Japanisches Soulfood: 8 Minuten schlürfen

  
Was hinter dem Hype um asiatische Nudeln steckt und wie man sie richtig isst.

Länger als acht Minuten dürfen Sie für den Verzehr des japanischen Traditionsgerichts Ramen nicht brauchen – asiatisches Fastfood eben. Der Zeitdruck lässt sich ganz einfach erklären: Je länger die dünnen Nudeln in der Suppe schwimmen, desto breiiger werden sie. Und kalt schmecken sie sowieso nicht besonders. Japaner schaffen ihre Schüssel in vier Minuten, freilich haben sie ein anderes Essverhalten. "Das Geheimnis für ihre Zeitersparnis liegt im Schlürfen", wie Haubenkoch Edi Dimant im Gespräch mit dem KURIER erzählt. Wobei erst die japanische Perfektion – das Zusammenspiel von Nudeln und Suppe – das typische Schlürfen ermöglicht. Durch die leichte Öligkeit des Fonds flutschen die Nudeln besonders gut.

Alleine in Tokio soll es 20.000 Ramen-Bars geben, Ende 2015 erhielt die erste einen Michelin-Stern – bei "Tsuta" kostet die preisgekrönte Portion rund 5 Euro. Die Wiener scheinen zeitgleich auf den Geschmack von asiatischen Nudeln gekommen zu sein, wobei der Begriff Ramen sowohl für die dünnen, gelben bis bräunlichen Nudeln (s. Bild oben) als auch für die Suppe verwendet werden kann. Der Ursprung des Gerichts liegt in China, wo alle lang gezogenen Nudeln Lā Miàn heißen, eine Art Überbegriff.

Der Geschmack von Meer

Der Unterschied zu unseren Pastasorten liegt im feinen Mehl. Damit der Teig länger zusammenhält, braucht es einen höheren Proteinanteil. Je höher die Typenzahl, desto dunkler ist das Mehl, weil auch Randschichten des Korns vermahlen werden. Dimant mischt Eiweiß zu den klassischen Zutaten Salz, Wasser und Mehl: "Das schafft Bindung und Elastizität." Für den Umami-Geschmack mischen manche Köche ganze Eier in den Teig. In Japan verfeinert ebenso Kansui den Geschmack: "Dabei handelt es sich um ein spezielles Salzwasser. Chemisch gesehen ist es eine Mischung aus Natriumcarbonat und Kalimcarbonat – ich kaufe es in einer Apotheke."

Japanisches Soulfood: 8 Minuten schlürfen
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Mindestens genauso bekannt sind Udon: In Asien gelten Ramen als chinesisch, Udon sind hingegen die dicksten Nudeln, die es in der japanischen Küche gibt. Das Küchen-Einmaleins lautet: 100 Teile Weizenmehl, 35 Teile Wasser, 3 Teile Salz. Das Mehl darf nur einen geringen Proteinanteil haben. Da der Teig mit den Händen nur schwer zu kneten ist, wird dieser traditionell mit Füßen weich getreten – im industriellen Herstellungsprozess übernehmen Maschinen die Knet-Arbeit. Wenn der Teig ausgerollt ist, wird er mit einem speziellen Messer nach Augenmaß geschnitten: So kommen Udon auf eine stattliche Breite zwischen 2 und 3,9mm.

Genauso außergewöhnlich ist der Kochprozess: Nachdem das Wasser brodelt, kommen die Nudeln hinein, im Anschluss wird mit kaltem Wasser aufgegossen. Nach einem neuerlichen Aufkochen sind die Nudeln fertig. Anders als Ramen schmecken Udon den Japanern auch kalt: Ob in Curry, in einer Suppe oder als Beilage in eine Sauce getunkt – die japanische Küche kennt unzählige Varianten. Die gesellschaftliche Bedeutung von Udon darf in Japan jedenfalls nicht unterschätzt werden: In der Präfektur Kagawa wurde sogar eine eigene Forschungseinrichtung initiiert.

