Der wortwörtliche Lustgewinn an der makellosen Speisekammer liegt im Trend. Das zeigt der dazugehörige Hashtag, der in sozialen Netzwerken kursiert. Sucht man etwa auf Instagram nach #pantryporn, werden augenblicklich Tausende Bilder ausgespuckt. Knapp zwei Millionen Treffer gibt’s für den Tag #shelfie. Eine Wortschöpfung aus den Begriffen "Shelf" (Englisch für "Regal") und "Selfie", die das Phänomen untermauert.
Tabula-rasa-Methode
Dass der Optimierungsdrang nach Schlaf- und Wohnräumen nun Kühlschränke und Vorratskammern ereilt hat, ist – wenig überraschend – Aufräum-Päpstin Marie Kondo geschuldet. Nachdem die mittlerweile weltbekannte Japanerin chaosgeplagten Menschen auf Netflix beim Aufräumen half, avancierte ihr Name zum Synonym für Ordnung und Perfektion. Ihre KonMari-Methode für ein minimalistisch-strukturiertes Leben legt Pantry Porn die Rutsche: Nur Dinge, die "Freude bereiten", dürfen bleiben, der Rest fliegt raus. Was übrig bleibt, bekommt einen Platz und wird übersichtlich angerichtet.
Vom neuen Organisationshype im kulinarischen Eck weiß Aufräumcoach Franziska Schmid zu berichten: "In immer mehr Haushalten wird die Küche in den Wohnraum integriert. Da ist es naheliegend, nicht nur die Couch-Zone trendig zu gestalten." Dass dabei das Reduzieren sowie Struktur und Ordnung im Fokus stehen, "zeigt der Pantry-Porn-Trend", sagt Schmid, die in Wien und Umgebung Aufräumberatung anbietet.
Jules Villbrandt, Interiorbloggerin und Gründerin des Blogs "Herz & Blut", kann das bestätigen: "Der Küche kommt als Herzstück der Wohnung immer mehr Bedeutung zu und dank Instagram und Co. werden die eigenen vier Wände auch online in den Fokus gerückt." Der Trend zur gestylten Vorratskammer macht sich auch im Handel bemerkbar: Einmachgläser feiern ein Comeback. Auch Etikettenprägegeräte – die schönen Schraubgläser wollen schließlich ansprechend beschriftet werden – erfreuen sich wieder größter Beliebtheit.
Aber warum vermag es gerade der Vorratsschrank, den virtuellen Voyeurismus derart zu befriedigen? "Die vollgestopfte Vorratskammer zeigt man nicht gerne her", schildert Karina Kaliwoda, Einrichtungsberaterin und Gründerin des Blogs "oh what a room". "Nun avanciert sie zum Statussymbol. Ein verborgener Bereich des Zuhauses wird offengelegt. Das fesselt."
Innen und außen makellos
Marie Kondo ist sich sicher: Ein makelloses Zuhause ist der Weg zur inneren Mitte. Dass Ordnung der Seele guttut, belegen auch etliche Studien. US-Psychologen konnten nachweisen, dass eine vollgestopfte, chaotische Wohnung emotional belastet. Dafür befragten sie Probanden über einen Verein, der sich den Schicksalen von Messis annimmt. Das Ergebnis: Wer in Unordnung lebt, fühlt sich zu Hause weniger geborgen und insgesamt unglücklicher. Wissenschafter der University of California fanden in Speichelproben von Frauen, die mit ihren vier Wänden hadern, erhöhte Cortisolspiegel. Ein Anzeichen für Stress.
"Der Gedanke an ein aufgeräumtes Zuhause weckt in uns ein behagliches Gefühl", ist sich auch Aufräum-Helferin Schmid sicher. "Der Weg dorthin ist ohne Aufwand nicht möglich, aber mit ein paar Tipps leicht zu gehen. Ist ein Anfang gemacht, ist die Lust am Organisieren nicht mehr wegzudenken."
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