Gehörlose Eltern: „Wir dachten, unsere Eltern wären Aliens“

Gehörlose Eltern: „Wir dachten, unsere Eltern wären Aliens“
Die Autorin Claudia Durastanti hat einen Roman über ihre gehörlosen, rebellischen Eltern geschrieben.

Was bedeutet Sprache, wenn man zwischen Menschen aufwächst, die sich weigern, die Sprache der anderen zu erlernen? Autorin Claudia Durastanti im Interview über Eltern und andere Außerirdische.

KURIER: Sie sind als Kind gehörloser Eltern zwischen New York und Süditalien aufgewachsen. Was bedeutet Muttersprache für Sie?

Claudia Durastanti: Elias Canetti sagte sinngemäß, Sprache ist eine Mutter und Mutter ist eine Sprache. Ich wuchs zwischen Menschen auf, die keinerlei Sprache gut beherrschten. Meine Großeltern sprachen kaum Italienisch, sondern einen eigenen süditalienischen Dialekt. Englisch lernten sie nie. Meine Eltern waren gehörlos und verweigerten Gebärdensprache. Meine Mutter hat mich dazu gebracht, dass ich eine sehr ausgeprägte Körpersprache entwickelt habe, auch eine Form von Sprache.

Warum lehnten Ihre Eltern Gebärdensprache ab?

Sie wollten nicht auffallen. Tatsächlich fielen wir als Familie noch viel stärker auf, weil wir unsere eigenen, sehr expressiven Gesten entwickelten. Später bin ich draufgekommen, dass in dieser eigenen Sprache auch eine Schönheit liegt. Als Autorin kommt mir der ungewöhnliche Zugang zur Sprache zugute. Aber als Kind wollte ich wie alle sein, „normal“. Dieses Buch ist eine Rückkehr und auch eine Hommage an meine Muttersprache im wörtlichen Sinn, die vielfältige Sprache meiner Mutter.

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