Lernziel: Mut, Zuversicht und Selbstvertrauen

Lernziel: Mut, Zuversicht und Selbstvertrauen
Welche Kompetenzen und Fähigkeiten brauchen junge Menschen, um Herausforderungen der Zukunft zu meistern? Bildungspsychologin Christiane Spiel und Simulationsforscher Niki Popper geben Antworten.

Die Pandemie hat es gezeigt: Was die Zukunft bringt, ist unvorhersehbar. Was heute als Gewissheit gilt, ist morgen schon eine Theorie von gestern. Dennoch sollte die Schule junge Menschen fit für diese Zukunft machen. Die Frage stellt sich da: Was sollen Schulen vermitteln? Und wie soll ein moderner Unterricht aussehen?

Mit solchen Fragen muss sich Maximilian Schulyok, Geschäftsführer des Österreichischen Bundesverlags (öbv) auseinandersetzen. Er will zum 250. Geburtstag des Verlags Diskussionen über die Bildung im 21. Jahrhundert anstoßen.

Dass sich da einiges ändern muss, erklärt Niki Popper so: „Bisher kamen die Menschen ganz gut damit zurecht, wenn sie Probleme nach Schema F gelöst haben. Doch das geht jetzt nicht mehr.“

Aktuelles Beispiel: „Plötzlich waren alle damit konfrontiert, dass ihre Freiheit eingeschränkt wurde. Sicher kann man darüber diskutieren, ob die Maßnahmen sinnvoll waren. Doch am Ende musste jeder und jede mit der Situation umgehen lernen“, gibt Popper zu bedenken.

Das hat sich insbesondere in den Bildungseinrichtungen gezeigt. „Von heute auf morgen mussten die jungen Menschen in der Schule selbstständig lernen. Da kommt man mit standardisierten Methoden nicht weiter“, meint Popper. In der Praxis heißt das: „Standardisierte Vorträge sollten nicht mehr in den Klassenzimmern stattfinden. Die kann man auch auf Video aufnehmen, sodass Schüler und Schülerinnen diese jederzeit und so oft sie wollen abrufen können. Der Lehrende hat dann während des Unterrichts genügend Zeit, über Probleme zu reden und den Stoff praktisch einzuüben.“

„Junge Menschen brauchen Neugier und Begeisterungsfähigkeit für eine Sache, die sie geradezu rastlos macht.“

von Niki Popper, Simulationsforscher

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Digitale Schulbücher

Eine solche Art des Unterrichtens müsse in der Lehrerausbildung mehr vermittelt werden, wünscht sich Popper. „Hier sind die Schulbuchverlage, die ja mittlerweile auch ein breites digitales Portfolio anbieten, wichtige Unterstützer für die Lehrpersonen“, sagt Maximilian Schulyok.

Auch für die Bildungspsychologin Christiane Spiel ist klar, dass die Bildungsziele andere sein müssen als noch vor Jahren: „Es gibt unzählige Probleme und Krisen, die junge Menschen zukünftig bewältigen müssen: Klimakrise, Trumpismus oder Kriegsgefahren, um nur einige zu nennen. Kinder müssen lernen, wie man mit diesen Krisen, aber auch mit Veränderungen umgeht. Damit sie das schaffen, brauchen sie neben Wissen auch Mut, Zuversicht und Selbstvertrauen“, ist Spiel überzeugt. Dabei geht es aber nicht nur um das Reagieren auf Veränderungen. Vielmehr sollten Jugendliche auch die Zuversicht haben: „Wir können es gemeinsam schaffen, die Welt positiv zu verändern.“

Hier stellt sich die Frage: Vermittelt die Schule diese Kompetenzen derzeit? Oder ist sie immer noch eher auf Fehlersuche? „Es geht darum, die Stärken der Kinder zu erkennen und fördern“, macht Christiane Spiel klar.

