Lautlose Stromrevolution

Lautlose Stromrevolution
Die intelligente Energie-Erneuerung. Michael HOROWITZ über Stromversorgung der Zukunft und Autos, die für uns Geld verdienen.

Neben vielen gespenstischen Zukunftsvisionen gibt es vielversprechende Aussichten, die Hoffnung machen. Und unglaubliche Utopien: In wenigen Jahren könnten unsere Autos Geld für uns verdienen.

Am Rande der Weltklimakonferenz von Paris hat Nissan einen revolutionären Plan für die Zukunft der effizienteren Stromversorgung präsentiert. Ein System, das Fahrzeuge von morgen als mobilen Energieumschlagplatz verwendet – mit deren Hilfe Elektroautos nicht nur geladen werden, sondern auch als Stromlieferant dienen. Autos der Zukunft, die im Schnitt weiterhin meist rund 23 Stunden herumstehen, sollen zu einem zentralen Baustein der Energiewende werden. Und zusätzlich ihren Besitzern Geld bringen, weil sie Strom tanken, wenn dieser – wie nachts – wesentlich billiger ist und in Zeiten der Energie-Knappheit teuer verkauft werden kann.

Als Partner für die noch heuer beginnende Versuchsphase hat Nissan den international tätigen italienischen Energiekonzern Enel gewonnen. Der Stromanbieter ist in Italien seit Jahren innovativ unterwegs und lockt längst Kunden mit einer Prämie, wenn sie sich zu Zeiten, in denen der Verbrauch hoch ist, besonders sparsam verhalten. Nissan & Enel haben bereits gemeinsam ein bidirektionales Ladegerät mit eigenem Energiemanagement entwickelt: Die gespeicherte Energie kann für den eigenen Haushalt genutzt werden oder gegen Bezahlung ins öffentliche Netz gespeist werden. Ein weiteres Ziel des japanisch-italienischen Energie-Projekts ist die europaweite Einführung des Vehicle-to-Grid-Systems, bei dem gebrauchte Batterien aus Elektroautos zu Hause wiederverwendet werden.

Auch Elon Musk, der durch seine Tesla-Elektroautos zu einem der führenden Batterietechnik-Experten wurde, hat vergangene Woche in einem BBC-Interview seinen großen Gegner, das Apple-iCar, als offenes Geheimnis bezeichnet und sucht zusätzliche Verdienstmöglichkeiten: Mit einer total neuen Batterien-Generation – der Tesla-Powerwall – die man wie ein schönes Kunstobjekt an die Wand hängen kann, will er bei der Stromrevolution mitspielen. 100 Kilo schwer, 86 cm breit und nur 18 cm tief. Mit zehn kWh ist ausreichend Kapazität vorhanden, um die meisten Privathaushalte mit selbst erzeugtem Strom zu versorgen. Der 45-jährige unermüdliche Visionär Elon Musk lässt im US-Bundesstaat Nevada gerade das größte Fertigungsgebäude der Welt errichten. In der Gigafactory-Fabrik mit einer Nutzfläche von einer Million Quadratmetern sollen bereits in ein, zwei Jahren die Powerwall-Batterien produziert werden.

Und auch Daimler hat angekündigt, bald 35 Kilogramm schwere Accumotive-Speicher für Gebäude anzubieten. Ein weiterer, wichtiger Schritt Richtung smart buildings und smart cities, denn europaweit werden rund 40 Prozent der gesamten Endenergie in Gebäuden verbraucht. In Zukunft gilt es, die Stromkapazität durch innovatives Management zu erhöhen. Wiener Forscher um den Elektrotechniker Wolfgang Hribernik testen in den AIT-Labors längst intelligente, flexible Stromnetze, sogenannte smart grids – die lautlose Revolution der Elektrizität.

Als Puzzlestein auf dem Weg zur Stadt der Zukunft, als Lösung für die nachhaltige Energieversorgung von morgen, als Hoffnung für eine bessere Welt.

michael.horowitz@kurier.at

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