Eine Pause – sprich kollektive Entschleunigung – hatten so manche nach Verkündung der Kontaktsperre prophezeit. Stattdessen hält dank Social Distancing eine neue Art von Freizeitstress Einzug. Im Videochat dreht sich die Welt der sozialen Kontakte weiter. Das kann helfen, Einsamkeitsgefühle zu bekämpfen. Doch das digitale Kontakthaltenmüssen hat seine Tücken, weiß Gerald Kral, Psychologe und Psychotherapeut. Dass manche der Videokommunikation – trotz Gefühlen des Vermissens – überdrüssig seien, sei verständlich. "Zur Überbrückung ist es begrüßenswert, dass wir zwischenmenschlichen Austausch über virtuelle Kanäle organisieren." Wer das tut, erkenne aber schnell, dass solchen Kommunikationsmitteln Grenzen gesetzt seien: "Das sind teilweise technische, weil die Verbindung nicht immer gut klappt." Das verfälsche das Gesprochene, sorge für Frust und Irritation.
Mit einem Austausch von Angesicht zu Angesicht sei die Plauderei per Skype, Zoom und Co. nicht vergleichbar: "Gesprächspausen wirken unnatürlicher, die Mimik lässt sich bei schlechter Bildqualität nicht gut erkennen und damit auch schlechter deuten. Das führt dazu, dass wir uns anders verhalten als in der Face-to-face-Interaktion. Und das verlangt uns wiederum viel Konzentration und Anstrengung ab."
Empfehlungen bezüglich Bildschirmzeit würden derzeit außerdem über Bord geworfen – "das äußert sich häufig in Einschlafproblemen". Es sei deswegen "absolut legitim", persönliche Grenzen zu setzen und mit Freunden oder der Familie beim Videochatten einen zeitlichen Rahmen zu vereinbaren. Dabei wichtig: "Je deutlicher man die anderen wissen lässt, wie viel Zeit und emotionale Ressourcen man hat, desto besser."
Meine Freundin hat also alles richtiggemacht. Das Pub-Quiz ging ohne sie über die virtuelle Bühne. Bei nächsten Mal sei sie aber ohnehin "ganz sicher mit dabei".
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