Niki Popper formuliert es so: „Junge Menschen brauchen Neugier und Begeisterungsfähigkeit für eine Sache, die sie geradezu rastlos macht. Gleichzeitig brauchen sie genügend Sitzfleisch, um an einer Sache dranbleiben zu können und um Dinge zu lernen, die ihnen vielleicht weniger Freude bereiten.“

„Eine weitere wichtige Kompetenz ist, dass Jugendliche wissen müssen, wann und wie man zwischen Wissensdrang und Ausdauer hin und her switcht“, meint er.

„Wenn sich jemand mit dem beschäftigt, was ihm liegt, ist er mit mehr Begeisterung bei der Sache.“

von Christiane Spiel, Bildungspsychologin

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Pflicht und Kür

Für Christiane Spiel ist klar, dass jeder Interessen und Stärken hat, die man fördern sollte: „Wir müssen uns deshalb überlegen, was in der Schule Pflicht und was Kür sein soll. Pflicht heißt: Dieses Wissen müssen alle Schülerinnen und Schüler haben.“

Zur Pflicht gehört, dass alle Kinder lesen, schreiben und rechnen können – je nach Schultyp und Schulstufe gehört noch einiges mehr dazu.

Aber dann gibt es noch die Kür: „Dort wo Kinder ihre Stärken haben, sollten sie diese vertiefen können. Denn wenn sich jemand mit dem beschäftigt, was ihn interessiert und ihm liegt, ist er in der Regel mit mehr Begeisterung bei der Sache – und ist erfolgreicher.“

Hier kommen neue Bildungsmedien ins Spiel, wie Schulyok weiß: „Es ist unsere Aufgabe, digitale und analoge Werkzeuge zu entwickeln, die Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler unterstützen.“

Dabei geht es um mehr als bloße Wissensvermittlung: „Wie wichtig es ist, sich organisieren zu können. Das hat die Pandemie gezeigt“, stellt Spiel fest – ist Selbstorganisation doch eine Kompetenz, die für einen erfolgreichen Distanzunterricht, aber auch für lebenslanges Lernen grundlegend ist. „Konkret heißt das, dass Schülerinnen und Schüler wissen, wie sie am besten lernen, wie lange sie benötigen, um eine Aufgabe zu lösen, wo sie sich Hilfe holen können, wenn sie nicht weiterwissen und wie sie sich selbst am besten fürs Lernen belohnen können, um auch länger dran zu bleiben.“

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Die Rolle des Lehrers wird eher die des Coachs sein.

Teamplayer gesucht

Viele Herausforderungen sind so komplex, dass sie nicht von einer Person allein bewältigt werden können, sondern nur im Team: „Da sind unterschiedliche Kompetenzen gefragt, die jeder einbringen kann. Deshalb halte ich das Arbeiten in einem heterogenen Team für eine entscheidende Kompetenz, die wir jungen Menschen vermitteln müssen. Das heißt in der Praxis zum Beispiel: Wie trägt man da Konflikte aus? Wie legt man gemeinsame Regeln fest? Und nicht zuletzt: Wie führt man ein Team?“

Diese Fähigkeiten kann man in der Schule in Gruppenarbeiten trainieren. „Die Komplexität der Aufgaben ist dabei wichtig“, sagt Spiel. „Es sollten offene Aufgaben sein, für die es noch keine vorgefertigten Lösungen gibt. Schülerinnen und Schüler sollten daran lernen, Lösungsstrategien zu entwickeln und deren Erfolgswahrscheinlichkeit einzuschätzen.“

Die digitale Welt

Auch ein souveräner Umgang mit digitalen Medien ist entscheidend, um zukünftig erfolgreich zu sein: „Da geht es nicht darum, einzelne Programme zu beherrschen“, macht die Psychologin klar, sondern um Grundsätzliches: „Wie bewerte ich die Informationen im Netz? Wie glaubwürdig und seriös ist eine Quelle?“

Neben dem Umgang mit Informationen müssen Jugendliche auch lernen, wie man sich im Netz bewegt. Sie sollten etwa wissen, wie viel sie von sich im Netz preisgeben und wie sie auf Cyberbullying reagieren. Und sie sollten sich bewusst sein, dass Multitasking den Wissenserwerb erschwert.

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