Es gibt Düfte, die polarisieren – nicht alle Menschen lieben Patchouli. Auf andere wiederum können sich ziemlich viele Menschen einigen: So gibt es den altbekannten Maklertrick, am Tag einer Hausbesichtigung in der Küche einen Apfelkuchen zu backen. Interessenten werden sich unverzüglich an ihre Kindheit erinnern und zu Hause fühlen. Zu den beliebten Düften, die nach früher riechen, gehört auch Vanille. Als mir Dirnbacher einen Tropfen davon für meine Duftmischung vorschlägt, entfährt mir zunächst ein „Nein danke, ich will doch nicht nach Vanillekipferl riechen!“ Doch wie immer ist’s die Dosis, die entscheidet. Tatsächlich, Vanille passt. Und natürlich kann Vanilleöl vielmehr, als Erinnerungen an Backstuben auszulösen: Es vertreibt Mattheit und macht gute Laune. Kann nicht schaden.
Als ich Lisa Dirnbachers Duftpraxis betrete, bin ich neugierig: Wird sie mir an der Nasenspitze ansehen, welcher Duft zu mir passt? Bin ich ein Rosen- oder ein Melissentyp? Oder doch mehr die herbe Angelika? Sagen wir so: Dass ich nicht der blumige Typ bin, hat sie gleich geahnt.
Wer das erste Mal zu Lisa Dirnbacher kommt, wird ausführlich nach seinen Anliegen befragt: Gibt es Stresssymptome oder Schlafstörungen? Liegen Allergien vor? Andere gesundheitliche Auffälligkeiten? Wer etwa hohen Blutdruck hat, sollte Rosmarinöl meiden, denn dieses bringt den Kreislauf erst recht in Schwung.
Nach der gesundheitlichen Bestandsaufnahme wird gemeinsam eine Duftmischung, basierend auf natürlichen ätherischen Blüten- und Kräuterölen, zusammengestellt. Daraus fertigt Dirnbacher auf Wunsch Raumspray, Körperduft oder Balsame an. Ziel ist, die Gesundheit mit natürlichen Pflanzenwirkstoffen zu stärken. Und natürlich gut zu riechen. Der große Unterschied zu industriellen Parfüms ist, dass für diese meist synthetische Inhaltsstoffe verwendet werden.
In Dirnbachers Duft- und Kräuterpraxis kommen ausschließlich naturreine Produkte zur Anwendung. Die Herstellung dieser Öle ist aufwendig – die Aromapraktikerin rät entschieden davon ab, die hoch konzentrierten Öle pur zu verwenden. Für einen Liter Rosenöl werden rund fünf Tonnen Rosenblüten benötigt, die vor Tagesanbruch geerntet werden müssen. Ein Tropfen Rosenöl enthält rund 30 Rosenblüten. Doch Rosen, das werden wir sehen, kommen mir ohnehin nicht ins Fläschchen. Was dann? Mit Schlafstörungen oder außergewöhnlichen Stresssymptomen kann ich heute nicht aufwarten. Was ich will, ist einfach unvergleichlich gut zu riechen. Auch ohne spezifischere Angaben braucht Dirnbacher nur wenige Riechproben, um uns auf die Spur des richtigen Parfums für mich zu bringen.
Bergamotte, ein Hybrid aus süßer Limette und Bitterorange, wird als erste Essenz für mich feststehen. Nach meinem entschiedenen Nein zur Rose kommen nach anfänglicher Skepsis auch noch wenige Tropfen Vanille dazu. Die kostbare Bitterorangen-Essenz entlockt sogar dem Fotografen ein anerkennendes Brummen: Ich bin begeistert, Neroli muss sein, auch wenn es bei uns Pomeranze heißen mag. Nicht sofort spricht mich die Angelikawurzel an, erst das zweite Schnuppern überzeugt. Zur Abrundung kommen zuletzt ein Paar Tropfen grasgrüne Zitronenverbene in das Duftfläschchen, das ganz allein für mich gemacht wurde.
Info: feinfühlen Kräutermanufaktur & Duftpraxis. Lisa Dirnbacher. Eine einstündige Beratung samt Duft kostet ca. 90 Euro. praxis@feinfuehlen.at. Telefon: 0664 22 70 710. Neulerchenfelder Str. 40, 1160 Wien. feinfuehlen.at
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