Eine moderne Welt, in die auch Amanda Gorman, 22, perfekt passt: Die afroamerikanische Lyrikerin, die am Inauguration Day mit gelbem Prada-Mantel und hoffnungsvoller Poesie aufgefallen war, hatte kurz vor Emhoff ebenfalls bei IMG unterschrieben. Im Netz wurden die beiden rasch zu den neuen Ikonen ihrer Generation erklärt – einer Generation, in der Modelmaße, Stupsnase und Traummähne à la Ivanka Trump längst nicht mehr alles sind.
„Ella und Amanda sind zweifellos coole junge Frauen, mit Persönlichkeit und einem eigenen Look, physisch und modisch“, sagt Roberta Manganelli von der Wiener Agentur Stella Models. Sie kennt die Branche seit Jahrzehnten und weiß, wie sich die Ansprüche der Designer verändert haben. „Marken wie Gucci setzen in ihren Social-Media-Kampagnen – denn die sind wichtiger geworden als klassische Anzeigen – verstärkt auf moderne Frauen mit Charakter und Merkmalen, die nicht dem klassischen Modelbild entsprechen.“ Gefragt sei „immer mehr Außergewöhnliches, auch im Sinne von Diversity“.
Ein Trend, der sich auch bei den Haute-Couture-Schauen im Jänner bemerkbar machte: Das junge New Yorker Label Area schickte das schwarze Plus-Size-Model Precious Lee im silbernen Glitzerkleid über den Laufsteg, Fendi setzte auf Frauen jenseits der fünfzig, darunter die Schauspielerin Demi Moore.
„Nodels“, also „Non-Models“, nennt die Branche den Trend zum Anti-Mannequin – und der ist nun sogar bei Heidi Klum und ihrer Castingshow „Germany’s Next Topmodel“ angekommen.
Nachdem der 47-Jährigen jahrelang vorgeworfen war, Magerkörper zu glorifizieren und Jugendliche in Essstörungen zu treiben, ist in Staffel 16 (ab Donnerstag, 4. Februar auf ProSieben) alles anders. „Personality“ lautet die einzige Vorgabe, unter den 31 „Meeedchen“ findet sich eine Transfrau, eine Kandidatin unter 1,60, ein ehemaliges Flüchtlingskind und ein Plus-Size-Model. Auch die Altersgrenze wurde ausgemistet, wobei die älteste Kandidatin zarte 25 ist.
In Zukunft wünscht sich Klum noch mehr Diversität: „Models mit Behinderung sehen wir immer noch zu wenige“, klagte die Deutsche bei einer Pressekonferenz anlässlich des Staffelstarts. Die Teilnahme der gehörlosen Maria und der 20-jährigen Chanel, deren Körper mit Narben übersät ist, soll Offenheit signalisieren und in künftigen Staffeln mehr Mädchen mit vermeintlichem Handicap zum Casting locken.
Die Bewegung in der Branche habe nach anfänglicher Skepsis auch Emhoff dazu bewogen, den Modelvertrag zu unterzeichnen, erzählte sie der New York Times. Die Aufmerksamkeit möchte sie nutzen, um ihre gestrickten Accessoires für den guten Zweck zu verkaufen und wichtige Themen wie Nachhaltigkeit anzusprechen. Models ohne Message? So was von last Season.
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