Zuhause bei Laura Karasinski: Immer auf der Jagd nach Unikaten

Im Wohnzimmer vermischen sich Vintagemöbel mit Designklassikern wie dem Acapulco Chair und einer Castiglioni-Stehlampe
Ihr Zuhause, das sie liebevoll „ältere Dame“ nennt, gleicht einer Schatzkammer voller Raritäten und Designklassiker.

„Alles, was gute Laune macht und mein Herz anspricht, ist in der Wohnung zu finden. Ganz egal, wie neu, alt, teuer, gut oder schlecht gemacht es ist“, beschreibt Karasinski ihren Einrichtungsstil. In Wien ist die 29-Jährige als Gestalterin mit einem holistischen Designanspruch gerade nicht wegzudenken, sie konzipiert gemeinsam mit ihrem Team vom Designbüro Atelier Karasinski den Gesamtauftritt für Lokale wie den Adlerhof, Motto oder Salon Campari am Opernball. Falls die Kreativdirektorin für ihre Projekte nicht die Möbel findet, die sie sich vorstellt, entwirft sie diese auch manchmal selbst – wie etwa „The Ladybug“, einen Cocktailtisch mit Hausbar und drehender Platte für mehr soziale Interaktion.

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Die Messing-Hängelampe hat die 29-Jährige selbst designt.

Wenn sich die schwere Altbautür im zweiten Stock öffnet, offenbart sich kein gewöhnliches Vorzimmer, sondern eine Galerie mit unzähligen Kunstwerken. Auf der korallfarben gestrichenen Wand hängen Werke von befreundeten Künstlerinnen, ein altes Poster von Yves Saint Laurent zum Thema Liebe, Stiche von Egon Schiele, eine Zeichnung eines Londoner Straßenkünstlers. Dieser Raum repräsentiert gleich beim Eintreten die Welt von Laura Karasinski, die so bunt ist und unterschiedliche Stile diverser Epochen abbildet.

Auch in ihrem Refugium im achten Wiener Gemeindebezirk sind von ihr designte Möbelstücke zu finden – wie etwas die aus Messing gefertigte Hängeleuchte im Vorzimmer oder der Kleiderschrank mit beleuchtetem Innenraum. Privater Rückzugsort ist Laura Karasinskis Zuhause allerdings noch nicht lange. Acht Jahre lang fungierten zwei Zimmer der 150--Wohnung als Büro, Meetingraum und Studio, bis zu fünf Mitarbeiter gingen täglich ein und aus. Damit ist seit der Eröffnung des Büros in der Piaristengasse Schluss.

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Die Lampe stammt aus einer Verlassenschaft, darunter  japanische Vintage-Kokeshi-Puppen.

Für den frei gewordenen Platz hat die Designerin jedoch schon konkrete Pläne: Gerade ist ein großer Esstisch aus den 20er-Jahren mit zwei riesigen Muschelskulpturen, auf denen die Glasplatte liegt, am Versandweg nach Wien. Laura hat ihn auf der Online-Plattform Etsy gefunden. Dieser wird im Zentrum des frei gewordenen Raumes stehen, umrahmt von möglichst vielen unterschiedlichen Stühlen. „Ich will nicht alle gleich haben“, sagt Karasinski und betont die Wichtigkeit des Individuellen für sie.

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Neu im Salon: Ein Historismus-Schrank aus der Sargfabrik

Gerade frisch eingezogen im baldigen Esszimmer: ein dunkelbrauner Historismus-Schrank aus dem Sale des Vintage-Ladens „Glasfabrik“ und eine Ottomane, die ein Antiquitätenhändler über die Online-Plattform Willhaben verschenkt hat. Karasinski schätzt, dass 80 Prozent ihres Mobiliars secondhand oder sogar „thirdhand“ sind. „Wenn schon etwas besteht, dann brauche ich es nicht neu kaufen“, sagt sie und verweist auf den Nachhaltigkeitsaspekt, der ihr auch in ihrer Arbeit wichtig ist. Und es mache mehr Spaß, auf die Jagd nach Unikaten zu gehen, ergänzt sie.

Fundstücke

Laura Karasinskis Wohnung ist gespickt mit originellen Details, Erinnerungen an Reisen und vergangene Zeiten – wie etwa eine Vase aus den 50ern, die sie als ihr Lieblingsstück bezeichnet. „Ein sehr sentimentales Stück, das mich schon mein ganzes Leben begleitet“, sagt sie. Die Vase aus gebranntem Ton mit eingravierten Illustrationen ist ein Erbstück ihrer polnischen Großeltern, die darin ihre Plastiksackerln aufbewahrten. Immer wenn sie als Kind zu Besuch war und sie in den Wald Schwammerl suchen gingen, zupfte sie eine Tasche raus.

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Laura Karasinskis Lieblingsstück ist die alte Vase ihrer Großeltern.

