Sternekoch in der oberösterreichischen Einöde: Rau, aber herzlich

Klemens Schraml ist zurück in der alten Heimat und setzt hier ein ungewöhnliches Konzept um.
Statt für das Top-Lokal in Singapur entschied sich Klemens Schraml für ein eigenes Lokal in Großraming. Er erklärt, warum.

Mit seinen 29 Jahren hat Klemens Schraml schon bei mehreren Michelin-Köchen in Deutschland, der Schweiz und Frankreich gearbeitet. „Ich blieb manchmal nur kurz, aber lang genug, um zu verstehen, worum es geht. Meine Chefs haben mir alles beigebracht, was ich brauche.“ Die Sterne-Küche sei schon immer sein Ziel gewesen, erzählt er im KURIER-Gespräch. Gleich nach seinem Abschluss in der Hotelfachschule in Weyer ging der Gastwirt-Sohn an den Arlberg. „Das hat mich intensiv geprägt. Man muss sehr genau, sauber und schnell arbeiten.“ Einer seiner anderen Lehrmeister gab ihm nur drei wesentliche Sätze mit: „Wenn du was machst, dann mach’ es g’scheit.“


In Zermatt, der wichtigsten Station seiner Lehrjahre, erkochte Schraml 2016 einen Stern – und lehnte bald darauf ein Angebot als Küchenchef eines Dreisternerestaurants in Singapur ab. Lieber baute er in Großraming, einem verschlafenen Ort im oberösterreichischen Teil der Ennstaler Kalkalpen, das Gasthaus seiner Eltern mit einem für die Gegend ungewöhnlichen Konzept zum „RAU“ um. „Ich will damit auch zeigen, wie schön es hier bei uns ist, ein bisschen Selbstbewusstsein aufbauen und zeigen, dass sich Österreich generell nicht verstecken braucht.“ Da serviert er etwa als „Fine Dining“ eine viergängige Speisenfolge mit roh mariniertem Winter-Kabeljau mit Yuzu und Malz-Öl oder Calamari im Kräuter-Rauchsud ebenso wie gemütliches „Casual Dining“ unter anderem mit gegrillter Maishühnerkeule oder Lamm-Beuschel.

KURIER: Mit Verlaub, ist die Welt nicht doch ein bisschen mehr Singapur als Großraming? Warum eröffneten Sie gerade hier Ihr Restaurant?

Klemens Schraml: Ich stamme ja aus Großraming, wir sind von jeder umliegenden Landeshauptstadt zweieinhalb Stunden entfernt. Das kann man positiv sehen oder negativ. Ich sehe die Vorteile. Ich habe die Sterne-Welt ja nicht verlassen, weil ich diese dekorierten Restaurants verlassen habe. Ich bin nicht zurückgegangen, sondern nach vorne. So ein Restaurant aufzubauen, wie ich es wollte, ist schwieriger als eine große Küchenbrigade zu leiten. Ich fühle mich nach wie vor als Sternekoch, ich weiß, was mein Handwerk ist. Ich will die Sterne-Welt ein bisschen zurückholen in eine unbekannte Region.


Sternekoch in der oberösterreichischen Einöde: Rau, aber herzlich

Essen a la "Fine Dining" im RAU.

Gab es noch weitere Gründe?

Für ein Restaurant, wie ich es mir vorgestellt habe, ist der Platz ideal. Der Raum muss zulassen, dass alle Schritte von den Gästen einsehbar sind: Lagerung, Produktion, Fertigung. Das kriegst du in der Stadt sonst nicht. Da haben wir eine gewisse Freiheit; das betrifft auch die Küche und die Positionen meiner Mitarbeiter.

Wie schaut das aus?

Bei mir zählt nicht die Position, sondern was einer kann. Jeder hat in seinem Bereich die Möglichkeit, sein Bestes zu geben. Ich gebe zwar die Grundprodukte, dann läuft ein Gericht aber durch die Kritik von allen, nicht von mir alleine. In Stein gemeißelt ist nur: Man braucht Hingabe.


Kann sich das wirklich ausgehen hier mit dem „Fine Dining“-Konzept?

Wir wollen ein bisschen eine Insel sein, wenn jemand zu uns reinkommt. Da passiert dann unsere Nature Based Cuisine, das heißt: das Beste aus den besten Zutaten. Es soll ein Erlebnis für den Gast sein. Wir wollen auch nicht nur Fine Dining oder nur à la carte im klassischen Sinn anbieten. Wir machen schon auch gern Regionales. Ein Wiener Schnitzel gibt es nur auf Vorbestellung. Wir machen auch ein Paprikahendl. Aber mit einer geräucherten Paprikasauce, mit Tomaten vom Vesuv, die eine ganz besondere geschmackliche Qualität haben. Das Hendl wird auch nicht geschmort, sondern gegrillt.

Jetzt müssen Sie uns natürlich noch den Namen RAU erklären.

Wenn man zu uns herfährt, ist man plötzlich mittendrin zwischen den Bergen. Wenn es da regnet, kann es vielleicht etwas rau wirken. RAU passt da einfach – zur Umgebung, zu den Sitten, zu den Leuten. Es passt aber auch zu unserer Küche. Die hat nämlich auch Ecken und Kanten.

Info

Der Ort
Der Ort Großraming (etwa 2.700 Einwohner) im Bezirk Steyr-Land liegt in den Kalkalpen und gehört zum oberösterreichischen Ennstal, die Enns durchfließt ihn 

Das Lokal
Die Adresse des „Rau Nature based cuisine“ ist Pechgraben 23. Tel. 0664 / 1246986, im-rau.com. Geöffnet Dienstag bis Samstag 12 bis 24 Uhr,
Sonn- und Montag Ruhetag

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