Warum sich Paare beim Sex filmen und den Clip online stellen
Schade, dass ich keine Wissenschafterin bin, dann hätte ich vielleicht beim Forschungsprojekt „Die Praxen der Amateurpornografie“ mitmachen können – es wird gerade an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld durchgeführt.
Projektleiter ist Sven Lewandowski, der beschreibt das so: „Das Forschungsprojekt untersucht die medialen wie sexuellen Praktiken von Personen, die amateurpornografische Selbstinszenierungen erstellen …“ Keine Angst, ich bin schon wieder weniger wissenschaftlich. Der Fokus liegt dabei auf Pärchen, die fürs Publikum bumsen, aber kein Geld dafür verlangen. Denen es also nicht vorrangig um ein leicht erschnackseltes Taschengeld geht, sondern vielmehr um den Spaß am Zeigen. Und am sexuellen Lustgewinn, der durch die erotische Selbstinszenierung entsteht. Den Bielefelder Forschern geht es daher vorrangig um die Frage, weshalb Leute Sex-Tapes filmen und in Folge online stellen. Dafür wurden Protagonisten gesucht, die sich interviewen lassen und deren Videos analysiert werden sollen. Sieben Paare waren es, die bisher „untersucht“ werden konnten. Die Studie ist auf drei Jahre ausgelegt – unterstützt wird der deutsche Porno-Forscher von drei Mitarbeitern.
...die Filme zeigen normale Menschen – mit blasser Haut, kleinen und großen Brüsten, kleinen und großen Penissen oder schlecht rasierten Achselhaaren.
Spannender Job, oder? Ich habe mich schon oft gefragt, was der spezielle Reiz daran ist, wenn beispielsweise ein Mann seinen blassen Popsch filmt, wie er beim Rein-Raus auf- und abwackelt – und all das „danach“ ins Netz stellt. Oder wie es ist, wenn man in der Nachbetrachtung plötzlich wo ein Wimmerl entdeckt, von dem man bisher nix wusste. Das alleine ist es aber noch nicht. Einmal online auf eine Plattform gestellt, wird man von anonymen „Einhand-Surfern“ (das sind die, die vor dem Laptop sitzen, mit einer Hand die Maus bewegen und sich mit der anderen Hand einen runterholen) angestarrt – als Onaniervorlage. Aber klar, genau das ist der Reiz daran, diese Idee des Zur-Schau-Stellens und Gesehenwerdens. Das sagt auch Lewandowski: „Diese Menschen finden es womöglich erregend, dass andere ihnen dabei zusehen.“ Außerdem würden die Paare letztendlich auch nichts anderes machen als jene, die ihr Leben auf Facebook veröffentlichen. Naja. Neben der Lust auf Selbstdarstellung geht es vermutlich auch um eine Form von Selbstverwirklichung mit einem Hauch Narzissmus. Im Buch „Sex, Drugs and Cocoa Puffs“ heißt es, dass Amateurpornografie das Zeug hätte, Menschen den Kontakt zur Realität zu geben – und damit zu erden.
Authentischer Alltags-Sex
Vielleicht sind Amateur-Videos genau deshalb so erfolgreich und lösen realitätsferne Porno-Clips ab, in denen Frauen mit aufgeblasenen Lippen und aufgeblasenen Brüsten überdimensionale männliche Geschlechtsteile im Mund haben und er stundenlang vor sich hinhämmert. Wobei nicht überall, wo Amateur draufsteht, Amateur drin ist – auch dieses Genre ist schon Business. Mit Amateurpornografie wird der Sex jedenfalls entmystifiziert, die Filme zeigen Normalos – mit blasser Haut, kleinen und großen Brüsten, kleinen und großen Penissen oder schlecht rasierten Achselhaaren. Am Ende wird hier die Sehnsucht nach authentischem Alltags-Sex gestillt, jeder könnte mitmachen – und wer zuschaut, hat das Gefühl, beim Nachbarn zu speanzeln. In den Clips geht es meist recht unspektakulär zur Sache. Da kugeln zwei auf einem Doppelbett herum, wie man es aus einem Möbelhaus-Postwurf kennt, hinten lungert ein Kuscheltier herum, seine Unterhose scheint renovierungsbedürftig und am Nachtkastl steht ein Teehäferl. Erst wird gefummelt, dann gevögelt. Und für die, die zusehen gilt: Jö, wie bei uns.
Aufgeschnappt – auf der Website des „Rolling Stone“-Magazins: In der Studie „Driving To The Beat – Exploring How Music Affects Our Driving Behaviour“ des Ticketanbieters „Tick Pick“ wurde das Verhalten von Musikfans im Auto erforscht. 75 Prozent der Metal-Fans gaben an, Sex im Auto zu lieben und zu erleben.
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