Wie damals im Turnsaal, als sie dutzend Räder schlug, um die Mitschüler und die Lehrer ins Staunen zu versetzen. Und immer noch preschte sie vor, nach dem Leistungsprinzip „dieser Welt zeige ich’s“. Sie horchte potenzielle Sexualpartner aus, spürte Vorlieben auf: Was magst du? Worauf stehst du? Und passte ihr Tun an deren Sehnsüchte an. Wenn einer sagte: Ich liebe es, Frauen von hinten zu nehmen, dann mutierte sie zur Doggy-Style-Erfüllungsgehilfin und ließ sich nach Art des Hausherrn beglücken. Mach’s mir, und ich mach mit! Ein Koitusmarathon von Wunsch zu Wunsch.
Sex als Leistung
Um zu punkten, tat sie alles und redete sich ein, das sei guter Sex. Fake it, till you make it – um zu beeindrucken oder einem inneren Performance-Druck zu entsprechen, sind manche Frauen bereit, Dinge zu tun, die nicht ihren eigenen Bedürfnissen entsprechen. Wir reden von Sex „als Leistung“, um möglichst viele Bestnoten zu bekommen: Die Kandidatin hat 100 Punkte. Super gemacht. Schein statt Sein. Guter Sex ist das nicht. Weil an eigenen Bedürfnissen und der eigenen „Wahrheit“ vorbeigevögelt wird – an dem, was man tatsächlich ist und wie man fühlt. Guten Sex erleben zu können, bedeutet daher, sich vom Performance-Gedanken zu verabschieden, also, für einen anderen „geil“ sein zu müssen. Intimität ist nämlich immer ein Tanz zweier Menschen, die ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte kennen, leben und miteinander teilen können.
Sexuell authentisch zu sein, bedeutet also, dass jemand seine Grenzen genauso kennt wie seine Möglichkeiten oder Vorlieben. Dafür braucht es allerdings eine konkrete Vorstellung – eine Art Vision dessen, wie man sich als sinnlich-sexuelles Wesen sieht. Und weniger, wie man gerne gesehen werden möchte. So lange wir allerdings diversen externen Fremdbildern folgen, und Vorstellungen dessen, wie Sex sein sollte, wie ein Körper sein sollte, wie Lust sein sollte, wie getan und herumgeturnt werden sollte, dass es maximal mega wirkt – wird das nix. Und wie wird’s wieder? Oder: Wie fängt es an? Ganz einfach: Indem wir uns den eigenen Körper wieder aneignen, und mit ihm unsere „erotische Seele“ – wir sollten sie beide „bewohnen“. So wie sie sind, mit dem, was sie brauchen. Wer bin ich, worauf habe ich wirklich Lust – und welches sexuelle Wesen schlummert in mir? Spüren, so banal das auch klingen mag, ist dringend angesagt. Spüren, was im Kopf ist, im Körper, auf der Haut, im Bauch, im Blick, im Sinn – und zwischen den Beinen.
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