Was Louis Vuitton mit einem tennisballgroßen Rohdiamanten vorhat
Nur einige wenige geladene Gäste durften ihn bestaunen. In seiner Filiale am Pariser Place Vendôme präsentierte das Modehaus Louis Vuitton in den vergangenen Tagen seine neueste Errungenschaft: den zweitgrößten Rohdiamanten der Welt. Vergangenes Jahr in der Karowe Mine in Botswana gefunden, wiegt Sewelô satte 1.758 Karat (ca. 352 Gramm) und ist damit ungefähr so groß wie ein Tennisball.
Wieviel das französische Luxusunternehmen für diese Rarität bezahlt hat, will CEO Michael Burke nicht verraten. Das Investment wird von internationalen Medien auf 50 Millionen US-Dollar geschätzt – und ist ein gut durchdachtes.
Zwar produziert Louis Vuitton seit 2009 High-Jewellery-Kollektionen, also Schmuck aus besonders wertvollen Edelsteinen, jedoch konnte die Firma in diesem Segment nie so recht mit Platzhirschen wie Cartier oder Chopard mithalten.
Image aufpolieren
Das soll sich dank dem Sewelô ("seltener Fund" in der afrikanischen Sprache Setswana) nun ändern. "So ein Kauf ist Teil einer sehr klugen Marketing-Strategie", sagt Juwelier Oliver Heemeyer im Gespräch mit dem KURIER. Louis Vuitton war in den vergangenen Jahren ein eher unscheinbarer Akteur in der Diamantindustrie. „Was liegt da näher, als mit einem einzigartigen Fund eine Image-Korrektur vorzunehmen?“
Mit den weltweiten Schlagzeilen rund um den Ankauf dürfte Louis Vuitton also sehr zufrieden sein, nun heißt es, die Crème de la Crème der eigenen Kunden zufrieden zu stellen. Auf Basis des tennisballgroßen Steins sollen individuelle, nach Wunsch gefertigte Schmuckstücke entstehen, heißt es vonseiten der Firma. "Es gibt genügend Menschen, die bereit sind, sehr viel Geld für solche Anfertigungen auszugeben", weiß Heemeyer.
Ist ein Kunde gefunden, wird der kostbare Stein die Reise nach Antwerpen antreten, wo ihn die renommierte Diamantenmanufaktur HB Company zerteilen wird. Heemeyer: "Kein Riesendiamant, der jemals gefunden wurde, ist in seiner ursprünglichen Größe geblieben."
Gute Investition
Der 1905 entdeckte, mit 3.106 Karat weltweit größte Rohdiamant namens Cullinan wurde in neun Teile zerteilt (Bild unten). Sie wurden in die britischen Königsjuwelen eingearbeitet. "Auch beim Sewelô ist davon auszugehen, dass Louis Vuitton versuchen wird, zunächst einen möglichst großen Stein zu erhalten", sagt Stefan Nikl, Präsident des Diamantclub Wien.
Woher das Unternehmen vor dem Kauf wissen konnte, ob sich im Inneren des mit schwarzem Kohlenstoff bedeckten Diamanten die erhoffte Edelsteinqualität verbirgt? "Experten können das mittels eines kleinen hineingeschliffenen Sichtfensters beurteilen", erklärt Oliver Heemeyer. Durch dieses wurde der Sewelô vorab gescannt – die sprichwörtliche Katze im Sack wurde also nicht gekauft.
Dennoch bleibt ein gewisses Restrisiko: Wie groß der makellose Teil ist, steht laut Louis Vuitton noch nicht fest. Klar ist jedoch: Mindestens ein überdurchschnittlich großer Edelstein wird in Form eines extravaganten Schmuckstücks in private Hände gehen. Ob die Öffentlichkeit dieses jemals zu Gesicht bekommen wird, bleibt abzuwarten.
Viele Kunden erwerben laut Oliver Heemeyer Diamanten als Anlage. "Große Steine werden jedoch sehr wohl auch getragen", weiß der Juwelier. "Käufer sehen sie nicht nur als Investition." Die Faszination am Diamanten werde niemals erlöschen. "Er wird immer Luxus verkörpern – auch weil er mit Emotionen verbunden ist."
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