Dass wir da und dort im Alltag, vor allem aber bei Treffen mit uns nahe stehenden Menschen, verhaltenstechnisch verunsichert sind, ist kaum verwunderlich, schickt Georg Hafner, Klinischer und Gesundheitspsychologe, voraus. "Jeder greift auf einen anderen Wissensstand zurück, wir neigen dazu, uns Quellen zu bedienen, die unsere Sicht der Dinge bestätigen. Expertenmeinungen sind leider auch nicht immer eindeutig und nicht alle konsumieren regelmäßig Medien."
Dort dargebotene Corona-Informationen interpretiere wiederum jeder individuell: "Menschen agieren basierend auf ihren eigenen Werten und Überzeugungen. Manche haben ein größeres Sicherheitsbedürfnis, andere gehen lockerer mit dem neuen Virus um. Das kann beispielsweise vom Alter oder der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe abhängen."
Wird, wie bei Freunden und Verwandten üblich, die Beziehungsebene tangiert, kann das Konflikte auslösen. "Wenn die Oma nach all den Entbehrungen den Wunsch verspürt, endlich die Enkelkinder wieder halten zu dürfen, die eigene Tochter ihr das aber aus gut gemeinten Gründen verwehrt, kann das zu emotionaler Kränkung führen." Umso wichtiger sei eine offene und direkte Kommunikation, um die eigenen Bedürfnisse und Gedanken zu transportieren – und enttäuschtem Zwist vorzubeugen.
Weil die Pandemie unser Leben auf den Kopf gestellt hat, ist das Thema emotional besetzt. Wer sich im Umfeld auf Diskussionen dazu einlässt, muss mit Meinungen rechnen, die nicht der eigenen entsprechen. "Als soziale Wesen möchten wir uns mitteilen und austauschen. Wichtig ist dabei, einen respektvollen, wertschätzenden, besonnenen Umgang zu wahren."
Sozial statt sturköpfig
Statt stur zu argumentieren, als wäre man selbst studierter Virologe, gilt es, andere Sichtweisen zuzulassen. Mühsam ist das nachvollziehbarerweise, wenn der Gesprächspartner absurde Verschwörungstheorien aufs Tapet bringt. Der Tipp vom Psychologen: "Wer die emotionalen Ressourcen für eine Diskussion auf Augenhöhe aufbringt, kann sich darauf einlassen. Ansonsten macht man klar, wie man dazu steht – und wechselt anschließend das Thema."
Wie sieht es nun mit dem Verabschiedungsdilemma aus? "Hier hilft Humor – und Gefühle zuzulassen." Anstatt voller Gehemmtheit in die Situation zu gehen, biete sich ein "Na, wie machen wir's heute?" in Kombination mit ausgestrecktem Fuß oder Ellenbogen an. So lässt sich auch einer Umarmung oder einem Händedruck vorgreifen, die man vielleicht selbst als unangenehm empfinden würde.
Auch hilfreich: die ungewohnte Lage thematisieren. "Man kann sagen 'Ich weiß, es ist gerade nicht möglich, aber es fehlt mir, dich zu umarmen'." Das Gegenüber fühlt sich wahrgenommen, die Gefühle liegen auf dem Tisch – "und man stellt ohne Körperkontakt eine Verbindung her".
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