Maximilian Schulyok: „Corona war die effektivste Bildungsreform“
Herr Schulyok, der Österreichische Bundesverlag wird heuer 250 Jahre alt. Worin sehen Sie dessen Aufgabe im 21. Jahrhundert?
Maximilian Schulyok: Die Anforderungen an die Schule haben sich verändert – und somit auch an uns. Junge Menschen müssen heute weniger Wissen, dafür umso mehr Kompetenzen erwerben, um Wissen anwenden können. Diese Kompetenzorientierung fließt in die Lehrpläne, in denen die Bildungsziele formuliert sind, ein. Diese Lehrpläne zu übersetzen war schon immer unsere Aufgabe – in einer komplexer werdenden Welt gilt das umso mehr. Die Lehrpersonen müssen sich schließlich darauf verlassen können, dass sie mit Hilfe der Bildungsmedien die Anforderungen, die an ihre Klasse gestellt werden, erfüllen können und die Schülerinnen und Schüler die Bildungsziele erreichen.
Was hat sich durch die Digitalisierung verändert?
Sie birgt enorme Chancen. Bisher gab es dasselbe Schulbuch für jedes Kind in der Klasse. In der digitalen Welt kann man dagegen viel mehr auf die Bedürfnisse jedes Schülers und jeder Schülerin eingehen. Früher ging es bei der Individualisierung vor allem darum, Kinder mit Lernschwächen zu unterstützen – jetzt kann man auch diejenigen, die besondere Begabungen haben, mehr fördern. Die Kombination aus digitaler und analoger Welt kann genau das bieten.
Muss jetzt alles digital werden?
Nein. In der Volksschule sollte das Lesen, Schreiben und Rechnen immer noch auf dem Blatt Papier gelernt werden. Es gibt Erkenntnisse, die zeigen, dass das analog weitaus besser gelingt als digital. Die Lehrkraft sollte entscheiden, wann sie für ihre Klasse welches Medium einsetzt.
Die Pandemie hat da sicher einen Digitalisierungsschub gebracht.
Ja. Man kann sagen, dass Corona die effektivste Bildungsreform war. Zum einen bei den Kindern selbst: Die haben vieles wie Zeitmanagement oder Selbstorganisation gelernt. Zum anderen wurde für jeden offensichtlich, dass die Grundvoraussetzung für die digitale Transformation ist, dass alle Kinder einen Laptop haben – ohne den geht digitales Lernen nicht. Doch ein Endgerät ist nicht mehr als ein Buch mit leeren Seiten. Es ist vielmehr nötig, die Lehrpersonen zu befähigen, dieses Gerät gut im Unterricht einzusetzen. Aufgabe der Bildungsmedien ist es, ihnen gute Tools zur Verfügung zu stellen.
Gelingt das auch in Mathematik, dem Angstfach Nummer eins?
Wir bieten mit Studyly ein Übungstool an, das erkennt wo die Stärken und Schwächen eines Schülers liegen. Dabei werden individualisiert Aufgaben gestellt und gezielt Unterstützung angeboten, indem die App Lösungswege Schritt für Schritt vorrechnet. So wird die Angst genommen.
Stichwort digitale Kompetenz: Wie können Bildungsmedien diese fördern?
Die digitale Bildung ist ein Querschnittsthema, das in allen Fächern zu behandeln ist. Leider denken wir immer noch zu oft in Gegenständen, doch viele Themen kann man nur fächerübergreifend lösen. Das gilt für den Klimawandel genau so wie für die digitale Kompetenz. Die Frage, wann eine Quelle als glaubwürdig gelten kann, wird in allen Fächern thematisiert.
Vor 250 Jahren ließ Maria Theresia den Österreichischen Bundesverlag (öbv) gründen. Mit der allgemeinen Schulpflicht, die zwei Jahre später eingeführt wurde, sollte es schließlich einheitliche Schulbücher geben. Seither übersetzt der öbv Lehrpläne in verständliche Inhalte und hilft Schülerinnen und Schüler, sich für die Zukunft zu rüsten – und ihre Potenziale zu entfalten.
Zum Jubiläum ruft der öbv heuer das Jahr der Bildung aus. Das Jubiläumsjahr wird u. a. mit einer Kampagne, einem Wettbewerb, einer Gala und dem Podcast #klassezwanzigzukunft gefeiert.
Zum Welttag der Bildung launcht der öbv den Podcast, in dem Geschäftsführer Maximilian Schulyok regelmäßig mit Persönlichkeiten über Bildung und Potenzialentfaltung spricht. Keynote-Speaker Ali Mahlodji kommt in der ersten Folge zu Wort und meint darin unter anderem: „Wenn man das österreichische Bildungsgesetz durchliest – das ist ein Liebesgedicht an unsere Kinder. Da steht nichts von Frontalunterricht. Wir müssen lernen, dieses Gedicht neu zu denken und anzupassen.“
öbv-Podcast #klassezwanzigzukunft jetzt auf allen gängigen Plattformen anhören!
Im Jahr der Bildung startet der Österreichische Bundesverlag die Ideen-Challenge „Mission Zwanzig Zukunft“ und ruft Schulklassen auf, ihre Zukunftsideen einzubringen und innovative Nachhaltigkeitsprojekte einzureichen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt – sowohl, was das Thema (Umweltschutz, Klimawandel, Regionalität, Mobilität, Wasser und viele andere mehr) als auch die Form der Einreichung betrifft (Video, Podcast, Texte oder Projektpräsentationen). Jede Idee, die gemeinsam in der Schule entwickelt und bearbeitet wird, ist willkommen. Eine Jury ermittelt die 25 besten eingereichten Projekte, die mit je 1.000 Euro ausgezeichnet werden.
Die nachhaltige Ideen-Challenge findet anlässlich des 250-jährigen Jubiläums des öbv statt und richtet sich an Schülerinnen und Schüler aller Schulstufen. Einsendeschluss ist der 15. Mai 2022. Die Initiative ist der Startschuss für die Nachhaltigkeitsagenda des öbv – in Zukunft werden weitere Maßnahmen und Lehrmittel zu dem Thema folgen.
Weitere Infos zur Aktion: klassezwanzigzukunft.at
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