Darf ich Gäste bitten, ihren Hund nicht mitzubringen?

Frauchen geht zur Arbeit, der Hund bleibt zurück. Und jetzt beginnt purer Stress.
Treuer Blick, kalte Schnauze: Hunde gelten als bester Freund des Menschen – aber nicht jeder mag sie in der Wohung haben.

Wie sag ich das bloß meinen Eltern? Nein, nicht, dass das mit den Enkelkindern noch ein bisschen dauern wird. Sondern, dass sie den Hund nicht zum Familienfrühstück mitnehmen können. Die Situation: Mein Freund und ich hatten zum gemütlichen Brunch in unsere Wohnung geladen. Die relevanten Akteure: Meine Eltern, Hundeliebhaber und Besitzer einer – sturen wenngleich liebenswürdigen – Englischen Bulldogge. Und mein Lebensgefährte, ein durch traumatische Kindheitserlebnisse vorbelasteter Hundeskeptiker.

Auf den ersten Blick scheint die Sache klar: Das alte Prinzip der kniggegetreuen Gastfreundschaft gebietet, dem Gast zuvorkommend entgegenzutreten und sein Wohl über das eigene zu stellen. Damit wäre klar, dass meine Eltern den Hund mitbringen dürfen.

Man könnte aber auch mit der Goldenen Regel argumentieren, die da besagt: "Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst." In diesem Sinne müssten die geladenen Gäste auch rücksichtsvoll mit den Ängsten und möglicherweise hygienischen Bedenken des Gastgebers umgehen – und sich überlegen, wo der Hund untergebracht werden kann.

Knifflige Angelegenheit

Zur Frage der Etikette. "Das ist gar nicht so leicht zu beantworten", sagt Knigge-Coach Christoph Hippmann. "Man kann sich mit einer Notlüge behelfen, etwa einer Allergie oder der Angst der Kinder. Das müsste jeder zu respektieren wissen. Grundsätzlich bin ich aber überzeugt, dass Ehrlichkeit am längsten währt." Um auszuschließen, dass die Wahrheit später ans Licht kommt und ein Konflikt dann unvermeidlich ist, empfiehlt Hippmann, die Dinge so auszusprechen, wie sie sind: "Es ist eben nicht jeder ein Hundefreund und diese Information kann man Freunden und der Familie auch zumuten."

So klar die Botschaft, so zurückhaltend sollte der Tonfall sein, mit der man diese ausdrückt. "Im Idealfall bittet man um Verständnis und erkundigt sich, ob es eine Möglichkeit gibt, das Tier woanders unterzubringen." Davon, derartige Diskussionen über den Smartphone-Chat zu führen, rät Hippman ab: "Statt einen Roman am Handy zu verfassen, sollte besser kurz telefoniert werden. Schriftliches lässt einfach zu viel Raum für Interpretationen."

Doch was tun, wenn die Ankündigung, dass der Hund mitkommt, kurzfristig eintrudelt? Es draußen bitterkalt oder brütend heiß ist – und ein Aufenthalt im geparkten Auto für den Vierbeiner nicht infrage kommt? "Es kommt natürlich immer auf den Hund an", sagt Hunde-Trainer Ramon Niederl. "Wenn er gut erzogen ist, wird die Situation ohnehin eher unproblematisch verlaufen. Auch in einer für den Hund fremden Wohnung." Es gebe jedoch Hunde, bei denen das nicht der Fall ist und bellen, springen oder gar knurren vorprogrammiert seien.

Im Notfall rät Niederl zu Nachsicht – und Geduld. "Wenn es sich nicht vermeiden lässt, kann man sich vor dem Treffen in der eigenen Wohnung etwas Zeit nehmen, um Hund und Hundebesitzer an einem neutralen Ort zum Spazierengehen zu treffen. Anschließend geht man gemeinsam in die Wohnung. Das reduziert die Unsicherheit bei allen Beteiligten und die Situation ist entschärft."

Ich wurde letztendlich auf durchaus schmerzliche Art aus der Zwickmühle entlassen. Weil – Hundefreunde müssen jetzt ganz stark sein – die Bulldogge meiner Eltern kurz vor dem Treffen verstarb. Sicher ist, dass sie ein wunderbares Leben hatte – und ich künftig weiß, was beim Hunde-Dilemma zu tun ist.

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