Stürmische Tage in Wien bekommen Gegenwind
Bilder von 20.000 Besuchern, die sich durch die Stammersdorfer Kellergasse drängen, gibt es seit 2019 nicht mehr - und wird es vielleicht nie mehr zu sehen geben. Wegen der Pandemie mussten in Floridsdorf die Weinfeste zwei lange Jahre pausieren.
Doch während der Neustifter Kirtag und die Weinwandertage heuer ihr Corona-Comeback feierten, will eben das in Floridsdorf nicht gelingen.
Am kommenden Wochenende hätten traditionell die Stürmischen Tage stattfinden sollen, sie sind jedoch ebenso wie das Mailüfterl erneut abgesagt. Dem Verein „Lebenswertes Floridsdorf“ fehlt es an Geldgebern und ausreichend freiwilligen Helfern, wie Obmann und SPÖ-Gemeinderat Georg Spitzer beklagte. Seit das drohende Aus bekannt wurde, habe es gute Gespräche mit Interessenten gegeben, darunter Organisatoren von Christkindlmärkten.
Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) verspricht bis Ende des Monats einen ersten runden Tisch. Bei mehreren Terminen sollen der Verein, potenzielle Sponsoren und Winzer der Kellergasse dabei sein. „Im Idealfall wird ein neuer Veranstalter alle Feste organisieren, von Floridsdorfern für Floridsdorfer. Es braucht natürlich auch ortsfremde Standler, um das Ganze zu finanzieren“, so Papai im KURIER-Gespräch. Genau das stößt den Winzern sauer auf.
„In Wirklichkeit braucht diese Feste kein Mensch. Sie sind zu Jahrmärkten mit riesigen Aufwand geworden“
Einer von ihnen ist Buschenschankbetreiber Christian Duschl: „In Wahrheit braucht die Feste kein Mensch. Sie sind zu Jahrmärkten mit einem riesigen Aufwand geworden. Und bei all den Marktfahrern beutelt man nur noch den Kopf.“ Mit den Weinwandertagen und dem „Jungweinstraßeln“ gäbe es „perfekt“ funktionierende Alternativen, die ohne Polizei, Sanitäter und Straßensperren auskämen. Nur besser bewerben könnte man das Fest noch. „Dann brauch ich persönlich kein Mailüfterl mehr und auch die Stürmischen Tage würden anders funktionieren“, ist sich Duschl sicher.
„So etwas kann man im Prater veranstalten, aber in die Kellergasse gehört es meiner Meinung nach nicht“
Ähnliches hört man aber nicht nur bei den Alteingesessenen. Der ehemalige Tontechniker Oliver Kaminek hat den stillgelegten Hof seiner Großmutter in einen Bio-Betrieb verwandelt. Als Neo-Winzer geht er mit dem Zeitgeist: „Dass es die Feste derzeit nicht mehr gibt, stimmt mich jetzt nicht zutiefst traurig“, versucht er es zunächst diplomatisch auszudrücken. „Ursprünglich ging es um Weinkultur und regionale Produkte. Davon hat man sich sehr weit wegbewegt. Wenn Gäste kommen, die gerne Alcopops und Schnaps hätten, dann muss man ehrlich sagen: Das ist nicht unsere Zielgruppe.“
Chance auf einen Neuanfang
Unpassend findet Kaminek auch das Standangebot. „Marktfahrer sind nicht gewünscht. So etwas kann man im Prater veranstalten, aber in die Kellergasse gehört das meiner Meinung nach nicht“, kritisiert er. Die aktuelle Situation sieht er als Chance für einen Neuanfang, um die Weinfeste wieder zu einem Original zu machen. Laut dem Verein bemerkte man generell ein rückläufiges Interesse der Winzer. Ein solches ortet Papai nicht. Es habe immer wieder welche gegeben, die sich nicht beteiligen wollten, dann jedoch doch geöffnet hatten. „40 Prozent des Wiener Weins kommt aus Floridsdorf. Die Feste sind für den Bezirk identitätsstiftend, für die Betriebe bedeuten sie Werbung, um sich außerhalb des Bezirks zu präsentieren“, erklärt der Bezirkschef.
Weinwandertage
Einmal im Jahr lädt die Stadt zu den Wiener Weinwandertagen. Gewandert wird zwischen Weinbergen. Dazu gibt es Besichtigungen bei Winzerbetrieben und Jausenstationen
Neustifter Kirtag
Der Neustifter Kirtag findet jährlich am Wochenende nach dem 16. August in Döbling statt. Er gehört zum Immateriellen Kulturerbe Österreichs
Steirerfest
Das Steirerfest findet jährlich am Wiener Rathausplatz statt. In den vergangenen Jahren wurde es coronabedingt abgesagt
Der Weinbauverein sei jedenfalls aufgerufen, die Teilnahme seiner Mitglieder am runden Tisch zu organisieren. Zeit für eine Einigung wäre bis zum nächsten Mailüfterl im kommenden Jahr. Aufgeben will Papai jedenfalls nicht, vorstellbar wäre für ihn die Wiener Landwirtschaftskammer stärker einzubinden. Dort ist man offen für Initiativen und Konzepte: „Gerade nach Corona suchen die Leute Orte der Begegnung. Es braucht einen Schulterschluss aller Akteure“, so eine Sprecherin.
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