Gespräche suchen
Wichtig sei – und zwar unabhängig vom Alter –, dass man das Gespräch mit Kindern und Teenagern aktiv sucht "und ihnen altersgerecht erklärt, wie die Situation einzuordnen ist und, dass jetzt alle mithelfen müssen", schildert die Klinische- und Gesundheitspsychologin. Die aktuellen Maßnahmen und das Konzept Quarantäne erklärt man dem Nachwuchs als Vorsichts- und Schutzmaßnahmen, "die es gibt, weil man nicht möchte, dass sich in kurzer Zeit viele Menschen anstecken, und die man ernst nehmen sollte".
Der von der Politik angeordnete Rückzug in die Kernfamilie sollte positiv besetzt werden: "Das Leben geht weiter, nur eben im geschützten Rahmen daheim." Für das Zusammenleben gilt es einen Plan zu entwickeln: "Die derzeitige Situation ist nicht mit Ferien zu verwechseln. Die Kinder bekommen Aufgaben, die zu erledigen sind. Danach kann man den Tag mit gemeinsamen Aktivitäten verplanen, etwa Brot backen, musizieren, Filme schauen, Bücher lesen oder Puzzles zusammenbauen." Spielplätze (indoor wie outdoor) sind eher tabu – Rad fahren in der Natur oder das Spielen im Garten aber möglich.
In der Diskussion rund um geschlossene Schulen dreht sich vieles um die Großeltern, eine Risikogruppe der Corona-Pandemie. Doch wie vermittelt man Kindern, dass Besuche bei Oma und Opa auf unbestimmte Zeit verschoben werden müssen? "Auch hier gilt es zu erläutern, dass das wichtig ist, um ältere Menschen – und im konkreten Fall die Großeltern – zu schützen. Anrufe und Videochats sind nach wie vor möglich und sollten genutzt werden, um in Kontakt zu bleiben. Es kann für Kinder beruhigend sein, zu hören, dass es Oma und Opa gut geht."
Jedenfalls ratsam ist, Kinder elektronisch mit Freunden kommunizieren zu lassen: "Das verstärkt positive Gefühle." Der Großteil der Schülerinnen und Schüler besitzt ein Smartphone – ist also auch online im Netz unterwegs. Dort kursieren seit Wochen Verschwörungsinfos und Kettenbriefe zum Virus. Den Umgang mit solchen Falschnachrichten sollten Kinder kennen: "Da geht es um die grundsätzliche Anleitung zur Internetnutzung beziehungsweise Medienkompetenz: Etwa, dass man nur seriöse Quellen nutzen sollte und den Kindern zeigt, wie man diese von anderen unterscheidet. Wenn man merkt, dass ein Jugendlicher sich darin verrennt, kann man zu verstärkten Maßnahmen greifen und einen Infostopp einführen – gewisse Apps für eine Weile stilllegen, um das Kind zu besänftigen."
Oft keine Symptome
Bei den allermeisten Kindern verläuft eine Ansteckung mit dem Coronavirus sehr mild. Warum, ist derzeit noch nicht vollends geklärt. "Denkbar ist, dass bei Kindern weniger Rezeptoren auf den Zellen vorhanden sind und das Virus deswegen schlechter andocken kann", sagt Mikrobiologe Michael Wagner. Möglich scheint auch, dass das Immunsystem von Kindern im Vergleich zu Erwachsenen effizienter mit dem Infekt umgeht. "Beim Coronavirus weiß man im Moment noch nicht genau, welche Rolle Kinder bei der Verbreitung spielen. Tatsache ist, dass sie oft keine oder nur minimal Symptome zeigen – das ist bezüglich der Verbreitung ungünstig, weil sie unbemerkt andere anstecken können", erklärt Wagner.
Doch wie umgehen, falls das Kind wirklich an Covid-19 erkrankt? "Natürlich wird man einen sensiblen Umgang mit dem Kind versuchen, ihm Rede und Antwort stehen und empathisch auf seine Sorgen bezüglich der unbekannten Erkrankung eingehen", sagt Wekerle. Über allem stehe, dass man die Ängste der Kinder nicht als unwichtig abtut. "Kinder können ganz gut mit der Wahrheit umgehen, oft besser als Erwachsene."
Erkennt man als Elternteil eine überbordende Sorge oder gar Panik bei sich selbst, kann das auf die Kinder überspringen. "Auch dessen sollte man sich bewusst sein."
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