Essen wie bei Oma: Der Luxus des Einfachen
Nicht einmal zwei Wochen ist es her, dass in den Restaurants mehrgängige Luxusmenüs zelebriert wurden, und plötzlich scheint das so weit weg.
Starkoch Heinz Reitbauer hat sein „Steirereck“ zu einer Großproduktionsstätte umgewandelt und kocht mit seinem Team täglich mehrere hundert Portionen für Menschen, die eine warme Mahlzeit brauchen. „Wir sind Köche, wir müssen kochen“, sagt er.
Kochen müssen wir jetzt alle. Der beste Moment, sich Tipps von denjenigen zu holen, die nichts anderes wollen als eines: gut kochen. Und das mit Leidenschaft.
„Eier, Mehl, Milch, Kas – darum geht’s jetzt“, sagt Rudi Obauer. Vor wenigen Jahren wurden er und sein Bruder Karl vom Gault Millau zu den „Köchen des Jahrzehnts“ gekürt.
Trotz seiner Fünf-Hauben-Küche war Rudi Obauer immer einer, der die ganz einfachen Dinge aus der Natur mehr zu schätzen wusste als alles andere. Er ist sprudelnde Ideenquelle, wenn es darum geht, regionale Produkte, kleine Erzeuger und überlieferte Handwerkstechniken aufzuspüren. Vieles von dem Wissen sei in den letzten Jahren verloren gegangen, meint er. Aber „Jetzt samma wieder bei Palatschinken und Schmarrn“.
Auf Instagram (@Obauer_restaurant) postet der Spitzenkoch derzeit täglich ein alltagstaugliches Rezept. Daheim kocht er gerne am Holzofen, und zwar am liebsten mit den Dingen, die rund ums Haus wachsen. Er schwärmt vom Wildkräuterbuch seines verstorbenen Kollegen Meinrad Neunkirchner. „Das ist jetzt so aktuell wie nie zuvor.“ Kaspressknödel, Kässpätzle, eingebrannte Erdäpfel, Reisauflauf. „Man braucht gar nicht viel zu tun, um traditionelle Gerichte in einem neuen und interessanten Licht erscheinen zu lassen und das Alltägliche zu etwas Besonderem zu machen.“
Darin ist auch Sohyi Kim eine wahre Meisterin. Die ursprünglich aus Südkorea stammende Köchin führt derzeit drei Restaurants in Wien und ist hoch angesehener Gast bei internationalen Kochveranstaltungen und in diversen Fernsehformaten.
Wie sie die Zeit daheim jetzt meistert? „Wir müssen den Tag strukturieren und lernen, richtig mit unserer Zeit umzugehen.“ Zeitig aufstehen, Kaffee trinken, dazu zwei Gläser Wasser. Frühstück gibt’s für sie erst um ungefähr 10.30 Uhr, dafür schon mit gegrillten Süßkartoffeln und Gemüse, dazu vielleicht auch eine Eierspeis und eine lang gekochte Reissuppe. „Gutes Essen stärkt das Immunsystem.“
Für ihre Reissuppe lässt Kim übrig gebliebenen Reis mit 1:4 Wasser zwanzig Minuten köcheln, zum Schluss fügt sie klein geschnittenes Gemüse hinzu: „Alles, was der Kühlschrank hergibt.“ Sie würzt mit Salz, Chili und Sojasauce, bestreut die Suppe mit Koriander vom Kräutertöpfchen. Für Kinder empfiehlt sie Reis-Schinkenrollen: kalten Reis auf ein Blatt Schinken häufeln, einrollen, rundherum in wenig Öl braten. Fertig. Dazu Salat.
Gegessen wird bei ihr derzeit nur zweimal täglich. „Wie wird man sonst die Kalorien los?“ Tagsüber vielleicht ein Stück Obst oder Käse, Abendessen schon um circa 18 Uhr. Früh – am besten vor 22 Uhr – schlafen gehen. „Wir werden sehen, wie viele Babys da jetzt entstehen.“ Nachspüren, was uns jetzt gut tut, das ist für Sohyi Kim oberstes Gebot der Stunde.
