Wiener Praterstern: Ein Platz will sich (s)einen Namen machen
Einer der wichtigsten Plätze Wiens wird ab Herbst umgestaltet. Er soll grüner und lebenswerter werden – mit mehr Bäumen, einem sternförmigem Wasserspiel und ebensolchen Sitzgelegenheiten
1895 wurde der Wiener Praterstern seinem Namen noch gerecht. Damals stand das Tegetthoff-Denkmal noch direkt in der Mitte des Platzes, von dem sternförmig sieben Straßen ausgingen.
Heute steht das Denkmal des Wilhelm von Tegetthoff, Vizeadmiral und Kommandant der österreichischen bzw. österreichisch-ungarischen Kriegsmarine in den 1860er-Jahren, noch immer an derselben Stelle. Allerdings ist diese Stelle nun nicht mehr in der Mitte des Platzes positioniert.
Die Umgestaltungen aus den Jahren 1954/1955 hatten das zur Folge. Notwendig wurden sie, weil im Zweiten Weltkrieg rund um den „Stern“ viele Gebäude zerbombt wurden. Auch der alte Wiener Nordbahnhof.
Jetzt wird der Praterstern wieder umgebaut. Die neue Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) war mit den Plänen, die ihre Vorgängerin Birgit Heben gemeinsam mit der damaligen Bezirksvorsteherin der Leopoldstadt, Uschi Lichtenegger (beide Grüne), nämlich nicht zufrieden.
Sie waren ihr zu wenig grün – also hat Sima eine Neuplanung angeordnet. Und sei damit allen befassten Abteilungen „auf die Nerven gegangen“, wie die Stadträtin am Freitag erklärte.
Nun ist fix, wie der Praterstern in Zukunft ausschauen wird. Ganz allgemein soll er grüner, lebenswerter und kühler werden. Ganz konkret sollen statt der bisher geplanten 64 Bäume nun exakt 119 gepflanzt werden.
Und zwar nach dem sogenannten Schwammstadt-Prinzip, mit dem die Bäume unterirdisch mit einem schwammähnlichen Wasserspeicher bewässert werden. Statt der Sprühschläuche, die bisher im Sommer gegen die Hitze aufgelegt wurden, kommt ein 500 Quadratmeter großes sternförmiges Wasserspiel, das auf die ursprüngliche Planung des Pratersterns Bezug nehmen soll.
Adaptierungen. 2022, wenn die Umgestaltung des Pratersterns abgeschlossen ist, soll jene der angrenzenden Praterstraße – wenn nicht abgeschlossen – dann zumindest weit fortgeschritten sein.
Planungsstadträtin Ulli Sima und der neue Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, Alexander Nikolai (beide SPÖ), wollen auch hier die Pläne ihrer jeweils grünen Vorgängerinnen (Birgit Hebein und Uschi Lichtenegger) umwerfen.
Sie hatten ja geplant, aus der Praterstraße einen „Klima-Boulevard“ zu machen. In zwei Bauphasen hätte zunächst – also in diesem Jahr – der Umbau vom Nestroyplatz bis zur Unteren Donaustraße erfolgen sollen; 2022 dann der weitere Abschnitt bis zum Praterstern. 80 neue Bäume hätten gepflanzt, die Radwege auf beiden Seiten verbreitert und stadtauswärts eine Autospur aufgelassen werden sollen. So wollte man mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer schaffen.
Diese Pläne sind nun obsolet. Sima hatte sie zuletzt – wie berichtet – auch von der Website der Stadt Wien genommen. Das Projekt Praterstraße wird komplett neu aufgesetzt; wie die Umgestaltung konkret aussehen soll, ist laut Sima noch völlig offen. Laut Alexander Nikolai, SPÖ-Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, gilt nur eine Maßnahme als so gut wie fix: die Radwege sollen verbreitert werden.
Rund um den Platz wird ein 800 Meter langer und 2,5 Meter breiter Grüngürtel angelegt – mit robusten, hitzebeständigen Staudenpflanzen. Und zwar bis auf die andere Seite, also jene zu Lassalle- und Ausstellungsstraße hin.
Das soll nicht nur optisch eine Begrenzung sein, sondern als psychologischer Schutz dienen – vor Lärm und Verkehr. Deswegen sind die Beete auch erhöht.
Insgesamt will Sima so den Grünanteil auf fast 8.000 Quadratmeter anheben und damit fast verdoppeln. Dass der Vorplatz zu einem der wichtigsten Bahnhöfe Wiens – denn das ist der Praterstern mit 600 Zügen und 150.0000 Passanten täglich noch immer – bald wieder ansehnlich aussehen wird, freut auch die Chefin der ÖBB-Infrastruktur, Silvia Angelo. „Es geht auch um die Umgebung“, sagt sie.
Die hatte zuletzt ja nicht gerade geglänzt.
Früher laut, heute leise
Der Praterstern war in den vergangenen Jahren vor allem negativ in die Schlagzeilen geraten. Ganz früher ein Drogenumschlagplatz, auch später noch bevorzugter Aufenthaltsort von Randgruppen. Im April setzte Michael Ludwig – damals als SPÖ-Chef, er war noch nicht Bürgermeister – mit „seiner“ Stadträtin Sima das Alkoholverbot um.
Knapp ein Jahr später, im Februar 2019, wurde auch ein Waffenverbot verhängt. Die Kritik daran damals war laut, heute ist es auf und um den Praterstern relativ ruhig geworden. Vereinzelt halten sich dort noch Obdachlose auf, die großen Gruppen sind es nicht mehr. Sie haben sich an andere Ort der Stadt bewegt. Kritiker von Alkohol- und Waffenverbot sagen, die Menschen wurden verdrängt.
April 2018
Unter viel Kritik der Opposition wird das Alkoholverbot verhängt
Februar 2019
Am und um den Praterstern wird eine Waffenverbotszone verhängt
August 2020
Als erster Schritt zur Neugestaltung wird die Stangenpergola abgebaut
Anfang 2021
Demnächst soll die neue Polizeiinspektion wieder direkt auf dem Praterstern eröffnen
Mit der Neugestaltung soll der Praterstern nun den Umkehrschwung schaffen. „Früher hat man hier vorbei müssen“, sagt Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). „Heute wird man begrüßt“. Dafür, sagt Czernohorszky, gebühre der „nervigen“ Ulli Sima ein „Danke“.
Die Kosten für die Umgestaltung belaufen sich – nach jetzigem Stand – auf 7,2 Millionen Euro, der Baubeginn ist für Herbst geplant. Fertig soll der Praterstern im Sommer 2022 sein. Dann beginnt die Umgestaltung anderswo: in der Praterstraße.
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