Das Projekt Hochzeit schweißt enorm zusammen, doch danach kann es rasch zur Ernüchterung kommen. "Viele Paare investieren viel Zeit und andere Ressourcen für den 'schönsten Tag im Leben'. Es braucht aber mindestens so viel Investment, um auch den Rest des Lebens schön zu gestalten. Viele Paare vergessen das", erläutert die Expertin. "Die Erwartungen sind hoch und oft folgt die Enttäuschung rasch. Da die meisten innerhalb der ersten sieben Jahren heiraten, fällt die Krise oft in das berühmte verflixte siebte Jahr."
Bei Langzeit-Paaren sei die Wahrscheinlichkeit für eine Trennung kurz nach der Hochzeit statistisch gesehen sogar größer, sagte die deutsche Paartherapeutin Heike Melzer im Focus. „Oft ist die Hochzeit in solchen Fällen der Versuch, eine Beziehung zu retten, in die der Alltag bereits eingekehrt ist. Viele haben die Hoffnung, dass die Hochzeit noch einmal einen Kick gibt.“
Neue Eltern-Rolle
Möglicherweise war auch der Rücktritt vom Profisport ein zu harter Einschnitt für das Ehepaar Hirscher. Die Kommunikationsdesignerin war jahrelang mit ihrem Freund um die Welt gereist und hatte ihn zu Rennen begleitet. Im September 2019 änderte sich ihr Leben drastisch - ein Schock, den Paare normalerweise im pensionsfähigen Alter erleben.
Die Sportpsychologin und Paartherapeutin Andrea Engleder betreut immer wieder Spitzensportler nach deren Karriereende. Wenn Sportler die Hälfte des Jahres unterwegs sind, sind Beziehungen in der Regel gut auf so eine Lebenssituation eingespielt. "Spannend wird es, wenn die Karriere zu Ende geht und man plötzlich ganz viel Zeit gemeinsam verbringt. In den meisten Fällen muss die Beziehung dann neu definiert werden." Es sei wichtig, darüber zu sprechen, wie viel Familienzeit sich der oder die andere erwartet. "Passiert das nicht bzw. gehen die Erwartungen sehr auseinander, kann es zu Spannungen kommen."
Beziehungen würden dann in eine Krise schlittern, wenn einer der Partner aus vermeintlicher Liebe zu oft Ja zu den Wünschen des anderen sagt, sagt Paarberaterin Teml-Jetter. Kinder und Eheschließungen erhöhen zudem die emotionale Bedeutung des Partners enorm, die Beziehung wird mit Erwartungen überfrachtet.
"Eltern werden bringt neue Rollen und Herausforderungen mit sich. Die eigenen und die Schwiegereltern rücken wieder näher, man wird mit der eigenen Erziehung konfrontiert, muss in die neue Rolle hineinwachsen. Möglicherweise hat man sich das Leben als Familie anders vorgestellt."
Plötzlich würden sich unerwartete und heikle Fragen stellen: Wie will ich sein? Was will ich? Wie will ich erziehen? Was sind meine Werte?
Romantische Vorstellungen
Oft kommt - wie im Fall Hirscher - dazu, dass die Partner schon in jungen Jahren zusammengekommen sind. "Auch das erlebe ich häufig, dass Menschen an ihren romantischen Vorstellungen von Liebe und Familie scheitern. Sie versuchen, eine Kopie ihrer eigenen Familie zu leben und bitter erfahren müssen, dass sie ihr höchstpersönliches Leben gestalten müssen - oder dürfen", sagt Teml-Jetter.
Die genauen Gründe für die Trennung im Hause Hirscher werden weiterhin privat bleiben - das hatte das Ex-Paar in einem Statement gegenüber der Krone angekündigt.
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