Ganz im Gegensatz zur Ruhe in Kims Haushalt haben Josef und Elisabeth Floh zwei kleine Energiebündel zu beschäftigen. Mit dem Papa daheim zu kochen, ist für sie etwas ganz Besonderes.
Nudeln selber machen, Brot backen. „Mit Mehl und Wasser kann man so viel Kreatives anfangen.“ Für seinen Nudelteig verknetet Floh 1 kg griffiges Mehl, 50 ml Wasser, 50 ml Öl, 6 Eier, 100 g Grieß und eine Prise Salz, bis ein glatter Teig entstanden ist. Nach einer kurzen Rastpause walkt er den Teig dünn aus, die Kids dürfen ihn dann mit einem Teigrad in Form bringen – dabei ist alles erlaubt.
Zum Thema Brotbacken hat sich übrigens „Kruste&Krume“-Chefin Barbara van Melle etwas einfallen lassen: Jeden Mittwoch und Freitag um 18 Uhr liefert sie via Livestream Tipps rund ums Brotbacken an ihre Zuseher. „Diese Krise lehrt uns, dass Brotbacken nicht nur ein großartiges Hobby ist, sondern, dass wir damit das wichtigste Grundnahrungsmittel selbstständig herstellen können.“
Für Josef Floh ist es so, wie für viele andere Spitzenköche: Die nötige Rückbesinnung auf die Qualität der Lebensmittel und das Wissen rund ums Kochen, das ist eine große Chance, die sich uns jetzt bietet.
Die Rezepte
Rudi Obauer, Restaurant Obauer, Werfen:
Knödelbrotauflauf
Zutaten:
300 g Knödelbrot (Weißbrotwürfel)
125 g Butter
Salz, Pfeffer, Muskat
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
½ l Milch
5 Eier
1/8 l Obers
Eine Handvoll Bärlauch,
Brennnesselspitzen oder Spinat
1) Zwiebel und Knoblauch schälen und fein schneiden. Milch,
Eier und Obers verrühren.
2) In einer breiten Pfanne (ca. 30 cm) Butter zergehen lassen, Zwiebel und Knoblauch darin anlaufen lassen. Knödelbrot dazugeben, locker durchmischen. Mit Salz, Pfeffer, geriebener Muskaktnuss, evtl. bisserl Chili würzen.
3 ´) Kräuter oder Spinat darauf verteilen. Mit der Eiermilch übergießen, bei 180°C im Backrohr 20-25 Minuten backen.
Erdäpfel mit Nüssen und Bröselkas
ZUTATEN
für 4 Personen:
800 g Erdäpfel (mehlig)
150 g Walnusskerne
200 g Bröselkas (alternativ: Parmesan)
60 g Butter
Liebstöckel oder Majoran (Kräutertöpfchen)
Walnussöl, Salz
1) Erdäpfel waschen und in gesalzenem Wasser kochen oder noch besser
im Dämpfer garen.
2) Nusskerne auf ein Blech legen, mit Wasser beträufeln, mit Salz bestreuen und im Backrohr bei 200°C ca. 5 Minuten rösten.
3) Erdäpfel schälen, auf Teller legen und mit einer Gabel zerdrücken. Mit Bröselkas oder Parmesan bestreuen und mit Butterflocken belegen. Mit Nüssen und feingeschnittenem Liebstöckel oder mit Majoranblättchen bestreuen, Mit einem Faden Walnussöl überziehen.
Sohyi Kim, kimkocht, Wien:
Kichererbsen-Reis-Salat
Zutaten für 4 Personen:
100 g gekochte Kichererbsen
80 g Basmatireis (roh)
Allerhand Gemüse wie z. B.
Brokkoli, Karfiol, Karotten, Zucchini
Ein Stück Chinakohl oder Kraut
1 Jungzwiebel
1 Knoblauchzehe
Salz, Pfeffer
1 TL Sesamöl
2 EL süße Chilisauce
1 EL Balsamico-Essig
1) Kichererbsen über Nacht in kaltem Wasser einweichen und am nächsten Tag weich kochen (30 Minuten).
