Jeder kann es
Während seines Aufenthalts in der französischen Hauptstadt widmete sich James Heeley auch zunehmend seiner Kunst: aus Zink gefertigte Vasen, die in einem Blumenladen verkauft wurden. Dort erlebte der Brite eines Tages seinen Aha-Moment: "Es roch in dem Laden so unglaublich gut, ich dachte es sind Blumen. Es war jedoch ein Duft, den eine Parfümeurin extra für den Blumenhändler kreiert hatte."
Heute gehört James Heeley zu den erfolgreichsten Nischen-Parfümeuren der Welt. Wie man das ohne eine spezielle Ausbildung schafft? Laut dem Briten kann jeder einen Bestseller-Duft kreieren, sobald er ein gewisses Grundwissen über Inhaltsstoffe und wie sie zusammenspielen erworben hat.
"Ich glaube nicht an eine übernatürliche Gabe, die man für diesen Job haben muss", sagt der Experte. "Wenn du ein Maler werden willst, kannst du es erlernen. Ob du dann ein erfolgreicher Maler wirst, hängt dann aber von deiner Hingabe ab."
Angst vorm Mundwasser
James Heeleys Leidenschaft zahlte sich aus. Bei seinem ersten Parfum, das 2001 entstand, habe er "keine Ahnung gehabt", was er da tat. Gut wurde es dennoch, auch weil er von Anfang an lernte, nicht auf die Meinung anderer zu zählen. Bei seiner Debütkreation sollte Minze im Mittelpunkt stehen – und das Endergebnis sowohl am Körper als auch zur Raumbeduftung verwendet werden können.
Beim Gedanken an die anfänglichen Reaktionen kommt der gebürtige Brite noch heute ins Schmunzeln: "Man hat mir von Minze abgeraten, weil man es mit Mundwasser verwechseln könnte." Noch heute zählt ein Duft mit Minze als Hauptingredienz zu seinen Bestsellern.
Seine wohl außergewöhnlichste Komposition trägt den Namen "Bubblegum Chic". Auf die Frage, ob wirklich jemand nach Kaugummi riechen will, antwortet der Parfümeur: "Ein Duft mit diesem Namen ist sicher manchmal schwierig zu verkaufen."
Aber genau daran habe ihn der Mix aus einem seiner Lieblingsinhaltsstoffe, Jasmin, und Tuberose und weißem Moschus sofort erinnert. Wem der an Erdbeere erinnernde Duft zu extravagant erscheint, der kann sich durch Heeleys andere, meist sehr frische Parfums proberiechen.
Regeln brechen
Das Business des Autodidakten läuft mittlerweile so gut, dass in Kürze in Paris der erste "Heeley Parfums"-Store eröffnen wird. Dass Nischenparfums wie seine, also Produkte von unabhängigen, kleinen Manufakturen, in den vergangenen Jahren immens an Popularität gewonnen haben, erklärt sich der Autodidakt unter anderem am wachsenden Wunsch nach Individualität.
Heeley: "Hinter den meisten Düften, die früher lanciert wurden, steckte vor allem viel Marketing. Den Kunden wurde ganz klar vermittelt, was ein Parfum zu verkörpern hatte. Aber viele dachten sich vielleicht: Was, wenn ich diese Person nicht bin?"
Nischendüfte stechen schon alleine dadurch heraus, dass sie nicht in Geschlechter-Kategorien unterteilt werden. "Es gibt natürlich Düfte, die femininer als andere sind", erklärt James Heeley, noch immer über seine große Schüssel Ramen gebeugt. "Das heißt aber nicht, dass ein Mann nicht einen femininen Duft tragen kann. Kunden werden immer mutiger und verstehen zunehmend, dass Regeln dazu da sind, um gebrochen zu werden."
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