Rindfleisch ist keinesfalls alles in der Wiener Küche – aber was wäre sie ohne die Vielfalt der Rindfleischküche? Dass heute im Restaurant und an der Fleischtheke Teile wie Weißes Scherzl, Mageres Meisel oder Kruspelspitz ebenso locker über die Lippen kommen wie Tafelspitz und Rostbraten, ist zu einem großen Teil Ewald Plachutta zu verdanken.
Der leitete ab den 1980er-Jahren maßgeblich ihre Renaissance ein. Damit verhalf er der Wiener Spezialität, das Tier in viele verschiedene Stücke zu zerteilen und nach ihrer Beschaffenheit zu verarbeiten, zu neuer Aufmerksamkeit.
Kochbücher
Am Schreibtisch machte sich Plachutta, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, als Autor zahlreicher Kochbücher ebenso einen Namen. Das würdigte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und überreicht ihm am Montag den „Goldenen Rathausmann“ für seine Verdienste um die Wiener Küche.
„Weltweit gibt es keine andere Stadt, die wie Wien ihre eigene Küche hat. Ewald Plachutta hat die Wiener Küche maßgeblich geprägt und über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt gemacht“, so Ludwig.
Mit dem KURIER sprach der Jubilar und ehemalige Kolumnist der Zeitung (1990 bis 1993) über die Veränderungen der Branche und ob Kochen oder Schreiben schwieriger ist. Zur aktuellen Situation durch die Corona-Maßnahmen wollten weder er noch sein Sohn Mario, der heute das Familienunternehmen leitet, etwas sagen.
KURIER: Herr Plachutta, Ihren Namen kennt heute fast jeder Wiener. War das so geplant?
Ewald Plachutta: Nein, das war nicht geplant – mir ist das alles zugeflogen und ich bin all jenen dankbar, die mir diese Chancen ermöglicht haben. Dass ich Koch wurde, war eine schicksalhafte Fügung. Meine Familie dachte eigentlich, ich könnte Piccolo, also Kellnerlehrling, werden.
Hat Ihnen Kochen besser gefallen?
Das war meine Welt. Mich hat die Eleganz des Grand Hotels in Graz fasziniert. Mein zweiter Küchenchef dort war dann einer meiner Lebensmenschen, der mir den Glauben an mich selbst gegeben hat. Er hat mir alles vorgezeigt, er hat mich gelobt. Meine Familie glaubte, ich werde ausgenutzt, weil ich kaum nach Hause gekommen bin. Aber ich wurde nicht ausgenutzt, es war eine ganz besondere Faszination.
Sie wurden schon mit 18 Küchenchef (im Astoria Wien, Anm.). Das ist sehr früh.
Ja. Einen Monat, nachdem ich begonnen hatte, hat sich die Leitung vom Küchenchef getrennt – und ich sollte das jetzt einmal weitermachen, mit 18 Jahren. In meiner Biografie steht zwar mit 21, aber das glaubt ja keiner. Ich war tatsächlich erst 18, war natürlich schwer überfordert. Aber ich habe mich durchgekämpft und bin dann 18 Jahre Küchenchef im Astoria geblieben.
Danach kam ab 1979 die Selbstständigkeit mit dem Haubenrestaurant „3 Husaren“. Wann sind Sie dem Rindfleisch verfallen?
Das hat man ja überall gekocht. Als wir das Hietzinger Bräu (1993, heute Plachutta Stammhaus, Anm.) übernommen haben, war Rindfleisch auch dort ein Thema. Wir haben das dann ausgeweitet und populär gemacht. Das ging parallel mit dem Erscheinen des ersten Buches. Die Wiener Küche war damals der Inbegriff der österreichischen Küche, da gab es keine regionale Küche.
Haben Sie ein Lieblingsstück vom Rind?
Alle sind sehr gut! (lacht) Der Bestseller bei uns ist natürlich der Tafelspitz, gefolgt vom Schulterscherzel.
Hat sich die Küche verändert? In den 50er-Jahren gab es nur Platten-Service, es wurde nichts auf Tellern angerichtet. Alles wurde vorgelegt. Französisch war Pflichtsprache. Die französische Küche hatte damals die größte Bedeutung, die Speisekarten wurden auf Französisch geschrieben, auch in Wien. Was ja total widersinnig war, weil was fängt der Wiener mit einer französischen Speisekarte an.
Was ist schwieriger: Kochen oder Kochbuchschreiben?
Kochen ist ein sehr anstrengender Beruf, aber eine wunderbare Lebensaufgabe. Bücher zu schreiben ist auch anstrengend. Aber es ist schön, wenn ein Ratgeber entsteht, der etwas vermittelt, mit dem viele etwas anfangen können. Ich glaube, das ist mir gelungen.
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