Stäbchen & Löffelchen

Japanisches Soulfood: 8 Minuten schlürfen
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Die vietnamesischen Nationalnudeln werden hingegen oft mit Glasnudeln verwechselt: Vermicelli, ein Lehnwort aus dem Italienischen, sind in Südostasien beliebt. Die dünnen, weißen Nudeln werden aus Reismehl und Wasser hergestellt. Sie sind wichtiger Bestandteil von Pho-Suppe und kalten Sommerrollen. Im Gegensatz zu ihren japanischen Verwandten lassen sie sich für Europäer nur schwer mit Stäbchen essen.

Für alle, die jetzt Lust auf asiatisches Fastfood bekommen haben: Durch Schlürfen kühlen die Nudeln ab, daher immer zuerst mit Stäbchen beginnen und dann erst die Suppe löffeln.

Mochi Ramen Bar, 1020 Wien

Haubenkoch Edi Dimant und Tobi Müller haben es mit ihrem dritten Coup wieder bewiesen: Bereits am Eröffnungstag ihrer Ramen-Bar am Vorgartenmarkt standen die Wiener Schlange. Die Weizennudeln werden hausgemacht, die Suppenbasis besteht entweder aus Hühnerfleisch, Schweinefleisch oder Gemüse. Gewürzt wird mit Sojasauce, Misopaste oder Salz. Gegen Aufpreis gibt es Extra-Toppings.

Info: Mochi Ramen Bar, Vorgartenmarkt 12+29, 1020 Wien, Dienstag bis Freitag 12 bis 21 Uhr

Shoyu, 1010 Wien

Japanisches Soulfood: 8 Minuten schlürfen

Gastronomin Ou Dong und ihr Ehemann, ein ehemaliger IT-Spezialist, haben sich vor wenigen Wochen mit ihrem Lokal nahe des Ronacher selbständig gemacht. Für den Suppenfond kocht das Ehepaar Fleisch, Gemüse und Sojasauce ein – auch für die vegetarische Variante, was Vegetarier wohl weniger freut. Die hausgemachten Ramen werden von Dong mit Eiern verfeinert – viel Umami-Geschmack.

Info: Shoyu, Seilerstätte 10, 1010 Wien, Montag bis Samstag 11 bis 22 Uhr

Karma Ramen, 1050 Wien

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Karma Ramen setzt auf japanische Nudelsuppen.

Igor Kuznetsov ist für den Beginn des Ramen-Hypes in Österreich verantwortlich: Der Quereinsteiger eröffnete Ende 2015 die erste Nudelsuppen-Bar. Als Suppenbasis verwendet er ein Drittel Dashi (Fischsauce aus Thunfisch und Algen) und zwei Drittel Hühnersuppe. Das Mehl mit hoher Typenzahl verleiht den Nudeln einen nussigen Geschmack.

Info: Karma Ramen, Rechte Wienzeile 2A, 1050 Wien, Montag bis Samstag 11:30 bis 14:30 Uhr, 18 bis 23 Uhr (Küche bis 21:30 Uhr)

Ra’mien, 1060 Wien

Noch lange, bevor die Österreicher von Ramen hörten, gab es in Mariahilf heiße Nudelsuppen. Fans der ersten Stunde lieben es, dass Koriander und Sojasprossen im Ra’mien auf einem extra Teller serviert werden. Dank der Größe des Lokals können die Gäste beim Nudelmachen sogar zusehen. Durch die Schlichtheit wirkt das Ambiente des vor 14 Jahren eröffneten Restaurants noch immer modern.

Info: Ra’mien, Gumpendorferstraße 9, 1060 Wien, Dienstag bis Sonntag 11 bis 24 Uhr (Küche: 11:30 bis 17 Uhr und 18 bis 22:45 Uhr, Nudelsuppen 12 bis 15 Uhr und 18 bis 22:45)

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