Und noch eine Verbindung hat die Wienerin zu einem, oder besser gesagt mehreren Dekorationsgegenständen: Sie sammelt Zebras. Ob als Schaukelzebra oder Skulpturen. „Zebras sind mein Totem. Sie sehen schlecht, aber können achtmal härter kicken als Pferde – so wie ich“, sagt sie und lacht, während ihr Blick schon auf eine weitere Sammelleidenschaft fällt: Lampen.

Besonders die Wandleuchten des deutschen Designers Ingo Maurer aus den 70ern faszinieren sie. Die Modelle namens „Uchiwa“, von denen sie drei Stück besitzt, bestehen aus Bambus und Reispapier. Alltagsgegenstände, die zu Möbelstücken transformiert werden, hält sie für eine besonders smarte Idee.

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Ihre Vorliebe für Palmenhäuser hat auch das Durchgangszimmer zu Küche und Bad in eines verwandelt.

Arbeitsroutine

An sich selbst hat Laura Karasinski bei ihrem Job den Anspruch auf ein Gesamtkunstwerk. „Mir ist die olfaktorische Erfahrung wichtig, wie ich sitze, wie sich das Material anfühlt, wie die Lichtstimmung ist“, berichtet sie aus ihrem Arbeitsalltag, der auch in ihren eigenen Wohnstil einfließt. Neonröhren beispielsweise würde es bei Laura Karasinski zu Hause nicht geben. „Architektur, hat mir mal jemand gesagt, ist nichts anderes als Malen mit Licht“, sagt die Kreativdirektorin.

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Die Tapete im Schlafzimmer erzählt  Geschichten aus  französischen Schlössern vergangener Tage

Sie finde es schade, dass kaum jemandem die Fragilität dieses Themas bewusst sei. Umso mehr schätzt sie, dass ihre Wohnung Fenster in alle vier Himmelsrichtungen hat und somit sehr hell ist. Als Nächstes steht die Behübschung des Balkons an, aber auch die Umgestaltung der Küche juckt Karasinski bereits in den Fingern. „Ich mag sie sehr, aber man könnte sie viel ergonomischer gestalten“, sagt sie und stellt sich eine Kücheninsel vor. Der blaue Bauernschrank, den die Vormieter zurückgelassen haben, müsste dafür allerdings weichen.

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Der blaue Bauernschrank ist noch von den Vormietern in der Küche.

Faible für Tradition

Die Faszination für Design vergangener Jahrzehnte zeigt sich nicht nur in Karasinskis Vorliebe für österreichische Traditionsmarken wie Thonet, Lobmeyr und Auböck sowie in den unzähligen Vintagestücken in ihrem Zuhause, sondern auch in der Wohnung selbst. Als „ältere Dame“ bezeichnet Laura Karasinski ihre Herrschaftswohnung, in der vor ihr eine Familie von Burgtheaterschauspielern residiert hat.

„Es ist arg, das Haus ist mindestens 100 Jahre alt, was das alles erlebt hat, welche Leute hier gewohnt haben“, sagt die Designerin und gerät ins Schwärmen. Immer wieder entdeckt sie verbaute Durchgänge, baut in Teile davon Kästen ein und setzt so optische Highlights im Raum. „Hier zu wohnen ist eine ganz andere Energie, der Altbau ist wie ein eigener Charakter mit guten und schlechten Seiten“, sagt sie.

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Die Singer-Nähmaschine aus dem Caritas-Lager hat Karasinski mit einem neuen Waschbecken zu einem Designobjekt verwandelt.

Diese Wohnung setzt aber auch einen harten Kontrast zu der Wohnhausanlage in Floridsdorf, die Architekt Harry Glück gestaltet hatte und in dem Laura Karasinski großteils aufgewachsen ist. „Durch den Beruf meiner Eltern habe ich viel Zeit meiner Kindheit auf Baustellen verbracht. Deswegen stammen viele meiner Kindheitsfotos – wie das erste Mal Radfahren oder Schwimmen – von Baustellen“, sagt sie und lacht. „Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich das bis heute mache – meine Zeit auf Baustellen verbringen.“

Laura Karasinski gründete mit 21 Jahren noch während ihres Studiums an der Universität für Angewandte Kunst in Wien das Atelier Karasinski. Zu ihren Auftraggebern zählen namhafte österreichische Firmen und Künstler wie André Heller, Susanne Widl und James Hersey sowie internationale Konzerne wie Louis Vuitton, L'Oréal oder die Campari Group, für die Karasinski mit ihrem Team u. a. Inneneinrichtungen, Designkonzepte, Logos, Websites und Verpackungen entwirft. 2015 bekam die Wienerin den „Woman of the Year“-Award, das Jahr darauf landete sie auf der Liste „Forbes 30 under 30“.
www.atelierkarasinski.com

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