Baumbastisch: Die spektakulärsten und stylischsten Christbäume
Der Weihnachtsfrieden in der Londoner Vogue-Redaktion ist gestört. Harte Debatten werden ausgefochten. Schuld daran ist das durch und durch glitzernde – und wie manche meinen – skelettierte Aussehen eines Christbaums in der Lobby des Luxushotels Claridge‘s in der britischen Hauptstadt. Wenn‘s sonst nichts ist, wäre man geneigt zu sagen. Doch Obacht: Das ist nicht irgendein Baum. Sondern eben einer der berühmtesten der Welt. Normalerweise haben ihn Karl Lagerfeld, Diane von Fürstenberg, Christian Louboutin, Dolce & Gabbana höchstselbst entworfen. Meist pompös, nicht immer nur klassisch.
Heuer haben keine Couturiers Hand angelegt, sondern die Künstlerin und Floristin Kally Ellis. Und sie hat statt einer Tannenbaum-Form einen eingefrorenen Laubbaum mit 10.000 Kristallen gewählt – als Reminiszenz auf das Art-déco-Design des Hotels. Und auf die „Roaring Twenties“, als man nach dem Ersten Weltkrieg nach einem Symbol für Hoffnung und Freude suchte.
Eine Fortsetzung der Christbaum-Debatte folgt wohl im Dezember 2021.
Claridge's London
So hell strahl in diesem Jahr der Baum im Londoner Luxus-Hotel Claridge's
Claridge's London
So hell strahl in diesem Jahr der Baum im Londoner Luxus-Hotel Claridge's
Claridge's London
So sah die Lobby 2016 aus: Von Sir Hony Ive und Marc Newson.
Claridge's London
2015: Christopher Bailey für Burberry.
Claridge's London
2017: Karl Lagerfeld.
Claridge's London
2012: Schon einmal hat Kally Ellis einen Weihnachtsbaum designt.
Claridge's London
2011: Alber Elbaz für Lanvin.
Claridge's London
2010: John Galliano für Dior.
Claridge's London
2009: John Galliano für Dior.
Claridge's London
2019: Christian Louboutin.
Einen Stern der Hoffnung designte dagegen völlig unangefochten Star-Architekt Daniel Libeskind für den weltberühmten Baum vor dem Rockefeller Center. Genau, der, der mit seinem superromantischen Eislaufplatz davor in keiner weihnachtlich-romantischen Komödie fehlen darf. Der fast 410 Kilogramm schwere Stern hat einen Umfang von drei Metern und besitzt 70 Zacken, die von drei Millionen Swarovski-Kristallen bedeckt sind. Da lastet einiges auf dem Baum. Der hatte es in diesem Jahr überhaupt nicht leicht. Wie auch beim Wiener Christbaum hagelte es im Vorhinein Kritik an seiner Form. Eine Metapher auf das missratene Jahr 2020, hieß es zunächst. Am Ende waren dann die meisten doch wieder versöhnt – sei es wegen des leuchtenden Schmucks oder wegen des knuffigen Sägekauzes, der sich zwischen den Ästen versteckt hatte.
Rockefeller Center
Der Baum mit dem Swarovski-Stern von Daniel Libeskind.
Rockefeller Center
Der Stern, designt von Libeskind mit drei Millionen Swarovski-Kristallen.
Rockefeller Center
Der Stern, designt von Libeskind mit drei Millionen Swarovski-Kristallen.
Rockefeller Center
Der Stern, designt von Libeskind mit drei Millionen Swarovski-Kristallen.
Noch so eine Ikone steht am schicken Boulevard Haussmann in Paris. Und zwar in den Galeries Lafayette. Der ist stets bombastisch – gerade zu baumbastisch – geschmückt. Er sorgt ob seiner Opulenz für offene Münder und wegen des Glitzers für zusammengekniffene Augen. Wenn auch wegen der Corona-Krise für nicht so viele wie sonst. Heuer hat ihn der belgische Designer Tom Schamp entworfen. Er zeichnet und malt normalerweise Wimmel-Comics für Kinder.
Fabelhafte Tierwesen
Und das sieht man auch beim Baum. Er wirkt wie aus einem zuckersüßen Zeichentrickfilm entsprungen – mit riesigen, bunten und lieblich anzusehenden Geschenken und fantastischen Tierwesen. Der Baum ist heuer – in Zeiten von Corona unfair – dem Reisen gewidmet. Womöglich ja auch den Reisen im Kopf. Wie die dekorierten Schaufenster erzählt das Werk den Trip der kleinen Celeste um die Welt zu außergewöhnlichen Tieren. Ein Heißluftballon ersetzt übrigens den Weihnachtsstern an der Spitze.
Wie aus dem Märchenbuch sieht auch der Baum der Plaza de la Constitución, auch Zócalo genannt, in Mexiko Stadt aus. Erst vor wenigen Tagen wurde er wieder einmal zu einem der beliebtesten Christbäume der Welt gekürt. Das verwundert nicht. Er scheint für Weihnachtsfans wie gemacht: Schöne Kegelform, klassische Weihnachtsmotive, ziemlich hoch.
Es ist amtlich: In Mexiko mag einer der beliebtesten Bäume der Welt stehen – die litauische Hauptstadt Vilnius darf sich dafür rühmen, den schönsten Baum Europas aufgestellt zu haben. Das wurde mittlerweile zum zweiten Mal hintereinander von einer internationalen Jury so bestimmt, auf den Plätzen zwei und drei landeten Strasbourg und Prag. Tatsächlich beeindruckt der Baum durch seine surreale Kraft. Und eine 24 Meter hohe Stahlkonstruktion mit 6.000 Ästen, 4 km Lichterkette, Paneelen und geheimnisvollen Öffnungen. Designt hat ihn der litauische Künstler und Fotograf Dominykas Koncevičius. „Wir leben in einer Zeit großer Veränderungen – und so fluide wollte ich den Baum gestalten.“ Es ist ihm gelungen.
Zurück nach London. Es kann wohl kein Zufall sein, dass sich gerade dort Streit über einen Designer-Christbaum entzündet. Wohl in keiner anderen Stadt auf der Welt gibt es so eine geballte Dichte an stylischen Designer-Skulpturen zu Weihnachten.
Wolkenkratzer The Shard
Wie auch im Luxus-Hotel Claridge‘s ist es jedes Jahr aufs Neue ein Spektakel, wenn im Mega-Wolkenkratzer The Shard – genauer im seit Kurzem wieder geöffneten Lokal Aqua Shard – ein Baum aufgestellt wird. Die Skulptur der Designerin Soutra Gilmour besteht aus Hunderten von goldenen Pinseln. Sie stehen für die Handwerker der Theaterlandschaft, die wegen der Corona-Krise nicht arbeiten können.
Auch am Harry-Potter-Bahnhof „King’s Cross“ haben Künstler die Gelegenheit genutzt, um so beeindruckende wie inspirierende Christbaum-Installationen zu erschaffen. Holland Harvey Architects haben in St. Pancras einen pinken „Tree of Hope“ aufgestellt, die exzentrische Künstlergruppe Botanical Boys direkt am Bahnhof einen Terrarium Tree, der die Welt in ihrer Vielfalt feiert. Und vor der Station steht der abstrahierte „Modul Baum“ von Sam Jacobs Studio Designs. Er bietet den weihnachtlich gestimmten Londonern sogar Schutz vor Regen. Ist doch schön zu wissen. Sogar wenn wir ihn nur online bewundern dürfen.
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