Modedesignerin: „Ich bin kein Einrichtungsfetischist“

Jana Wieland auf ihrem Lieblingsplatz in der Wohnung – dem Ledersofa, entworfen von Roland Rainer
Für Jana Wieland machen nicht Maßmöbel die Gemütlichkeit aus, sondern das emotional, aus der Stimmung heraus Gestaltete.

Als Jana Wieland die Fotos von ihrer Wohnung nahe des Franz-Josef-Bahnhofs in Wien auf einer Online-Plattform gesehen hatte, dachte sie: „Um Gottes Willen, da kann ich nicht einziehen: Fliesenboden, niedrig und grausig.“ Doch wegen der  Nähe zu ihrem Studio in der Liechtensteinstraße hat sie sich dann doch durchgerungen, das ehemalige Büro, das gerade erst zu einer Wohnung umgebaut worden war, zu besichtigen.

„Ich bin hier rein und es fühlte sich sofort an wie eine angenehme Höhle, es ist perfekt“, sagt Wieland heute. Die Modedesignerin wohnt nun seit zwei Jahren hier, die Möbel sind jedoch erst vor Kurzem eingezogen. „Ich hatte so viel zu tun und war immer nur zum Essen und Schlafen hier“, gesteht die gebürtige Oberösterreicherin. Jetzt werde es aber langsam gemütlich. „Ich bin kein Einrichtungsfetischist, mag das Gefühl nicht, viel Geld und Zeit in die Wohnung zu investieren“, sagt sie. Lieber sei es ihr, immer das Gefühl zu haben, schnell die Zelte abbauen zu können.
 

Modedesignerin: „Ich bin kein Einrichtungsfetischist“

Das schwarze Roland-Rainer-Sofa zählt zu Jana Wielands Lieblingsstücken.

Erinnerungsstücke

Ihren Einrichtungsstil beschreibt Wieland als Gegenreaktion zu dem Stil in ihrem Elternhaus, in dem immer alles komplett aufgeräumt und reduziert war. „Ich habe mir ein bisschen das Gegenteil angewöhnt, ich liebe es, wenn so viele kleine Sachen überall herumliegen“, erzählt die 30-Jährige.

Diese Art des Dekorierens mache das Zuhause auf eine unkomplizierte Art gemütlich, anders als das mühevolle Aufhängen von vielen Bildern. „Mein Wohnstil ist auch verspielter und chaotischer, wärmer und ironischer als mein persönlicher Stil“, sagt Jana. Sie fühle sich wohl, wenn sie herumliegende Dinge sieht, die sie an witzige Leute oder absurde Situationen erinnern – wie etwa ein Buch, das sie auf einem ersten Date bei einer Wanderung geschenkt bekommen hat oder 60er-Jahre-Spielkarten aus einem Vintage-Shop in Tokio.

Modedesignerin: „Ich bin kein Einrichtungsfetischist“

Wieland sammelt bunte Streichhölzer aus aller Welt, etwa aus einer Rock’n’Roll-Bar in Shibuya oder dem Café Korb in Wien. Schwarze Streichholzköpfe fehlen noch

Mit „persönlicher Stil“ meint Jana Wieland das zurückhaltende und uniforme Design ihrer Modeentwürfe, das sich dennoch in ihrem Einrichtungskonzept widerspiegelt. Denn in ihrer Arbeit als Modedesignerin hat sie sich von der konzeptionellen Zugangsweise zu Design, die an Universitäten praktiziert wird, befreit. „Wenn ich ganz intuitiv in Stimmungen eintauche und daraus schöpfe, ist das Endresultat viel schlüssiger, als wenn ich zu viel darüber nachdenke“, sagt sie.

Modedesignerin: „Ich bin kein Einrichtungsfetischist“

Die Bluse stammt aus Wielands Kollektion.

Sie würde nie eine Ecke ausmessen und das passende Möbelstück dafür suchen – vielmehr ist es ein meist in der Nacht intuitives Herumräumen aus der Emotion heraus.  Den konträren Einrichtungsstil hat Jana Wieland in Japan kennen gelernt, wo ihre Mode in mehreren Showrooms präsentiert wird. „Dort ist alles extrem durchdacht. Aber die Japaner haben durchschaut, wie man Wohlbehagen erzeugt, auch wenn man sehr limitiert in der Wohnfläche ist“, sagt die Wahlwienerin.

Modedesignerin: „Ich bin kein Einrichtungsfetischist“

Couch plus Freundschaft

In ihrer Zweizimmerwohnung hat Jana Wieland einen Rückzugsort, den sie besonders ins Herz geschlossen hat: die Ecke auf der Couch, nahe dem Fenster. Fast ein Jahr hat sie auf diversen OnlinePlattformen gesucht, um ein passendes Sofa zu finden. Als sie dieses Roland-Rainer-Modell auf Willhaben gesehen hatte, das in den 60ern handgemacht in Wien entstanden ist, wusste sie, dass es das sein muss.

„Beim Besichtigungstermin habe ich mich so gut mit dem Besitzer verstanden, wir sind 2,5 Stunden in der Küche gesessen und haben Prosecco getrunken“, sagt die Designerin und lacht. Auch heute treffe sie sich immer wieder mit ihm, um über Kunst zu sprechen. Auf derselben Plattform hat Wieland einen alten Lehrertisch von Thonet ergattert, der ihr jetzt als Esstisch dient. Für den Transport hat sie damals ein Taxi gerufen, der Fahrer war jedoch verzweifelt und wollte sie ob der Größe des Möbelstücks nicht mitnehmen. „Aber ich habe ihn um den Finger gewickelt, bis er die Sitze aus dem Auto genommen und mich und den Tisch heimgebracht hat“, erzählt Wieland, sichtlich amüsiert über diese Begegnung.

Modedesignerin: „Ich bin kein Einrichtungsfetischist“

Heute verbringt sie die meiste Zeit beim Essen jedoch gar nicht am Tisch, sondern daneben, am Teppich sitzend. „Ich habe schon immer eine Bodenvorliebe, aber seit ich Modedesign studiert habe, brauche ich so viel Platz  – da beginnt man, alles am Boden zu machen: zuschneiden, zeichnen“, sagt sie. Seitdem arbeite sie irrsinnig gern am Boden. „Das beruhigt und erdet mich“, sagt Wieland, die genauso Ruhe ausstrahlt wie ihre Wohnung.

Modedesignerin: „Ich bin kein Einrichtungsfetischist“

Die kleinen Details – wie das Foto von Sängerin Björk – machen für die Modedesignerin Behaglichkeit in der Wohnung aus. Das ist ihr auch wichtiger als eine komplett aufgeräumte Wohnung.

2016 hat Modedesignerin und Model Jana Wieland ihr gleichnamiges Modelabel gegründet. Dafür kreiert sie Damenmode mit bewegten Formen, die den weiblichen Körper sanft in Eleganz einhüllen. Oversize und PyjamaReferenzen sind wiederkehrende Merkmale der Kollektionen. Produzieren lässt die Designerin unter fairen Bedingungen in der Ukraine und in Österreich. Erhältlich sind die Kleidungsstücke in Shops wie Nachbarin oder Unikatessen sowie in Boutiquen in Japan un Berlin. Für ihr Schaffen hat Wieland 2018 den Modepreis der Stadt Wien erhalten.

www.janawieland.at

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