateringbereich mitbringen, kamen im Sommer 2016 erstmals auf die Idee, gemeinsam ein Café zu eröffnen. Nachdem die dafür gewünschte Immobilie plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand, kam es zur Planänderung, welche die Weichen für die Warenhandlung, in der alles unverpackt angeboten und verkauft wird, stellen sollte.
Doch warum gerade eine verpackungsfreie Warenhandlung? Parallel zu den ersten Gründungsgedanken kam bei den Schwestern privat das Thema Müll auf. Dabei gab den beiden vor allem das Müllaufkommen im eigenen Haushalt zu denken: "In der Stadt verschwindet der Müll einfach in riesigen Containern und wird abtransportiert. Man macht sich gar keine Gedanken mehr darüber, wie viel Abfall man selbst tagtäglich produziert", beschreibt Stephanie Wanits. Dieses Problem war für die Österreicherinnen Anlass genug, sich selbst an der Nase und gleichzeitig etwas Größeres in Angriff zu nehmen.
Um das Thema Zero Waste direkt vor die Haustür der Menschen zu holen, suchten sie sich einen Geschäftsraum mitten in der Stadt. Im 3. Bezirk wurden sie fündig. Aufgrund der beträchtlichen Größe der Immobilie entschieden sich die angehenden Unternehmerinnen das Geißlereikonzept um eine Bäckerei und ein kleines Café zu erweitern. "Wir haben uns gefragt, was uns neben ausgewählten Lebensmitteln und verpackungsfreier Ware noch wichtig ist. So kamen wir schnell auf Brot und Kaffee", erinnert sich Wanits.
Die Bäckerei-Theke bildet nun das Herzstück der hellen Warenhandlung im skandinavischen Stil. Rechts und links davon eröffnen sich dem Kunden der Shop und Sitzgelegenheiten.
Regionales mit und ohne Bio-Zertifikat
Doch nicht nur die Planung des Geschäfts, welches befreundete Architekten des Büros Pasch übernahmen, war den Gründerinnen wichtig. Auch die Auswahl der angebotenen Lebensmittel stand und steht im Zentrum.
Das Brot kommt vom oberösterreichischen Familienbackbetrieb Gragger, die Milch mit Glaspfand vom Milchhof Langschlag in Niederösterreich. Andere Milchprodukte wie Joghurt kommen vom steirischen Froihof, Getreide und Hülsenfrüchte vom Biohof Schmid und Fleisch von der Wiener Fleischerei Thum. Käseliebhaber werden sich über das breite Käsesortiment freuen – die Produkte kommen von der Sennerei Alpenkäse Bregenzerwald und der Hofkäserei Deutschmann. "Anfangs hatten wir Sorge, dass wir nicht genug Anbieter finden würden, um alle Regale zu füllen. Doch die Vernetzung unter den regionalen Produzenten ist so gut, dass wir schnell neue Kontakte knüpfen und Partner finden konnten", sagt Wanits. Die wenigen Produkte, die nicht direkt aus Österreich beziehbar sind wie beispielsweise Couscous oder Chia-Samen, werden über den deutschen Zwischenhändler Davert importiert.
Und obwohl im Shop nicht jedes einzelne Produkt biozertifiziert ist (einige Waren kommen von sehr kleinen, regionalen Produzenten), sind die Eigentümerinnen stolz auf ihr Sortiment: "Wir sind nicht zu 100 Prozent bio, aber wir kennen alle unsere Lieferanten und haben uns die Betriebe angeschaut."
Geöffnet und gut besucht
Was Wanits und Wenighofer besonders freut, ist der enorme Andrang, der bereits in der ersten Woche nach der Eröffnung zu verzeichnen war. "Unser Geschäft kommt sehr gut an. Und das obwohl wir nicht auf Laufkundschaft abzielen, sondern uns bewusst in einer Wohngegend positioniert haben, um die Leute aus der unmittelbaren Umgebung zu versorgen", zieht die 31-Jährige eine erste Bilanz.
Dass das Einkaufserlebnis für viele noch nicht selbsterklärend und die Preise teilweise gehoben sind, dessen sind sich die Schwestern bewusst. Ein Teil des Erfolgsgeheimnisses ist der Gründerin zufolge jedoch der persönliche Kontakt und das ursprüngliche Kaufkonzept, das die Kunden schätzen – "und dann kommen sie gern und immer wieder."
In den kommenden Wochen soll das Sortiment der Greißlerei weiter wachsen. Unter anderem mit nachfüllbarem Putzmittel und Kernölschnaps.
Verpackungsfreies auf dem Vormarsch
Mit der Warenhandlung Wenighofer & Wanits wächst das Angebot verpackungsfreier Supermärkte in Wien weiter. Bisher wurden Kunden, die Wert auf unverpacktes Einkaufen legen, bereits in der Lunzer's Massgreißlerei oder bei Der Greißler fündig. Auch Märkte in und um Wien sind eine beliebte Anlaufstelle für den Zero-Waste-Einkauf.
Info: Warenhandlung Wenighofer & Wanits, Marxergasse 13, 1030 Wien, Montag bis Sonntag 7:15 bis 18 Uhr, zur Facebook-Seite geht's hier
Der Trend weg von Verpackungsmaterialien ist auch in Österreich angekommen. In "Unverpackt-Geschäften" können Konsumenten Waren ohne Verpackung kaufen. Die Behältnisse dafür bringt man selbst mit oder leiht sich diese vor Ort aus. In Wien gibt es mittlerweile einige Märkte für Zero Waster. Auch der Rest des Landes zieht mit.
Wien
Marctstandl
Meidlinger Markt, 1120 Wien
Maran Vegan
Stumpergasse 57, 1060 Wien
Veganz Wien
Margaretenstraße 44, 1040 Wien
Lunzers Maß-Greißlerei
Heinestraße 35, 1020 Wien
Graz
Reformhaus und Gewürzstube Brantner
Gleisdorfer Gasse 10, 8010 Graz
Bioladen Matzer
Sparbersbachgasse 34, 8010 Graz
Das Gramm
Neutorgasse 7, 8010 Graz
Villach
UniKorn
Widmanngasse 4, 9500 Villach
Innsbruck
Liebe und Lose
Herzog-Siegmund-Ufer 1, 6020 Innsbruck
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