Dolce Vita: Wie man auch in Oberösterreich guten Wein anbauen kann

Dolce Vita: Wie man auch in Oberösterreich guten Wein anbauen kann
Sein Weingut gilt als die "Entdeckung des Jahres": Quereinsteiger Armin Kienesberger zeigt mit seiner "Casa Amore" in Grieskirchen, wie Weinbau in kühlen Regionen gelingen kann.

Ein Steinmetz, zwei Hektar Grund und 7000 Rebstöcke – mitten in Oberösterreich. Klingt wie ein Treppenwitz vom Winzer-Stammtisch, ist aber eine wahre Erfolgsgeschichte des Quereinsteigers Armin Kienesberger. Es war der Wunsch nach einem gesünderen und bewussteren Leben: Der Handwerker absolvierte die Ausbildung zum Weinbau- und Kellermeister in Krems und machte ein Praktikum im Weingut Schmelzer in Gols. Im Jahr 2014 bepflanzte der Neo-Winzer unweit von Grieskirchen Weingärten mit Weißburgunder, Müller Thurgau, Grüner Veltliner, Sauvignon Blanc, Pinot Noir und Zweigelt. Die Trauben werden per Hand geerntet und ohne viel Aufhebens zu biodynamischen Weinen vinifiziert.

„Die Serie ist es unbedingt wert, entdeckt zu werden – Bravo für dieses mehr als gelungene Start-up“: So urteilte der Restaurant- und Weinführer Gault&Millau die Entscheidung das Weingut „Casa Amore“ zur „Entdeckung des Jahres“ zu küren. Im Interview mit dem KURIER erzählt der 41-Jährige, wie sich Regen- und Nebeltage auf Oberösterreichs einzigen Bio- und Demeter-zertifizierten Betrieb ausiwrkt und womit der Winzer auf das neue Jahr anstößt.

KURIER: Oberösterreich ist nicht gerade für seinen Wein-Anbau bekannt. Sie beweisen das Gegenteil, wie geht das?

Armin Kienesberger: Der innere Wunsch ein gutes Lebensmittel zu schaffen, führte mich in die Landwirtschaft. Ich lebe jetzt meinen Traum und mache genau das, was mir Spaß macht und das, was ich für richtig halte. Vielleicht ist diese innere Zufriedenheit, gepaart mit der Motivation jeden Arbeitsschritt selbst zu gestalten, der Schlüssel zum Erfolg.

Ihr Weingut ist von Gault&Millau zur „Entdeckung des Jahres“ gekürt worden, dabei sind Sie Quereinsteiger. Was haben Sie gefühlt?

Es ist in erster Linie eine Bestätigung, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, der richtige ist. Natürlich macht es einen auch stolz und es motiviert mich, genau so weiter zu machen.

Sie bauen mehrere Rebsorten am Schlüßlberg in Grieskirchen an. Mit welchem Klima und welcher Bodenbeschaffenheit sind Sie konfrontiert?

Im Durchschnitt haben wir in Oberösterreich deutlich mehr Niederschläge, wobei dies in den letzten Jahren eher ein Segen war. Ab Oktober gibt es dann sehr viele Nebeltage, somit sind Trauben mit später Reife kein Thema. Unsere Böden sind sehr ausgeglichen und voller Energie, gerade die bis dato kaum genützten Hanglagen. Unser Reben sind ebenso auf einer gepflanzt. Wie in jedem Weinbaugebiet ist es wichtig, die Wirtschaftsweise dem Standort und den klimatischen Bedingungen anzupassen.

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Ihr Weingut heißt „Casa Amore“: Wie viel Toskana steckt denn in Ihrem Wein?

Die Hauptzutaten sind österreichisch, das Handwerk, die Tradition, das Qualitätsstreben usw. Das Toskanische ist für mich das Feinstoffliche, das nicht Messbare: die Familie, das Zuhause, die Liebe, unsere Tiere – und ein bisschen Dolce Vita.

Als Steinmetz haben Sie früher Steine bearbeitet, jetzt bearbeiten Sie den Weingarten: Wie ähnlich sind sich diese Tätigkeiten?

Beides sind sehr erdige Handwerke mit langer Geschichte und Tradition, mit dem Unterschied, dass man im Weingarten der Natur noch näher ist und auch der Genuss nicht zu kurz kommt.

Sie arbeiten biodynamisch und bezeichnen Ihren Weingarten als Biotop: Was brauchen Ihre Rebsorten? Was machen Sie anders als andere?

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In der Biodynamie geht es darum ein Gleichgewicht herzustellen, um die Rebe zu stärken und nicht erst gegen Krankheiten anzukämpfen. Dies erreichen wir durch eine große Artenvielfalt an Pflanzen und Lebewesen ober und unter der Erde. Oberirdisch gibt es dadurch eine Balance zwischen Nützlingen und Schädlingen, unterirdisch wird der Boden zur Schatzkiste. Dieser ist durchwurzelt, speichert Wasser und Energie und die Mikroorganismen übernehmen ihre Aufgaben. Wenn die Natur die Chance bekommt, sich selbst zu helfen, braucht es kein Gift. Nur ein bisschen Mut und Vertrauen.

Sie produzieren auch zwei maischevergorene Naturals: Was ist der besondere Reiz?

Man begibt sich hier auf eine Reise in eine neue Geschmackswelt, vorausgesetzt man lässt sich darauf ein. Bei diesen Weinen wird der maschinelle Einsatz auf das allernotwendigste reduziert – also vergorene Trauben ohne Filtration und Schwefelzusatz. Dadurch strahlen diese Weine förmlich, sind lebendig und beschleunigen das Trinktempo.

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Womit stoßen Sie zu Silvester an?

Mit unserem „PetNat Apollo 18“ – unter Pétillant naturel versteht man generell Schaumweine, die fast keine Intervention von außen erlebt haben und ohne zweite Gärung auskommen. Bei uns ist das ein Gemischter Satz aus Grüner Veltliner, Müller Thurgau, Sauvignon Blanc sowie Weißburgunder, der während der Endgärung unfiltriert und ungeschwefelt in die Flasche gefüllt wurde und dann in der Flasche die Gärung abgeschlossen hat. Dadurch bekommt der Schaumwein das natürliche Prickeln.

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