Wie ich halbnackt den Leichnam meines Esels suchte und ein deutsches Vorurteil bestätigte

Wie ich halbnackt den Leichnam meines Esels suchte und ein deutsches Vorurteil bestätigte
Mit einem Esel in der Ebene zu wandern ist wunderbar. Berge sind ein anderes Kapitel – das muss sich der Autor dieser Zeilen zerknirscht eingestehen. Auch wenn die Tiere sehr geländegängig sind.

Jetzt ist er tot. Keine Chance, dass er das übersteht. Es ist die kurze Nüchternheit des Schocks, die mich das denken lässt. Ich weiß, gleich kommt die Panik. Doch bis diese einsetzt, muss ich schauen, ob ich wenigstens etwas tun kann. Im Augenblick bin ich in der denkbar schlechtesten Position dafür. Ich stehe nackt, wie Gott mich schuf, in einem fünf Grad Celsius kalten Bergsee. Noch vor einer Minute war die Welt perfekt, jetzt bin ich alleine. Anni, meine Liebste, ist Horstl nachgerannt. Barfuß. Sie wird ihn nicht mehr einholen können. Zu schnell ist der panische Esel hinter der Geländekante verschwunden, wo es steil bergab geht. Wie in Trance wate ich zum Ufer.

Vor fünf Tagen sind wir in San Romedio (Trentino) aufgebrochen, den „Romediusweg“ zur Romediuskirche in Thaur (Nordtirol) zu gehen. Einen Pilgerweg, der über 180 Kilometer und 7.000 Höhenmeter zur Romediuskirche nach Thaur in Nordtirol führt (zumindest die Eselvariante – jene für Alpinisten legt noch einmal 3.000 Höhenmeter drauf).

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