Wo Kinder auf der Gewinnerseite stehen

Kniffelspaß für kluge Köpfe: Bei Rim (im Vordergrund) und den anderen Kindern steht "Vier gewinnt" hoch im Kurs.
In den Lernhäusern bekommen Kinder mehr als nur Hilfe bei den Hausübungen.

Mit einem leisen Klacken kommt der gelbe Spielchip in der blauen Rasterwand zu liegen. "Vier gewinnt!", ruft Rim und klatscht vor Freude in die Hände. Rim ist elf Jahre alt. Seit mittlerweile zwei Jahren kommt sie jeden Tag nach der Schule ins KURIER-Lernhaus im 15. Wiener Gemeindebezirk. Seit 2011 werden dort Schülerinnen und Schüler sowohl nachmittags (für 6 bis 12-Jährige) als auch abends (11 bis 15-Jährige) betreut.

Das Angebot des Lernhilfeprojekts richtet sich an Kinder aus bildungsfernen Familien, die sich Nachhilfe nicht leisten können. Dabei stellt das Lernhaus keine Konkurrenz zur Schule, sondern ein zusätzliches tägliches Angebot dar. In Kleingruppen lernen die Kinder, machen ihre Hausübungen und üben für Schularbeiten und Tests. "Insgesamt haben wir nachmittags und abends 58 Plätze zur Verfügung und die vergeben wir auch immer alle, weil es einfach eine enorme Nachfrage gibt", sagt Miriam Frühstück, die seit 2017 als pädagogische Leiterin in der Nachmittagsbetreuung im Lernhaus arbeitet.

Der Bedarf ist also da – und das verwundert auch nicht: Was aus Kindern wird, hängt in Österreich hauptsächlich vom Bildungsstand ihrer Eltern ab: Acht von zehn Kindern erreichen höchstens den Bildungsabschluss der Elterngeneration. Rund 4.000 Kinder brechen zudem hierzulande jährlich die Pflichtschule ab. Um das zu ändern, bräuchte es mehr Initiativen wie das Lernhaus – und finanzielle Mittel dafür –, ist Frühstück überzeugt. "Es wäre schön, wenn es viel mehr Orte geben würde, wo sich Kinder wie hier wohlfühlen und entfalten können. Und wo es keine Rolle spielt, woher sie kommen und wer ihre Eltern sind."

Wo Kinder auf der Gewinnerseite stehen

Im KURIER-Lernhaus können Kinder spielen und lernen.

Soziale Teilhabe

Das Lernhaus versteht sich nicht nur als reine Lernbetreuungsstelle, sondern möchte Kindern auch einen sozialen Rahmen bieten. "Denn auch in diesem Bereich schauen Kinder oft durch die Finger", weiß Frühstück. Und das heißt: Auch Spiel und Spaß kommen im Lernhaus nicht zu kurz. Im Bewegungsraum, wo Rim mit ihren Freundinnen am liebsten Handstand und Radschlagen übt, können sich alle Kinder nach Herzenslust austoben. In der angrenzenden Küche steht eine Stärkung für die Mädchen und Burschen bereit. Neben dem Angebot im Lernhaus selbst, ermöglicht das Projekt auch Aktivitäten außerhalb des Standortes in der Schwendergasse. Bei gemeinsamen Ausflügen, etwa in den Dschungel Wien oder zum Nalela Kinderbauernhof, wächst die Gruppe zusammen. Kinder, deren Familien sich solche Freizeiterlebnisse sonst nicht leisten können, erleben soziale Teilhabe.

Wie viele Lernhilfeeinrichtungen ist auch das Lernhaus auf Spenden angewiesen. "Vergangenes Jahr konnten wir alle dank einer Spende in den Familypark in Sankt Margarethen im Burgenland fahren. Solche unvergesslichen Erfahrungen wären ohne finanzielle Zuwendungen unmöglich", sagt Frühstück.

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Für Lernhaus-Betreuer Michael heißt mithelfen auch mitspielen.

Aufgaben meistern

Rim kommt nicht nur zum Spielen ins Lernhaus. Sie ist auch froh, dass die Betreuerinnen und Betreuer sie bei den Hausübungen unterstützen: "Mathe ist echt schwer und ich würde es nicht schaffen ohne Hilfe." Außerdem sei es "cool, dass am Abend, wenn man nach Hause geht, alles fertig ist, und man chillen kann". Auf einem anderen Tisch am Ende des Aufenthaltsraumes wird eifrig Bingo gespielt. Dort hat Michael, der seit einigen Monaten jeden Mittwoch als Freiwilliger in der Nachmittagsbetreuung mithilft, alle Mühe sich gegen die cleveren Kids durchzusetzen.

Für den gebürtigen Oberösterreicher, der an der Pädagogischen Hochschule studiert, ist sein ehrenamtliches Engagement eine Bereicherung: "Für mich ist es zum einen natürlich zusätzliche Praxis für meine Ausbildung, zum anderen ist es schön, wenn man anderen helfen kann. Ich habe das Glück, dass ich finanziell nicht darauf angewiesen bin, somit ist es für mich selbstverständlich, dass ich hier freiwillig mithelfe." Gebraucht wird Michael jedenfalls: "Gerade bei den Hausübungen merkt man, dass es bei den meisten ohne Unterstützung nicht gehen würde." Michael ist auch eine Bereicherung für das Lernhaus: "Ich bewundere jeden Menschen, der ehrenamtlich tätig ist. Neben dem Job oder der Ausbildung ist das oft ein ordentlicher Spagat, den man hinlegen muss im Alltag", sagt Frühstück, die die Vielfalt und Gestaltungsmöglichkeit an ihrer Arbeit schätzt.

Rim, die eine Neue Mittelschule besucht und später einmal Zahnärztin werden will, wird auch kommendes Jahr ins Lernhaus kommen. "Weil ich immer Spaß habe hier", sagt sie und lässt mit einem Handgriff die bunten Spielchips aus dem Raster rasseln. "Und jetzt noch eine Runde!"

Die Idee 
Das Lernhaus von KURIER Aid Austria unterstützt kostenlos an neun Standorten Kinder bei den Hausübungen und Vorbereitungen für Schularbeiten. Neben Wien, Bruck/Leitha, Gänserndorf, Herzogenburg, Neunkirchen, Tulln und Mödling gibt es auch Tiroler Standorte in Wörgl und Kufstein. Derzeit werden rund 205 Kinder zwischen 6 und 15 Jahren unterstützt. Betrieben werden die Lernhäuser vom Roten Kreuz.

Sponsoren 
Neben Kleinspendern gibt es Großsponsoren wie Raiffeisen Wien/NÖ, UNIQA, die österreichische Bauwirtschaft, Agrana, EVN, OMV und Knorr- Bremse. 

Spendenkonto: Raiffeisenbank Int. IBAN: AT71 3100 0000 0099 9995

Die Spenden können von der Steuer abgesetzt werden. Mehr unter: KURIER.at/lernhaus

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