Neue Erkenntnisse: Warum uns warme Milch schläfrig macht

Neue Erkenntnisse: Warum uns warme Milch schläfrig macht
Nahrungsmittelforscher haben sich die schlaffördernde Wirkung des Tierprodukts genauer angesehen.

Süß auf der Zunge, geschmeidig im Abgang: Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben die wohl bekannteste Einschlafhilfe aus Omas Hausmittelrepertoire – die warme Honigmilch – wieder in den Fokus der Forschung gerückt.

Bisher hatte man den Effekt des Schlummertrunks vor allem auf die in der Milch enthaltene Aminosäure Tryptophan zurückgeführt. Der Körper bildet daraus zuerst das Glückshormon Serotonin und anschließend das Schlafhormon Melatonin. Honig beschleunigt den Tryptophan-Transport ins Gehirn.

Hauptlieferant für Tryptophan sind proteinreiche Lebensmittel: Fisch, Fleisch, Nüsse, Sojabohnen oder Amarant – und eben auch Milchprodukte. In Bananen und Datteln kommt es ebenfalls reichlich vor. Allerdings legen Studien nahe, dass sich Tryptophan erst ab einer Menge von 250 Milligramm wesentlich auf den Schlaf auswirkt – ein Glas Milch enthält nur etwa 100 Milligramm der Aminosäure.

Wirksamer Peptid-Mix

Ein bioaktiver Peptid-Mix in der Milch, das sogenannte Casein Hydrolysat, steht ebenso seit geraumer Zeit unter Verdacht, den Menschen sanfter in den Schlaf zu geleiten.

Ein chinesisches Forschungsteam berichtet nun im Journal of Agricultural and Food Chemistry über die Entdeckung eines ganz spezifischen Peptids innerhalb dieses Komplexes, das für die schlaffördernde Wirkung maßgeblich sein könnte. Nach umfangreichen Tests isolierte man den vielversprechendsten Peptid-Kandidaten, das Peptid YPVEPF. In Versuchen mit Mäusen zeigte sich, dass die Nager dadurch nicht nur deutlich schneller einschliefen, sondern auch weitaus länger im Traumland verweilten.

Die Forschenden gehen davon aus, dass ihre Erkenntnisse zur Entwicklung neuer, natürlicher und wirksamer Schlafmittel beitragen könnte.

Gebeutelter Schlaf

Die Menschen in Österreich schlafen pro Nacht im Schnitt sieben bis acht Stunden. Allerdings leidet knapp die Hälfte an nicht erholsamen Schlaf – Tendenz steigend. Das ergab eine Studie der MedUni Wien zu den heimischen Schlafgewohnheiten aus dem Jahr 2018.

Zur Behandlung werden häufig verschreibungspflichtige Medikamente, etwa Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine, verschrieben. Allerdings verfügen diese Präparate über ein breites Nebenwirkungsprofil, zudem haben sie einen stark süchtigmachenden Effekt.

Viele Schlafmedikamente aktivieren den sogenannten GABA-Rezeptor im Gehirn, der wichtigste beruhigende Neurotransmitter im zentralen Nervensystem. Auch natürliche Peptide wie YPVEPF können an den GABA-Rezeptor binden und eine angstlösende und schlaffördernde Wirkungen entfalten.

Warme Gefühle

Dass viele schon beim Gedanken an Omas Honigmilch wohlige Wärme in der Körpermitte verspüren, liegt nicht nur an der Biochemie. Auch die Psyche spielt eine mächtige Rolle. Oft wird schon in der Kindheit ein bestimmtes Essverhalten mit Gefühlszuständen konditioniert – im Fall der Honigmilch sind das Zustände wie Entspannung und Wohlbefinden.

Neben ernährungsphysiologischen Verursachern sorgt also auch die psychologische Konditionierung dafür, dass bestimmte Lebensmittel emotional aufgeladen werden.

Kommentare