2) Reis im Kochtopf 3-4 Mal mit kaltem Wasser durchwaschen, Wasser abgießen. Reis im Topf mit 1:1,2 Wasser bedecken und zum Kochen bringen, dann zugedeckt auf kleinster Flamme zwanzig Minuten köcheln lassen.
3) Chinakohl oder Kraut in feine Streifen schneiden. Jungzwiebel in dünne Ringe schneiden, Knoblauch fein hacken. Sonstiges Gemüse klein schneiden (Tipp: Strünke von Brokkoli und Karfiol für Suppe verwenden), in einer Pfanne in wenig Öl kurz anbraten.
4) In einer Schüssel alles zusammenmischen, mit Sesamöl, Chilisauce und Balsamico vermischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Zizimi mit Prosciutto & Rucola
ZUTATEN
für 4 Personen
Für den Teig:
2 mittelgroße Zwiebeln
1 Stange Lauch
1 Karotte
1 Zucchino
150 g glattes Weizenmehl
400 ml Wasser
4 Eier
Salz
Sonnenblumenöl
Als Belag:
200 g Prosciutto
250 g Rucola
1) Zwiebeln schälen, halbieren, in feine Streifen schneiden. Lauch sorgfältig waschen, halbieren, ebenfalls in feine Streifen (3 mm) schneiden. Karotte und Zucchini waschen, in schmale Streifen schneiden.
2) Aus Mehl, Wasser und Eiern einen glatten Teig rühren, die Gemüsestreifen untermischen und mit Salz abschmecken.
3) Öl in einer Pfanne erhitzen, einen mittelgroßen Schöpflöffel Teig in die Pfanne gießen und dünne goldbraune Pfannenkuchen backen. Rucola und Prosciutto drauflegen und servieren.
Josef Floh, Gastwirtschaft Floh, Langenlebarn:
Kohlrabi & Kalb
Zutaten für 2 Erwachsene
und 2 kleine Kinder:
350 g frischer Kohlrabi
80 g Butter
160 g Kalbsrücken (oder Hühnerbrust)
1 TL Rapsöl, Salz
1) Den Kohlrabi gründlich schälen (auch die feinen Fasern sollen entfernt werden). Die Kohlrabischalen in Wasser aufkochen, die Flüssigkeit wird dann als Gemüsefond weiterverwendet.
2) Den Kohlrabi in 1 x 1 cm große Würfel schneiden. Die Kohlrabiwürfel in einem geräumigen Topf in Butter anschwitzen, mit 100 ml vom Kohlrabifond aufgießen und weichkochen. Mit etwas Salz abschmecken. Einen kleinen Teil des Kohlrabiragouts mixen und wieder als Bindung zurückgeben.
3) Den Kalbsrücken gut zuparieren, mit Salz würzen. In einer beschichteten Pfanne in Rapsöl anbraten, wenden und je nach Höhe des Rückens 6 – 10 Minuten im vorgeheizten Rohr bei 175 C° fertig braten.
Herausnehmen und an einer warmen Stelle zugedeckt rasten lassen.
4) Kohlrabiragout und den aufgeschnittenen Kalbsrücken anrichten und evtl. mit ein paar frischen oder getrockneten Blüten garnieren.
Erdäpfel mit Leinöl & Wildkräutern
ZUTATEN
für 2 Erwachsene
und 2 kleine Kinder:
400 g mehlige Erdäpfel
50 ml Milch (von der Kuh oder der Ziege)
80 g Butter
Bio-Leinöl, Salz
Wildkräuter & Blüten (z. B. Schafgarbe, Löwenzahn, Gänseblümchen, Gundelrebe, Klee)
1) Die Erdäpfel waschen und ungeschält in ausreichend Wasser zugedeckt ca. 1 Stunde (je nach Größe auch kürzer) weich kochen. Das Wasser abgießen, die Erdäpfel noch kurz bei geschlossenem Deckel ziehen lassen. Dann schälen und noch warm in einen geräumigen Topf geben.
2) Milch und Butter dazugeben
und alles gemeinsam am Herd erwärmen. Mit einem Stampfer
zerstampfen, mit Salz würzen.
3) Erst auf dem Teller mit Leinöl beträufeln, mit Kräutern und/oder Blüten aus dem Garten bestreuen.
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